Germering:Orte der Kommunikation

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Die Stadtbibliothek in Germering feiert ihr 20-jähriges Bestehen. Bei der literarisch-musikalischen Veranstaltung analysieren der Autor Matthias Nöllke und seine Frau Claudia humorvoll typische Dialoge von Partnerschaften

Von Anna Landefeld-Haamann, Germering

"Bücher werden erst am Tag des Jüngsten Gerichts abgeschafft", schließt Oberbürgermeister Andreas Haas seine Begrüßungsrede am Dienstagabend anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Stadtbibliothek Germering. Er betonte, wie wichtig öffentliche Bibliotheken seien, egal ob Pfarr- oder Schulbücherei oder die Stadtbibliothek im Zentrum Germerings. Sie ermöglichten vor allem sozial schwachen Familien, Menschen mit Migrationshintergrund den Zugang zu Bildung. "Wer sagt denn so was? Und, was steckt dahinter?" würde der Autor Matthias Nöllke jetzt einwenden. Diese beiden Fragen stellte er an diesem Abend während seiner Lesung öfter, die er gemeinsam mit seiner Frau vor den gut hundert Gästen in der Stadtbibliothek hielt.

"Hörst du mir überhaupt zu?", lautet de Titel des kurzweiligen und humoristischen Beziehungsratgebers. In 100 typischen Sätzen dröselt er Partnerschaften auf von ihrem Beginn - hier fällt "Satz 1: Ich geh' dann wohl mal" sehr häufig - bis zu ihrem Ende, "Satz 100: Ich geh' dann wohl mal". In Partnerschaften sei häufig jeder der Meinung, er kenne den anderen besser als sich selbst. "Wer kennt sich denn auch schon selbst." Häufig wisse man bereits, wie der nächste Satz des anderen lautet oder - sogar wie dessen komplettes Leben weiter verlaufen wird. Für Nöllke besteht eine Beziehung aus "Standardsituationen" - die offengelassene Zahnpastatube, der Haushalt, Schauplatz heftigster Kämpfe, der überflutete Badezimmerboden oder das Schlussmachen. Das "Spielgerät" der partnerschaftlichen "Standardsituation" sei die Sprache, die Floskeln, die in allen Beziehungen irgendwann einmal zwangsläufig fallen müssen. Für Matthias Nöllke sei die Sache mit dem aufmerksamen Zuhören, keineswegs ein typisches Problem des männlichen, sondern ebenso des weiblichen Geschlechts.

Das Autorenehepaar Matthias und Claudia Nöllke (l.) sorgten gemeinsam mit Gitarristin Silvia Brenner für ein launiges Rahmenprogramm. (Foto: Johannes Simon)

Akribisch nehmen Nöllke und seine Frau während der Lesung insgesamt zwölf Sätze auseinander. Geleitet werden sie dabei immer von den beiden Fragen: "Wer sagt denn sowas? Und, was steckt dahinter?" So kann "Satz 6: Ist das deiner?" zum einen von Frauen geäußert werden, die tatsächlich vom Auto ihres Partners beeindruckt sind oder - wie Claudia Nöllke mit ironischer Bissigkeit nachsetzt - ihm lediglich den Gefallen tun, davon beeindruckt zu sein. Männer hingegen fragen so etwas, wenn sie gleichfalls tatsächlich beeindruckt seien oder aber Angst davor haben, ihre Frau fahre ein schnelleres Auto als sie selbst. So weit, so gut. Doch die Klischeefalle schlägt spätestens dann zu, wenn die Nöllkes von PS-starken Autos als Symbol für Manneskraft sinnieren oder die Gleichung aufstellen "Je mehr Pferdestärken unter der Motorhaube, desto weniger Hengst unter der Bettdecke.". Dass solche Sätze keineswegs plump wirken, ist der sonst so feinen und wendigen Sprache Matthias Nöllkes zu verdanken, der unter anderem Bücher geschrieben hat über Psychologie für Führungskräfte, Management und Kommunikation, Macht und Sprache sowie Hörfunksendungen im Bayerischen Rundfunk produziert.

Musikalisch umrahmte die 18-jährige Gitarristin Silvia Brenner den Festabend mit spanischen und lateinamerikanischen Melodien. Die mehrfache Preisträgerin beim Landeswettbewerb "Jugend musiziert" beeindruckte mit hoher Musikalität und unangestrengtem Spiel.

Die Stadtbibliothek, so Leiterin Christine Förster-Grüber, sei, genauso wie eine Partnerschaft, ein Ort der Kommunikation. Sie freue sich, dass innerhalb der letzten 20 Jahre ein lebendiges Zentrum entstanden sei.

© SZ vom 26.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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