Germering:Warum nicht mal Wagner?

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Vergangenes Jahr sprang der Posaunist Joseph Bastian kurzfristig als Dirigent des BR-Symphonieorchesters ein - die Konzerte wurden ein Erfolg. (Foto: Claus Schunk)

Das Abaco-Orchester der LMU gastiert in der Stadthalle

Von Florian J. Haamann, Germering

Es ist eine harmonische Beziehung: Joseph Bastian lernt von seinen Studenten das Dirigieren, dafür bringt er die ambitionierten Laienmusikern zur Konzertreife. Denn Bastian, der hauptberuflich Posaunist beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (BRSO) ist, leitet das Sinfonieorchester der Ludwig-Maximilians-Universität. An diesen Mittwoch gastiert er mit dem "Abaco-Orchester" in der Stadthalle. Jedes Semester studiert das Orchester ein Programm ein, dass dann in München und der Umgebung gezeigt wird. Heuer spielt es Beethovens Ouvertüre zu "Die Geschöpfe des Prometheus", Schumanns Konzert für vier Hörner und Auszüge aus Wagners Ring der Nibelungen.

"Ich war auch erst einmal erstaunt, als ich gehört habe, dass die Studenten Wagner spielen wollen. Die Musik ist natürlich schön, aber die wussten nicht, was das bedeutet. Es gibt da Streicherpassagen, die selbst für Profis unspielbar sind", erzählt Bastian und lacht. Aber da das Orchester demokratisch wähle, welche Stücke es spielen möchte, hat er vier Monate intensiv mit den Musikern geprobt, um auch Wagner zu meistern, oder wie Bastian es nennt, "die Grenzen des Möglichen zu verschieben". Die Arbeit mit dem Orchester habe aber auch einen großen Vorteil gehabt. "Es gibt in Deutschland eine 150-jährige Wagner-Tradition. Jeder Profi glaubt zu wissen, wie man seine Stücke spielt", sagt Bastian. "Von meinen Musikern hat kaum einer je zuvor Wagner gespielt, also konnten wir ohne die ganzen Vorbelastungen in die Proben gehen und vieles ausprobieren. In einem Profiorchester hätte es da viel Widerstand gegeben." Das ist es auch, was den 35-Jährigen an der Arbeit mit dem Abaco-Orchester begeistert: Die Leidenschaft und die Begeisterung, mit der die jungen Musiker dabei sind, die Entwicklung die er in jedem Jahrgang und dem Orchester als Ganzem beobachtet. Übernommen hat er das Ensemble 2011. Seitdem habe sich die Anzahl der Auftritte kontinuierlich erhöht, genau wie der Anspruch der Programme. Im Oktober wartet vielleicht der Höhepunkt der bisherigen Orchestergeschichte. Da dürfen die Musiker im legendären Goldenen Saal des Wiener Musikvereins spielen. Und nach dem Auftritt in Germering wartet an diesem Sonntag ein Auftritt im Münchner Herkulessaal.

Bastian, der im französischen Forbach geboren wurde und in Metz und Saarbrücken studiert hat, sorgte im Februar 2016 für Schlagzeilen, als Robin Ticciati, der Dirigent des BRSO wegen einer krankheitsbedingt kurzfristig für ein Konzertwochenende ausfiel. Bastian wurde spontan aus Ersatz ausgewählt, obwohl er damals noch relativ wenig Erfahrung als Dirigent hatte. Seine drei Auftritte begeisterten Besucher und Kritiker. Seine Erfahrung als Leiter des Abaco-Orchesters habe ihm dabei geholfen. Auch diese Funktion hatte er damals übernommen, ohne zuvor dirigiert zu haben. "Ich wollte das einfach mal ausprobieren und war sehr überrascht, als sich das Orchester für mich entschieden hat". Mittlerweile hat er aber großen Gefallen am Dirigieren gefunden, kurz nach seinen Konzerten mit dem BRSO gewann er den Järvi-Preis 2016, im März wird er Vladimiri Juroski, den Dirigenten des London Philharmonic Orchestra, assistieren. Ob er deshalb bald vom Orchester ans Pult wechselt? "Fragen Sie mich das in einem Jahr noch einmal, dann weiß ich mehr", sagt Bastian.

Ein Dirigenten-Studium hat er nicht absolviert. Aber der 35-Jährige glaubt sowieso, dass man diese Aufgabe im Grunde nicht lernen kann. Klar, es gebe ein paar theoretische Grundlagen, etwa die Harmonielehre, aber die bekomme man in jedem Musikstudium mit. Das Wichtigste sei aber die Praxis. "Und meine Arbeit mit den Studenten hat mir mehr Praxis vermittelt, als es jedes Studium könnte. Ich lerne dort genauso viel, wie meine Musiker", sagt Bastian.

Konzert des Abaco-Orchesters, an diesem Mittwoch von 20 Uhr an in der Stadthalle Germering. Der Eintritt kostet 16, ermäßigt 8 Euro.

© SZ vom 15.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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