Haushaltslage:Am Tropf der Konjunktur

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Dank guter Wirtschaftslage sprudeln die Steuereinnahmen, und die Kommunen können Schulden tilgen. Allerdings müssen die Städte und Gemeinden für Kindertagesstätten, Schulen und Wohnungsbau neue Kredite aufnehmen

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Einen Schuldenberg von fast 100 Millionen Euro haben 18 Kommunen des Landkreises inzwischen aufgehäuft. Nur fünf Kommunen sind komplett schuldenfrei. Das geht aus einer aktuellen Aufstellung des Landratsamtes hervor. Und dieser Berg wächst weiter, weil einige Kommunen wie Bruck und Germering für Großprojekte neue Kredite aufnehmen, Puchheim schlachtet hingegen sein Sparschwein. Die gute Nachricht für die Kämmerer ist, dass die Steuereinnahmen sprudeln und so alle Städte und Gemeinden Schulden tilgen konnten.

Die Aufstellung aus dem Landratsamt weist den Schuldenstand der einzelnen Kommunen zum 31. Dezember 2016 auf. In absoluten Zahlen sowie pro Kopf gerechnet sind die Städte Fürstenfeldbruck (34,2 Millionen), Germering (knapp 25 Millionen) und Olching (16,3) Spitzenreiter. Zusammen haben die drei fast drei Viertel der Schulden gemacht. Die aktuelle Verschuldung sei in der Regel auf größere Infrastrukturmaßnahmen wie Kindertagesstätten und Schulen zurückzuführen, sagt Robert Drexl, der Leiter der Kommunalaufsicht. Eine weitere Belastung würden in Zukunft der Straßen- und Wohnungsbau sein, prognostiziert er. Obwohl die Kommunen von der guten Wirtschaftslage profitieren und Schulden abbauen konnten, bleibt das finanzielle Korsett eng. "Es gibt kaum noch freiwillige Leistungen, sondern nur Pflichtaufgaben", sagt Drexl.

Fürstenfeldbruck plant bis 2020 neue Kindertagesstätten, Wohnungen, Schule, Feuerwache und das Sportzentrum III sowie Umbauten am Rathaus und am Viehmarktplatz für bis zu 60 Millionen Euro. Heuer nimmt die Stadt sechs Millionen euro als Kredite auf. Germering hat einen Rekordhaushalt mit 108 Millionen Euro verabschiedet und muss sich zehn Millionen Euro ausleihen. Die Stadt kauft 15 Wohnungen für 6,7 Millionen, das Hallenbad soll um ein Lehrschwimmbecken erweitert werden. Allein Generalsanierung und Neubau der Wittelsbacher Schule kosten in den nächsten Jahren insgesamt über 33 Millionen Euro. Die Kämmerei geht davon aus, dass die Schulden bis Ende 2020 auf rund 33 Millionen steigen.

Es gilt die Faustregel, je größer eine Kommune ist, desto höher der Schuldenstand, während Kommunen im ländlichen Westen sowohl absolut als auch pro Kopf die geringsten Schulden haben. Egenhofen, Emmering, Kottgeisering, Landsberied und Schöngeising sind sogar komplett schuldenfrei. Orte mittlerer Größe wie Eichenau, Puchheim und Gröbenzell liegen bei den Schulden im Mittelfeld.

Das hängt damit zusammen, dass der Bedarf an Infrastruktur größer ist, vor allem für Kindertagesstätten und Schulen. "Das ist unser größtes Posten, und das können wir gar nicht auffangen. Man hat die Schulden für ein Projekt noch nicht abbezahlt, dann kommt das nächste", sagt Beate von Sass, die Kämmerin von Olching. So wird die Stadt für den Umbau der Grundschule Graßlfing bis 2020 insgesamt rund elf Millionen Euro ausgeben müssen. Für solche Ausgaben reichen die Rücklagen im Regelfall nicht. Von Sass ist gleichwohl zuversichtlich. "Zum jetzigen Zeitpunkt" plane die Stadt, keine neuen Kredite aufzunehmen. Die Gewerbesteuer fließe "erheblich" besser als früher und die Kämmerin hofft, dass der Batzen dank des neuen Gewerbegebiets noch größer wird.

In Puchheim werden am Jahresende rund 4,7 Millionen Euro fehlen, die die Stadt jedoch aus liquiden Mitteln begleichen kann. Setzt sich dieser Trend fort, würden diese Mittel bis 2020 allerdings auf etwa 370 000 Euro zusammenschmelzen. Auch in Puchheim schlagen vor allem Betreuung und Erziehung des Nachwuchses zu Buche. Die Schule am Gerner Platz wird für insgesamt 11,5 Millionen Euro umgebaut und erweitert, ein neuer Kindergarten samt Dienstwohnungen im Wohnpark Roggenstein kostet mehr als sieben Millionen Euro.

Von der Grundregel "kleine Gemeinde und wenig Schulden" gibt es ein paar Ausnahmen. Oberschweinbach zahlt bis heute den Kredit für den Kauf von Kloster Spielberg aus dem Jahr 1990 ab. Beim Pro-Kopf-Schuldenstand toppte das Dorf 2004 mit 1729 Euro alle anderen Kommunen des Landkreises. Trotz einer außerordentlichen Schuldentilgung von einer Dreiviertelmillion Euro im Vorjahr hat Oberschweinbach mit über 900 000 Euro die meisten Schulden aller ländlichen Kommunen und liegt im Pro-Kopf-Vergleich im Landkreis nun mit 527 Euro auf dem vierten Rang hinter Bruck (954), Germering (634) und Olching (609). Einen weiteren Ausreißer leistete sich Grafrath nach großzügigen Investitionen, etwa in einen Sportplatz samt Bürgerhaus und eine prächtige Residenz für Gemeinde und Verwaltungsgemeinschaft. Mit mehr als 3,6 Millionen Euro rangierte Grafrath 2004 auf dem dritten Platz im Schuldner-Ranking nach Bruck und Oberschweinbach.

Beide Kommunen, aber auch Bruck und Germering standen unter der Kuratel der Kommunalaufsicht. Die Behörde genehmigte Etats nur nach Vorlage eines überzeugenden Konsolidierungskonzept. "Wir waren damit 2005 bayernweit Vorreiter, es gab einen Riesenaufschrei", erzählt Drexl. Diese schwierige Phase sei etwa 2009 vorbei gewesen, die Lage habe sich seitdem "entspannt". Der Hauptgrund dafür ist, dass die Wirtschaft boomt und die Einkommen steigen, das beschert den Kommunen höhere Steuereinnahmen. "Nach unseren Prognosen soll es bis 2020 keinen Einbruch bei der Einkommenssteuer geben", sagt Markus Sperber, der stellvertretende Kämmerer der Stadt Germering.

Die Entwicklung der Gewerbesteuer ist laut dem Haushaltsexperten schwieriger vorherzusagen, lokale Faktoren spielten eine Rolle, etwa wie Unternehmen ihre Gewinn versteuern. Der Wegzug eines Betriebes, etwa das Logistikzentrum von Aldi aus Eichenau, kann plötzlich ein tiefes Loch reißen. Und jeder Konjunkturzyklus ende in einem Tal, weiß Sperber.

© SZ vom 21.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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