Eine Garage ist 80 Zentimeter höher als es die Baugenehmigung erlaubt. Nun hat das Bayerische Verwaltungsgericht München entschieden, dass die Kläger - und Bauherren - sie zurückbauen müssen. Diese fühlen sich dadurch ungerecht behandelt. Was man durchaus nachvollziehen kann. Das Ehepaar aus Grafrath argumentiert damit, dass in unmittelbarer Nachbarschaft ein Hochhaus mit einer viel größeren Abweichung stehe (laut eigener Messung geht es um etwa vier Meter). Und dass das Landratsamt, ebenso wie nun auch die Verwaltungsrichter, im Falle des Hochhauses eine Duldung von den Nachbarn und Klägern verlangen, während diese ihre deutlich weniger hohe Garage zurückbauen müssen.
Dennoch ist die Entscheidung der Verwaltungsrichter richtig. Denn das Hochhaus, um das es geht, steht bereits seit etwa einem halben Jahrhundert dort. Erstens lassen sich aus den damaligen Bauunterlagen gar nicht so ad hoc die genauen Umstände und somit eine mögliche Überschreitung der Baugrenzen herauslesen. Und zweitens, und das ist das viel wichtigere Argument, können nicht lange zurückliegende Verfehlungen heute von anderen als Rechtfertigung herangezogen werden, um sich nicht mehr an Regeln halten zu müssen.
Das stellte auch der Vorsitzende Richter der 11. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts München klar. "Aber deswegen kann auch nicht jeder Nachbar so bauen, wie er will", betonte Johann Oswald. Denn Regeln machen nur Sinn, solange sich alle - oder zumindest der größte Teil - an sie halten. Und solange es für diejenigen, die die Regeln missachten, Kontrollinstanzen wie das Landratsamt oder das Verwaltungsgericht gibt, die den Verstoß sanktionieren. Denn sonst wächst ein Gefühl der Ungleichheit und Ungerechtigkeit heran, das immer mehr Menschen dazu veranlasst, die Regeln zu brechen. Und dann kann eine Gesellschaft nicht mehr richtig funktionieren.