Gröbenzell:Historische Dokumente in der Schublade

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Die Gemeinde Gröbenzell hat die NS-Vergangenheit ihres ersten Bürgermeisters recherchiert - aber bisher nicht veröffentlicht.

Erich C. Setzwein

Bevor die Schule an der Bernhard-Rößner-Straße offiziell nach dem ersten Gröbenzeller Bürgermeister Bernhard Rößner benannt wird, sollen die historischen Recherchen der Gemeinde über den Namensgeber und dessen Nazi-Vergangenheit wissenschaftlich eingeordnet werden. Dies forderte SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Schrodi in einem Gespräch mit der SZ. Nach seinem derzeitigen Wissensstand spreche nichts gegen eine Umbenennung, sagte Schrodi, er verwies aber auf die noch ausstehende Veröffentlichung der Ergebnisse. Ob und wann die Recherchen offengelegt werden, ist noch nicht bekannt. Im Rathaus macht man sich nach Angaben von Christian Stockmann, Leiter des Bürgermeisterbüros, nämlich derzeit keine Gedanken über eine Umbenennung der Grundschule an der Bernhard-Rößner-Straße. Das hat offenbar weniger damit zu tun, dass man sich vor einer neuen Diskussion scheut, als mit der Situation der Schulen in Gröbenzell generell. Angesichts möglicher Änderungen bei Einführung der Ganztagsschule könnte es sein, dass die Schule an der Bernhard-Rößner-Straße zu einer Zweigstelle der Ährenfeldschule herabgestuft wird. Dann würde sich die Umbenennung erübrigen. Stockmann verwies in diesem Zusammenhang auf die anstehenden Haushaltsberatungen, in denen über entsprechende Investitionen entschieden werde. Das Thema Nationalsozialismus darf nicht ausgespart bleiben", sagte Schrodi, dessen Fraktionskollege Peter Falk die Umbenennung vorgeschlagen und damit die Diskussion um die NS-Vergangenheit Rößners ausgelöst hatte. Schrodi möchte aber nicht nur Rößner allein dargestellt sehen, sondern die gesamte NS-Zeit in Gröbenzell aufgearbeitet haben. Möglich sei dabei nun die Zusammenarbeit mit Puchheim, wo die SPD ein solches Forschungsprojekt angestoßen habe. Auch mit Olching könne man zusammenarbeiten, wo die meisten Akten über Gröbenzell liegen. Die Ergebnisse könnten laut Schrodi in der Festschrift zum 60. Gründungsjubiläum erscheinen. Bernhard Rößner war vor und nach dem Krieg SPD-Mitglied, eine NS-Mitgliedschaft ist für die Zeit zwischen 1. März 1940 und 31. Dezember 1941 nachgewiesen. Als Kriegsversehrter wurde er in den Karteien der Nationalsozialistischen Kriegsopferversorgung (NSKOV) und als Hausbesitzer bei der NS Volkswohlfahrt (NSV) geführt. Die US-Militärregierung in Fürstenfeldbruck stellte 1945 nur einen nominellen Charakter der NS-Mitgliedschaft Rößners fest und genehmigte dessen Bewerbung auf Wiedereinstellung. 1952 wurde er zum ersten Bürgermeister Gröbenzells gewählt, das Amt hatte er bis zu seinem Tod im Jahre 1957 inne. Diese Erkenntnisse liegen nun in der Gemeinde vor, nachdem das Stadtarchiv München geantwortet, das Staatsarchiv Kriegsakten aus dem Ersten Weltkrieg geschickt und ein Dokument der "Special Branch", der Ermittlungsabteilung der amerikanischen Armee eingegangen sind. Die zur Verfügung stehenden Papiere zeichnen die Biographie Rößners von 1915 bis 1945 nach.

© SZ vom 14.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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