Germering:Musikalische Chamäleons

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Mit ihren vier Saxofonen zeigen die Musiker den Besuchern die Wandlungsfähigkeit des Instruments. (Foto: Günther Reger)

Besonderes Gastspiel des Alliage Saxophonquintetts

Von Klaus Mohr, Germering

Es gibt viele Kammermusikbesetzungen, doch vier Saxofone in unterschiedlicher Größe, dazu eine Pianistin, sind noch immer eine große Ausnahme. Im Landkreis war das Alliage Quintett mit Daniel Gauthier (Sopransaxofon), Hayrapet Arakelyan (Altsaxofon), Simon Hanrath (Tenorsaxofon), Sebastian Pottmeier (Baritonsaxofon) und Jang Eun Bae (Klavier) in den letzten Jahren bereits mehrmals an verschiedenen Orten zu hören. Nun gastierte es im Orlandosaal.

Originalkompositionen für Saxofonquartett existieren aus der Musikgeschichte nicht, weshalb das Alliage Quintett hier auf Bearbeitungen angewiesen ist. Je bekannter die Werke sind, umso höher ist auch beim Publikum die Erwartung, weil der Vergleich mit dem Original präsent ist. Sebastian Pottmeier beschrieb den Klang des Saxofons als chamäleonhaft, so dass es je nachdem nach Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott, Streichern oder auch Blechbläsern klingen kann. Verantwortlich für einen in sich stimmigen Gesamtklang im Ensemble waren das Zusammenspiel und die Klangfärbung der einzelnen Saxofone. Durch die Einheitlichkeit auf dieser Ebene erhielten die Werke ihren Klangcharakter, der das Publikum sehr überzeugte.

Das Programm entsprach zwar nicht so ganz dem gedruckten, durch die Ansagen der Musiker wurde aber klar, was jeweils gespielt wurde. Das einleitende Stück von Aram Chatschaturjan hatte eine schrille Klangspitze des Sopransaxofons und erinnerte ein wenig an Musik aus einem Grammophon. Der Klang verteilte sich von der Mitte der Bühne her weit im Raum, hatte aber nicht zu viel Hall. Die Präzision des Zusammenspiels war hervorragend, und der direkte Ton führte zu einem vitalen Drive.

Das erste größere Werk, das erklang, waren fünf Tänze aus "Der Nussknacker" op. 71 von Peter I. Tschaikowsky. Der Marsch war sehr homogen im Klang, wirkte aber etwas schwerfällig. Sehr prägnant, zugleich aber auch mysteriös, geriet der Tanz der Zuckerfee, in dem das Klavier wunderbar den Part der Celesta im Original imitierte. Tee, der chinesische Tanz, und Kaffee, der arabische Tanz, wirkten wie zwei Antipoden: Quäkend klang das Sopransaxofon in hoher Lage in Tee, während das orientalische Feeling insbesondere durch die tiefen Saxofone in Kaffee zum Klingen kam. Kraftvoll-vorwärtstreibend beschloss der russische Tanz Trepak die kleine Suite.

Die Schererazade von Nikolai Rimsky-Korsakow ist ein zu Tönen gewordenes Märchen aus 1001-Nacht. In einer von der Besetzung her deutlich kleineren Fassung für "101-Nacht" erklang es hier. Die Vielseitigkeit des Spiels und der Farben offenbarte eine riesige Klangpalette, die durch die Dynamik und verschiedene Instrumentengruppierungen noch weiter verfeinert wurde. Der Spagat zwischen dem Originalklang und der eigenständigen Interpretation der Bearbeitung gelang sehr gut.

Nach der Pause standen fünf Stücke von Dmitri Schostakowitsch auf dem Programm, die auf historische Vorbilder rekurrierten. In zwei der Stücke kam zum Klavier nur das tiefe Register der Saxofone zum Einsatz, in den drei anderen nur das hohe. Diese Kontrastierung wurde durch die differenzierte Phrasierung verstärkt, so dass Miniaturbilder einer Gavotte, eines Walzers oder einer Polka entstanden. Die zwei tiefen Saxofone in der Elegie erinnerten an zwei Hörner, und ihre großen Bögen passten sich nahtlos in das rhythmische Grundmuster ein. Am Ende gab es lang anhaltenden Beifall und zwei sehr gegensätzliche Stücke als Zugabe.

© SZ vom 05.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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