Kommentar:Puchheimer Bekenntnis

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Die Stadträte setzen sich für die Asylbewerber in ihrer Stadt ein. Mehr aber noch für die Freiwilligen im Helferkreis

Von Peter Bierl

Die bayerische Staatsregierung zieht die Daumenschrauben fester. Zu den Schikanen gegen Flüchtlinge gehört, dass jene keine Arbeitsgenehmigung mehr bekommen, die aus vermeintlich sicheren Herkunftsländern stammen und damit geringe Aussichten haben, dass ihr Asylantrag akzeptiert wird. Dagegen protestieren die Flüchtlingshelfer seit Wochen. Dass der Puchheimer Stadtrat diesen Protest unterstützt, ist nicht selbstverständlich. In der Regel belassen es Politiker bei unverbindlichen Lobpreisungen des Ehrenamtes und überlassen die Freiwilligen ihrem Schicksal.

Noch erstaunlicher ist, dass alle Fraktionen im Stadtrat diesen Appell unterstützen, auch die Freien Wähler und sogar die CSU, deren Kreisvorsitzender, Landrat Thomas Karmasin, gegenüber Flüchtlingen einen harten Kurs vertritt. Seine Äußerung, wenn Flüchtlinge arbeiteten und damit eine Integrationsleistung erbrächten, seien sie schwerer rückführbar, setzt auf die zynische Äußerung des CSU-Generalsekretärs über fußballspielende Ministranten aus dem Senegal noch eins drauf. Erfreulich, dass es in der CSU noch andere Leute gibt, vor allem in Puchheim, wo Karmasin vor einiger Zeit bei einer Podiumsdiskussion der Jungen Union schon mal wegen seiner Haltung gegenüber Flüchtlingen kritisiert wurde.

So erfreulich die Haltung des Stadtrates und der CSU in Puchheim ist, offenbart die Debatte dennoch, in welchem Ausmaß die rassistische Rechte bereits die Politik der etablierten Parteien zu beeinflussen scheint. Das fängt mit der Definition von sicheren Herkunftsländern an, zu denen allerlei Diktaturen zählen. Klar ist auch, dass Menschen, die jahrelang ohne Perspektive in Unterkünfte gepfercht sind, in Verzweiflung und Lagerkoller getrieben werden. Man muss also davon ausgehen, dass die Verantwortlichen das zumindest billigend in Kauf nehmen. Und es geht nicht um eine Casting-Show für Traumberufe. Freiwillige Helfer und Kommunalpolitiker betteln darum, dass Flüchtlinge - von Ausnahmen abgesehen - Mini- und Aushilfsjobs im Niedriglohnsektor übernehmen dürfen.

© SZ vom 02.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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