Germering:Die Zukunft des Buchhandels

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Erst im Dezember 2014 hat Alessandra Trenkle ihre Buchhandlung eröffnet. (Foto: Günther Reger)

Die 26-jährige Alessandra Trenkle will ihren Laden in Germering sicher durch die Krise führen. Deshalb hat sie zwei Konzepte entwickelt, mit denen sie junge und ältere Kunden binden will. Nun ist sie für einen Branchen-Award nominiert

Von Anna Landefeld-Haamann, Germering

Mit dem Klischee, das gemeinhin über Buchhändler besteht, die ausgestattet mit Strickjacke, Teetasse und schwärmerischen Gemüt, das Geld und den Ungebildeten verachten, hat Alessandra Trenkle nicht im Geringsten etwas zu tun. Die 26-Jährige ist wahrscheinlich das, was man mit dem griffigen Anglizismus "girl boss" bezeichnet. Also eine junge Frau, die nicht lange fackelt, sondern ihre Ideen umsetzt, sich in einer oft von Männern dominierten Geschäftswelt behauptet und ihr eigener Chef ist. Trenkle beweist mit ihrer Kinderbuchhandlung Phantásia in Germering, dass man auch in einer krisengebeutelten Branche mit innovativen Ideen durchaus eine Zukunft haben kann. Für ihre Konzepte ist die Unternehmerin und Studentin für den "Young Excellence Award" des Börsenblatts des Deutschen Buchhandels nominiert. Damit hat sie es in die Runde der letzten zehn von 40 Bewerbern geschafft. Mit dem Preis sollen Buchhändler, Verleger und Unternehmensgründer unter 39 Jahren ausgezeichnet werden, die mit ihren Ideen die Zukunft des Medienmarktes mitgestalten. Er wird am 15.Oktober im Rahmen der Frankfurter Buchmesse verliehen.

"Mir geht es darum, die Kleinsten an das Kulturgut Buch heranzuführen und sie dafür zu begeistern", erzählt Trenkle. Deshalb hat sie eine Kinderkundenkarte entwickelt. Diese können Eltern oder Großeltern - ähnlich einem Gutschein - mit einem bestimmten Geldbetrag aufladen. Die Kinder wiederum können sich dann in der Buchhandlung ein Buch aussuchen und es selbst bezahlen. "Ich erlebe immer wieder, wie stolz die Kleinen ihre Karte vorzeigen", sagt Trenkle. Darüber hinaus ist auf der Karte neben dem Alter des Kindes auch ein Profil mit bisher gekauften Büchern und Leseinteressen gespeichert. Auf diese Weise kann jedes Kind sehr persönlich beraten werden. Doch nicht nur die Kinder profitieren davon, sondern auch die Buchhandlung selbst, die so die Kleinsten als langfristige Kunden an sich binden kann.

Krisensituationen wie bei Weltbild, Thalia und Hugendubel zeigten, dass sich die Branche in einer Umbruchphase befinde. "Der Markt ist hart umkämpft", sagt Trenkle. In ihrem Geschäft versucht sie deshalb das Wissen anzuwenden, das sie im Studium der Unternehmensführung und Innovation in Bozen gelernt hat. So gehören für sie neue Verkaufswege über Apps oder das Internet ganz selbstverständlich dazu. Sie empfindet diese keineswegs als Bedrohung, sondern als Ergänzung. Solche Entwicklungen könne auch die Buchhändler-Familie Trenkle nicht ignorieren, die bereits in den dreißiger Jahren ihr erstes Geschäft eröffnetet hat.

Aus diesen Überlegungen heraus entstand die Idee zum Start-up "abobuch.de", das Ende vergangenen Jahres online gegangen ist. Dort haben Trenkle und ihre Mitarbeiter Bücherpakete für jedes Lesealter und verschiedene Interessen zusammengestellt. "Das ist kein einfaches Vorhaben", erzählt Trenkle. Denn der Kinderbuchmarkt werde mit über 5000 Neuerscheinungen pro Jahr regelrecht überschwemmt. Ein Abo kann über eine Dauer von drei bis zwölf Monaten abgeschlossen werden, pro Monat gibt es ein neues Buch. Bereits Kleinkinder versucht Trenkle mit Bilderbüchern als Zielgruppe zu gewinnen. Ein Genre, das sie besonders interessiert: "Sie regen die Fantasie an, ohne zu überfordern." Außerdem stärke das gemeinsame Anschauen die Bindung zwischen Eltern und Kind. Bei den Jugendlichen sind vor allem Bücherreihen sehr beliebt, die sich mit Freundschaft, Familie und dem Heranwachsen beschäftigen. Stark im Kommen seien auch dystopische Romane, beobachtet Trenkle.

Sie selbst ist mit Klassikern wie "Momo" und "Pippi Langstrumpf" aufgewachsen. Bis heute erinnert sie sich gerne daran, wie in der Familie ganze Abende lang vorgelesen wurde - von den grauen Herren und dem renitenten Mädchen, das samt Pferd und Äffchen in einer Villa lebt. "Ich bin sehr dankbar dafür und weiß auch, dass so etwas nicht jedes Kind erfährt." Diese Leselust und Bücherliebe weiterzugeben, sei vielleicht einer der Gründe, weshalb Trenkle beschloss eine Kinderbuchhandlung zu eröffnen. Ihr familiärer Hintergrund habe sie dabei nicht unter Druck gesetzt. "Niemand hat das von mir erwartet", erzählt sie. Dieser Gedanke sei erst in den letzten Jahren gewachsen und im Dezember 2014 mit der Ladeneröffnung in Germering konkret geworden.

Nun fiebert Trenkle der Preisverleihung entgegen, denn der Gewinner erhält unter anderem einen Seminargutschein für den mediacampus frankfurt. Alle Nominierten bekommen eine Eintrittskarte für den Business Club der Buchmesse. Für Trenkle ist dies eine gute Gelegenheit sich mit anderen kreativen Machern auszutauschen.

© SZ vom 05.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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