Es braucht nicht mehr als den Hauch eines Duftes, der uns plötzlich wieder zurückkatapultiert in längst vergangene Zeiten. Der uns an mit Tau benetzte Rosengärten, den würzigen Duft großer Basars oder die sonnenwarmen, blonden Locken der besten Freundin aus Schulzeiten erinnert. Bei Bettina Bayer-Tetzel genügt der flüchtige Eindruck von Jean Paul Gaultiers Classique und sofort scheinen vor ihrem inneren Auge wieder die Bilder des Tages auf, an dem sie ihren Mann kennenlernte.
Die Liebe zum Duft hat die Offenburgerin aber schon viel früher entdeckt. Damals war sie zehn Jahre alt und kaum etwas war so faszinierend wie die winzigen Duftminiaturen, die sie im Zimmer ihres älteren Bruders fand - Träume aus Glas. "Zu dieser Zeit, in den Achtzigerjahren, war es noch üblich, dass man in Parfümerien Miniaturen als Proben bekommen hat", erzählt sie. Diese Zeiten sind längst vorbei, die Herstellung der winzigen Flakons für die Industrie ist nicht mehrrentabel. Mittlerweile sind aus den Miniaturen heiß begehrte Sammlerstücke geworden.
Seit 23 Jahren bereits organisiert Bayer-Tetzel nun Parfümflakon-Sammlerbörsen. Bisher nur in Baden-Württemberg und Straßburg, aber am kommenden Sonntag wird die 46-Jährige gemeinsam mit 17 Ausstellern in die Stadthalle nach Germering kommen. Dort können die Sammler zwischen den mindestens 3000 Einzelstücken nach Raritäten stöbern. "In München und Umgebung hat es bisher kein solches Angebot gegeben. Viele Sammler aus der Region sind also in den vergangenen Jahren nach Baden-Württemberg gekommen", erzählt Bayer-Tetzel. Grund genug, endlich vor Ort eine Börse anzubieten.
Es werden auch einige der begehrten Großfacticen angeboten. Besonders große Flakons also, die vor allem zu Dekorationszwecken hergestellt werden und die es im Fachhandel nicht zu kaufen gibt. "Meine Aussteller haben gute Kontakte", verrät Bayer-Tetzel. Eines der ausgefallensten Stücke, das bei der Börse in Germering angeboten wird, ist das Parfum Chanel No. 46. Der Flakon im klassischen Chanelstil enthält 50 Milliliter des ersten Nachkriegsparfums, erschienen 1946. "Es war nur ein Jahr lang auf dem Markt erhältlich und meines Wissens auch nur in den USA", sagt Bayer-Tetzel. Eine echte Seltenheit, die den Liebhaber 400 bis 500 Euro kosten wird. Die Preise der Einzelstücke beginnen bei einem Euro, nach oben hin gibt es kaum Grenzen.
Bayer-Tetzel hat 1988 mit dem Sammeln begonnen. Auslöser ihrer Leidenschaft war der damalige Freund, der ihr Miniaturflakons von Moschino und Trussardi geschenkt hat. Damals hat sie die Fläschchen noch geöffnet. "Ein Fauxpas", wie sie heute weiß. Denn mit den Flakons verhält es sich ganz ähnlich, wie mit den Briefmarken. Für Sammler müssen sie in perfektem Zustand sein. Optimal ist es, wenn auch die Originalverpackung mit angeboten wird. Und je älter, desto besser - und aufwendiger. Die Aussteller bieten am Sonntag auch einige Stücke aus den Zwanziger- und Dreißigerjahren an. Aus einer Zeit, in der die Flakons noch nach alter Tradition des Kunsthandwerks angefertigt wurden.
Die Parfumflakon-Sammlerbörse findet am Sonntag, 8. März, von 10.30 bis 15.30 in der Stadthalle Germering statt.