Gröbenzell:Im Wahn mit voller Wucht zugestochen

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Ein 19-jähriger Schüler hat den Partner seiner Mutter getötet. Er habe Stimmen gehört, sagt der junge Mann, der vermutlich an einer Schizophrenie leidet. Ein Gericht hat ihn nun in die Psychiatrie einweisen lassen.

Andreas Salch

Die Jugendkammer am Landgericht München II hat einen 19-jährigen Gröbenzeller, der den Lebensgefährten seiner Mutter mit einem Messerstich in den Hals tötete, zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus verurteilt. Die Tat geschah am 9. Januar dieses Jahres im Haus der Mutter in Gröbenzell. Zu diesem Zeitpunkt litt der Schüler vermutlich bereits seit zwei Jahren an einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie. Doch erkannt hatte dies niemand aus dessen Umfeld. Der Mutter war lediglich aufgefallen, dass sich ihr Sohn immer häufiger zurückzog und nächtelang vor dem Computer saß und Strategiespiele spielte.

An jenem 9. Januar glaubte der 19-Jährige aufgrund seiner psychischen Erkrankung Stimmen zu hören. Sie befahlen ihm, den neuen Lebensgefährten seiner Mutter, den 48-jährigen Reiner von H., umzubringen. Denn ansonsten würde dieser die Mutter töten. Der Schüler nahm daraufhin im Laufe des Tages ein Küchenmesser an sich. Als seine Mutter ihn damit zufällig im Keller des Hauses sah, wich er auf die Frage aus, was er damit vorhabe.

Am Abend passierte dann das Unfassbare: Der zur Tatzeit 18-Jährige stand mit der Mutter sowie Reiner von H. an einem Tresen zwischen Küche und Wohnzimmer und zog unvermittelt das Küchenmesser hervor. Mit Wucht stieß er seinem Opfer die Klinge knapp vierzehn Zentimeter tief in den Hals. Für den 48-Jährigen gab es keine Hilfe mehr. Durch den Stich sei die Halsschlagader völlig durchtrennt worden, sagte ein Sachverständiger für Rechtsmedizin. Das Opfer verlor binnen einer Minute das Bewusstsein und erstickte am eingeatmeten Blut.

Eigentlich sei der Angeklagte kein aggressiver Mensch, erklärte der Jugendpsychiater Franz Joseph Freisleder, der den Schüler untersucht hatte. Im Gespräch mit ihm habe dieser eingeräumt, dass er ab und zu Cannabis geraucht und Deodorant inhaliert habe. Der Angeklagte wäre nicht der erste Patient, bei dem dies schließlich zu einer Psychose geführt hat, sagte der Sachverständige mit Blick auf die Ursache der psychischen Erkrankung des Schülers.

Aufgrund seines "wahnhaft-halluzinatorischen Erlebens" habe dieser am 9. Januar nicht gewusst, was er tat. Die Staatsanwaltschaft rückte aufgrund des Gutachtens davon ab, die Tat als Mord zu werten. Da die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten aufgehoben gewesen sei, handle es sich um Totschlag, sagte die Vertreterin der Anklage. Das Gericht schloss sich dieser Ansicht an. Weil der Gröbenzeller zum Tatzeitpunkt noch nicht über 18 Jahre alt war und Reifeverzögerungen nicht ausgeschlossen werden könnten, so das Gericht, wandte die Kammer Jugendrecht an. Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Eine Entlassung des Schülers aus der Psychiatrie wird im Abstand eines Jahres jeweils neu geprüft.

In seinem letzten Wort vor der Urteilsverkündung bedankte sich der 19-Jährige, der seit der Messerattacke im Isar-Amper-Klinikum in München-Haar untergebracht ist, für die Briefe seiner Freunde. Zu seiner Mutter, die die Verhandlung als Zuschauerin verfolgte, sagte er: "Es tut mir leid, was ich Dir angetan habe Mama."

© SZ vom 08.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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