Germering:Kalte Milch statt heißer Debatte

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Europaparlamentarier Manfred Weber zu Gast bei CSU Germering und Aubing

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Offenbar erschöpfend abgehandelt hatte der CSU-Europaabgeordnete Manfred Weber seine Thesen zu "Krisen in der Welt - Europa ist gefordert", denn Nachfragen oder gar eine Diskussion schlossen sich an seinen Vortrag vor Mitglieder der CSU Germering und Aubing in der Germeringer Stadthalle nicht an. Statt hitziger Kontroverse gab's für den Fraktionsvorsitzenden der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament vor der abschließenden Bayernhymne eine volle Kanne kalter Milch als Geschenk.

In seiner Rede bekräftigte Manfred Weber vor etwa hundert Besuchern die CSU-Positionen, dass die EU-Beitrittsgespräche mit Türkei angesichts der aktuellen Ereignisse "mit einem Putsch der Mehrheit" unter Erdogan sofort beendet werden und die Zustimmung zum ausgehandelten CETA-Freihandelsabkommen mit Kanada erfolgen müsse. Weber sagte, dass man sich mit der Türkei "sektoral an den Tisch setzen soll", um Vereinbarungen und Verträge zu fixieren. Das Land bleibe auch ein strategischer Partner für Deutschland. "Das Flüchtlingspaket mit der Türkei ist sinnvoll", so der 44 Jahre alte EU-Abgeordnete. Auch könne man über Wirtschaftsfragen reden; über mehr jedoch nicht. Weber nachdrücklich: "Wer über die Todesstrafe diskutiert, entfernt sich von der EU." Als "besorgniserregend" bezeichnete Weber das Treffen von Erdogan mit Putin, das für den 1. August vorgesehen ist.

Das CETA-Abkommen habe die "roten Linien" der CSU berücksichtigt. Nach Webers Auffassung konnten die Gentechnik und die privaten Schiedsgerichte abgewehrt werden. "Deshalb sollten wir Ja sagen zu solchen Abkommen", meinte Weber und bezog TTIP, das noch anstehende Abkommen der EU mit den USA, mit ein. "Wer gegen solche Verträge ist, sägt den Ast ab, auf dem wir sitzen", warnte er unter dem Beifall der CSU-Mitglieder.

Der CSU-Politiker, der auch stellvertretender Parteivorsitzender ist, streifte mehrere Krisenbereiche Europas, auch den Brexit, den anvisierten Austritt der Briten aus der EU. Weber wandte sich gegen das beabsichtigte "Jerrypicking", das Rosinenpicken der Briten bei den Austrittsverhandlungen. "Es muss Reisefreiheit für Lastwagen, aber auch für Menschen geben", verteidigte Weber die Freizügigkeit in der EU. Die neue britische Regierung habe keine Idee, wie sie den Brexit umsetzen wolle. Webers Fazit: "Die Briten sind tief gespalten und haben ein großes Problem nach dem Exit."

Besonders was die Flüchtlingsfrage und die Aufteilung von Flüchtlingsquoten betrifft, sei Europa an nationalen Egoismen gescheitert. "Bei 28 Mitgliedsstaaten und 750 Abgeordneten ist das auch kompliziert", so der Redner, der sich für "Solidarität mit den wirklichen Flüchtlingen" aussprach und sich erleichtert zeigte, das durch die Hotspots in Italien und Griechenland der Flüchtlingsstrom gestoppt werden konnte. Für die Zäune in Ungarn zeigte er rückblickend Verständnis. Weber lobte auch die "positiven Bilder", die 2015 bei der Ankunft der Flüchtlinge am Passauer und Münchner Hauptbahnhof durch die Welt gegangen sind: "Wir in Bayern waren das Aushängeschild für Humanität."

Weber forderte die überfällige Zusammenarbeit der Behörden Europas, um den Terrorismus effektiver bekämpfen zu können. Dazu werde gerade eine gemeinsame Gefährderdatei aufgebaut. Er gab manchen EU-Kritikern Recht, dass die EU sich zu sehr in Details einmische, die auf Länder- oder Regions-Ebene besser entschieden werden könnten. Als Bespiel nannte er die EU-Hygieneverordnung für Metzgereien. "Vertrauen" nannte er als wichtigste Kategorie, die eine Partei schaffen müsse. Dabei hob er natürlich die CSU hervor, die in Sachen Mütterrente geliefert habe. "Wir müssen Teile der finanziellen Überschüsse für soziale Gerechtigkeit einsetzen", sagte Weber.

© SZ vom 20.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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