Im Stadtrat von Fürstenfeldbruck:Strippenziehen vor der Kampfabstimmung

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BBV setzt Christian Götz als Brucks Zweiten Bürgermeister durch. OB Erich Raff und die CSU sprechen von politischem Stimmenkauf zulasten von Klaus Wollenberg. Der FDP-Politiker zeigt sich "menschlich enttäuscht"

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Christian Götz von der BBV ist zum Zweiten Bürgermeister in Bruck gewählt worden. Der von OB Erich Raff und der CSU vorgeschlagene Klaus Wollenberg (FDP) unterlag in geheimer Abstimmung mit 18 gegen 22 Stimmen. Bis zuletzt war der Ausgang der Wahl völlig offen gewesen. CSU-Fraktionschef Andreas Lohde zeigte sich nach der Abstimmung verärgert und sprach, ebenso wie später Erich Raff, davon, zwei Stadträte hätten sich mit Referentenposten und Zugeständnissen "kaufen lassen".

Nach der Verabschiedung des ausscheidenden SPD-Stadtrats Axel Lämmle und den Vereidigungen von Raff sowie seines CSU-Listennachrückers Peter Glockzin übernahm der 47 Jahre alte Christian Götz, ein Diplombiologe und Umweltplaner, nahtlos sein neues Amt, das er bis zur Stadtratswahl 2020 innehat. Voraussichtlich wird er von der Dritten Bürgermeisterin Karin Geißler die Leitung des Umweltausschusses übernehmen, diese wird im Gegenzug den Kulturausschuss leiten. Die Entscheidung, sich einen Tag pro Woche von der Arbeit freistellen zu lassen und als Raffs Stellvertreter zu kandidieren, bedeute nicht automatisch, dass er sich zum neuen OB-Kandidaten der BBV aufbauen lasse, sagte der Vater von vier, neun und zwölf Jahre alten Kindern. Er selbst sieht sich als guten Teamplayer und kann sich eine Zusammenarbeit mit Raff gut vorstellen.

Königsmacherin: Alexa Zierl gratuliert Christian Götz zur Wahl als OB-Stellvertreter. (Foto: Johannes Simon)

Dass die BBV im Vorfeld der Wahl mit Stadträten anderer Lagern geredet habe, um sich eine Mehrheit zu sichern, sei ganz normal und kein Kuhhandel. Götz spielt auf den scheinbaren Meinungswandel in den Ausschussgemeinschaften an. So hatten zunächst Andreas Ströhle (Piraten) sowie Florian Weber (Die Partei) und Alexa Zierl (parteifrei), die im OB-Wahlkampf Raff-Konkurrent Martin Runge unterstützt hatten, zunächst durchaus Sympathien mit Klaus Wollenberg durchblicken lassen, sich dann aber offenbar für Götz entschieden. Die Gründe: Ströhle will in den nächsten Wochen von der Ausschussgemeinschaft, die er noch mit Wollenberg und Dieter Kreis (ÖDP) bildet, in die BBV-Fraktion wechseln. Er schätze Wollenberg sehr, sagt Ströhle, könne vor dem Hintergrund der BBV-Offerte aber nicht gegen deren Kandidaten stimmen.

Wechselt Ströhle, könnte die Ausschussgemeinschaft Weber/Zierl durch die nötige Neuberechnung einen Fachausschusssitz verlieren. Zudem ließen BBV und Grüne durchblicken, dass Ex-BBV-Jugendreferent Weber und Ex-Grünen-Umweltreferentin Zierl per Mehrheitsbeschluss auch die Referate entzogen werden könnten. In einer am Dienstag verschickten und an Wollenberg und Kreis adressierten E-Mail schreibt Zierl, sie wolle, dass auch künftig der "Kreis der 24" Stadträte jenseits des konservativen Lagers unverändert und gut zusammenarbeite - ohne Verlust von Ausschusssitzen oder Referaten. BBV und Grüne seien auf die vorgetragenen Wünsche eingegangen. Wollenberg bescheinigt sie, ebenfalls ein geeigneter Kandidat zu sein.

Die damalige Dritte Bürgermeisterin und Grünen-Stadträtin Karin Geißler, die bis heute zu Raffs profiliertesten Kritikerinnen zählt, vereidigt im Mai 2017 den neuen Oberbürgermeister. (Foto: Johannes Simon)

Der FDP-Politiker äußerte sich "sehr enttäuscht" über die "Deals im Hintergrund" und darüber, dass ausgerechnet Ströhle, den er "von Kindesbeinen" an gut kenne, sich von der BBV habe "einkaufen" lassen: "Das ist eine menschliche Enttäuschung, aber so ist halt die Politik, da fehlen mir die Worte." Wollenberg schimpft auch über die "Strippenzieherin Karin Geißler" und warnt BBV, Grüne und SPD davor, ihre Taktik fortzusetzen und dem "ungeliebten OB möglichst große Steine in den Weg zu legen."

Erich Raff hat die Wahl von Götz eigenem Bekunden zufolge "mit gemischten Gefühlen" aufgenommen. An Götz liege dies aber nicht - "ich glaube, mit ihm kann ich schon gut zusammenarbeiten." Raff verweist darauf, dass auch dem früheren BBV-OB Klaus Pleil einst zugestanden worden sei, die Wahl seines Stellvertreters zu beeinflussen - die BBV ihm dies nun aber verwehrt habe. Das kritisiert auch CSU-Fraktionschef Andreas Lohde: "Die BBV hätte Klaus Quinten, Hardy Baumann oder Jens Streifeneder antreten lassen können, hat dies aber nicht getan." Die CSU sei trotz der anhaltenden "Blockbildung" im Stadtrat aber zu einer konstruktiven Zusammenarbeit bereit.

© SZ vom 01.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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