Die große Welt im Kleinen abbilden, sich eine Wohlfühlatmosphäre schaffen, Träume von Idylle und Ruhe verwirklichen und spielerisch den Alltag vergessen - dieses Privileg ist allen Modellbauern vorbehalten. Insbesondere jenen, die auf ein paar Quadratmetern Szenerien quer durch alle Jahreszeiten und durch anderthalb Jahrhunderte abbilden können. Wenn dazwischen ein Gleis liegt, auf dem eine Dampflok hustend hügelan fährt oder ein ICE durch den Tunnel schießt, dann sind die Modellbahner glücklich. Wie glücklich und entspannend dieses Hobby machen kann, das zeigt die Modellbahn-Gemeinschaft Germering am Wochenende in der Stadthalle in ihrer dritten Modellbahn-Ausstellung.
Es ist eine wahre Renaissance, die sich nun schon zum dritten Mal in Germering zeigt. Denn als die zunächst lockere Gemeinschaft einiger weniger Modellbauer in Germering 2014 zu einem Verein wurde, da war die große Zeit der Modellbahnmarken eigentlich schon vorbei. Märklin, der berühmteste Hersteller detailgenauer und digitalisierter Lok- und Wagenmodelle war pleite und im schwierigen Wiederaufbau. Gleise verlegen, Häuschen aus Plastik bauen und Vorgärten mit grasgrünen Flocken bestreuen, war "out". Doch der Verein um Bodo Pietsch schaffte es, dieses anachronistische Hobby so attraktiv und zeitgemäß zu machen, dass die Zahl der Mitglieder stetig wuchs. Mittlerweile sind es schon 15. 2015 war die erste Modellbahn-Ausstellung des Vereins nicht nur ein Lebenszeichen, sondern vielmehr die beste Werbung für die Beschäftigung mit Technik und Modellbau. Und dann gelang dem Verein das, was jede Modellbahngruppe gerne macht: Mitglieder bauen auf genormten Platten individuell gestaltete Module, die aneinandergesteckt eine große Gemeinschaftsanlage ergeben. Der Vielfalt und der Fantasie sind da kaum Grenzen gesetzt.
In der Germeringer Stadthalle wird die Modellbahn-Gemeinschaft am Wochenende diverse Schauanlagen in unterschiedlichen Größen präsentieren. Unterschiedlich sind auch die sogenannten Spurweiten, die den Abstand der Gleise bezeichnen. Die im Maßstab 1:87 bekannteste Spurweite heißt H0, die kleinste heißt Z (1:220), die größte Nenngröße ist die Spur II (1:22,5), die für die sogenannten Gartenbahnen gebräuchlich ist. Gezeigt werden aber auch Dioramen. Das sind Beispiele meist großer Modellbaukunst, denn dort werden - auch unabhängig von jeglichem Schienenbetrieb - Landschaften und Szenen nachgebaut, wie man sie von einem Zug aus vielleicht betrachten könnte. Stolz wird die Modellbahn-Gemeinschaft auch ihre mittlerweile 15 Meter lange Modulanlage vorführen. Zwischen 600 und 800 Besucher werden erwartet.
Dass es nicht nur schienengebundene Fahrzeuge sein müssen, die das durchaus gemischte Publikum ansprechen, zeigt sich auch in den inzwischen ebenfalls digitalisierten Modellautos. Es werden Straßenszenen nachgebildet, in denen es zugeht wie in einer belebten Innenstadt oder auf einer Landstraße. Die selbstfahrenden DC-Cars haben bereits im vergangenen Jahr viele Besucher angezogen. Den jüngeren Besuchern wird die Modellbahn als richtiges Spielzeug in die Hand gegeben. Für die Kleinsten eine Brio-Bahn aus Holz, für die Größeren die von Lego. Und es wird sowohl am Samstag wie auch am Sonntag jeweils von 13 Uhr an gebastelt. Die Teilnehmer dürfen echte Modellbauhäuschen zusammenbauen und sie mit nach Hause nehmen. Allein für das Bastelmaterial wird ein kleiner Obulus genommen, der Eintritt selbst ist für Kinder wie Erwachsene frei.
In diesem Jahr neu ist die Ausstellung historischer Fotos, die, wie der Verein mitteilt, teilweise noch nie veröffentlicht wurden. Natürlich geht es auch bei dieser Schau um die Eisenbahn und ihre Strecke durch Germering. Dass die Modellbahner nicht nur Modelle von der Stange bauen, wird am Modell des Germeringer Bahnhofes präsentiert. "Bislang gibt es nur Pläne, aber wir werden schon etwas zeigen können", sagt Vereinsvorsitzender Pietsch.
Modellbahn-Ausstellung, Stadthalle Germering; Samstag und Sonntag jeweils von 10 bis 17 Uhr, von 13 Uhr an Basteln für Kinder; Eintritt frei.