Germering:Zur Könnerin gereift

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Christine Eixensberger unterhält die Germeringer mit Alltagsgeschichten

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

"Warum immer ich?" fragt sich die Kabarettistin - nicht nur, wenn ihr mal wieder eine Wildsau vors Auto gelaufen ist. Christine Eixenberger inszeniert den Unfall im ausverkauften Amadeussaal der Germeringer Stadthalle sehr anschaulich. Der Zusammenprall zwischen Auto und Wildsau ist besonders: "Macht er doch ein Geräusch, wie wenn ein gwamperter Viertklässler den Sprung übern Bock nicht schafft". Da greift man dann zur Nervenberuhigung in den Notfallkoffer, wo der Piccolo gelagert ist. Und dann, leider erst, nachdem die Fläschchen geleert sind, kommt die Polizei ... Und, leicht lallend und gleichwohl ernüchtert, fragt die Tierschützerin: "Wie in aller Welt soll ich sie denn schützen, wenn die verschissenen Drecksviecher mir vors Auto laufen?"

Ernüchternd sind auch die Erlebnisse der Lehrerin mit "SUV-Panzer" fahrenden Eltern, die vor dem Schultor andere Kinder über den Haufen fahren, nur weil sie dem eigenen Spross nicht zumuten wollen, ein paar Meter zu Fuß zu gehen. Ähnliche Episoden las man auch schon in Zeitungen; Helikoptereltern als Verkehrsgefährdung. Die Kabarettistin kann ihren Beruf als Grundschullehrerin nie ganz ablegen. Aber genau das macht ihre Stärke aus. Sie weiß, was zu tun ist, wenn im Publikum mal wieder ein Handy piepst: "Ich liebe es, dass Handys leuchten", sagt sie, springt von der Bühne und steuert zielgerecht schmunzelnd auf den Handysünder zu, und ihr freundliches: "Magst es mir geben bis nach dem Unterricht? Bekommst es dann wieder", erschreckt auch den längst der Schule entwachsenen Zuschauer, auch wenn Eixenberger ihre Drohung nicht wahr macht.

Und man kann sich sehr gut vorstellen, wie viele Tricks und Kniffe eine Lehrerin von heute parat haben muss, um sich in großen Klassen durchzusetzen. Da reicht der mit der Hand gezeigte "Schweigefuchs" nicht aus und selbst gewitzten Lehrkräften, die (fast) immer eine "Fingerspitzenlösung", so Eixenbergers Programmtitel, finden, wird's mitunter zu viel. Dann ist Urlaub im Wellnesshotel angesagt. Aber ob der so ganz stressfrei verläuft? Nordic Walking wird schnell zum Nordic Stalking, Wellness gerät mitunter zu Wellnepp, und auch der Ausflug in den "Ruheraum" des Hotels, wo eine supergeliftete Dame und deren Freundin in bräsigem Österreichisch den Raum einnehmen und die Ruhe zerstören, zeigt: Ruhe ist leicht zu schinden, aber nicht leicht zu finden.

Aber - zur Freude des Publikums - bieten ja gerade die unschönen Lebenslagen viel Stoff für eine wie Eixenberger. Genauso amüsant wie gekonnt sind ihre Darstellungen, ob sie sich von jetzt auf gleich in "Basti", "Marinus" oder andere Schulkinder verwandelt. Überbaus amüsant parodiert sie zwei Ladys im Hotel, die geliftet die Ruhe in der Sauna stören oder den ratlosen Elektriker, der am ersten Tag nach einer unzulänglichen Umschulung an die Tür klopft und wortlos vieles sagen lässt. Ihre Mimik sagt alles. Die Schlierseerin Eixenberger, inzwischen 31 Jahre alt, ist in wenigen Bühnenjahren zu einer Könnerin gereift. Ob korrektes Lehrerinnensäuseln oder Latte-Macchiato-Mütter-Näseln, ob urbairisch-dörflicher Basti-Sound oder lautstarke, wüste Wuttiraden, ihre perfekt sitzende Stimme gibt alles her, und es wird immer wieder klar, dass sie aus dem vollen Leben schöpft. Auch aus dem politischen: "Du redest mit einem Landwirtschaftsminister und die Antworten kommen von Monsanto." Das komödiantische Multitalent bereitete den begeistert applaudierenden Besuchern einen sehr vergnüglichen Abend.

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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