Kommentar:Abgründe der Digitalisierung

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Weil Fotos im Zeiten des Internets kaum zu kontrollieren sind, ist die Wahrung der Persönlichkeitsrechte seiner Mitglieder für einen Verein eine echte Herausforderung

Von Peter Bierl

Die Auseinandersetzung bei den Brucker Wasserratten um Bildrechte offenbart ein echtes Dilemma. Wer die geforderte Erklärung liest, in der man für alle Zeiten alle Rechte am eigenen Bild abtreten soll, wird mit dem Kopf schütteln. Was soll das denn? Jemand will sein Kind zum Schwimmkurs schicken, nicht zu Germanys Next Top Model. Es ist sehr gut nachvollziehbar, dass Eltern verhindern wollen, dass Fotos ihrer Kinder, noch dazu halb nackt, in Badehose oder Badeanzug in den euphemistisch als soziale Medien bezeichneten Internetforen landen und einschlägige Unternehmen bestimmte Verwertungsrechte bekommen.

Andererseits handelt es sich um einen Verein, den Menschen am Laufen halten, in dem sie sich ehrenamtlich engagieren. Sie haben alles Recht der Welt, sich gegen Extraarbeit und Schadenersatzansprüche zu wappnen. Werden offizielle Aufnahmen für Vereinszwecke gemacht, bedeutet es Mehraufwand, jedes Mal eigens herauszuklamüsern, wer zu sehen sein darf und wer nicht. Überhaupt nicht zu verhindern ist, dass Vereinsmitglieder, Kinder, Jugendliche, Eltern, Zuschauer und Zaungäste allerlei Schnappschüsse machen und in alle Welt posten. Selbst wenn in solchen Fällen ein Gericht am Ende entscheidet, dass der Vorstand nicht die Verantwortung trägt und haftet, muss dieser erst einen Prozess überstehen - für Ehrenamtliche unzumutbar.

Es handelt sich um ein Dilemma zwischen Persönlichkeitsrechten und Datenschutz einerseits sowie den Interessen des Vereins andererseits, der seine Arbeit dokumentieren und damit werben möchte, sich aber auch schützen muss vor Ansprüchen, die aus einer kaum kontrollierbaren Fertigung, Verbreitung und Verwertung resultieren können. Digitalisierung ist eben mehr als Breitbandkabel und schnelles Internet. Es geht darum, wie wir moderne technische Möglichkeiten nutzen, was wir damit anrichten. Ein kleiner Anfang wäre, Momente einfach zu genießen, statt manisch-zwanghaft zu knipsen, zu teilen und zu liken.

© SZ vom 21.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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