Germering:Die Kartenlegerin

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Sabine Kunath ist seit 18 Jahren Vorsitzende des Bridge-Clubs. Mit ihren bald 60 Jahren gehört sie in ihrem Verein zu den Youngstern. Denn der Nachwuchs kann sich für dieses "geniale Spiel", das Sitzfleisch und mentale Kondition erfordert, nicht so recht erwärmen

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Bridge hat ein fast schon problematisches Image. Das sieht so aus: Das Kartenspiel wird nur von älteren Damen gespielt, die ausdauernd an den Tischen sitzen und den potenziellen Nachwuchs vergraulen. Dieses Vorurteil stimmt so pauschal natürlich nicht. Es hat aber auch einen durchaus realen Bezug. Auch beim Germeringer Bridgeclub bietet sich so ein Bild. Es ist eine 60-Plus-Veranstaltung. "Wir haben keinen Nachwuchs", bedauert Sabine Kunath, die Vorsitzende des Bridge-Clubs. Junge Menschen für dieses "geniale Kartenspiel" zu gewinnen, ist "sehr schwierig", wie Kunath sagt. Sie habe es mal mit einem VHS-Kurs versucht. Da seien auch einige jüngere Interessenten dabei gewesen. Doch Kunath hatte es möglicherweise mit ihrem Bridge-Schnupperkurs übertrieben. Sie hatte damals gleich zehn VHS-Abende angesetzt, um den Teilnehmern das Bridge-Spiel umfassend nahezubringen.

Jeden Mittwoch treffen sich die Mitglieder zu den gemeinsamen Spielerunden (links am Tisch: Sabine Kunert). (Foto: Günther Reger)

Das hat wohl einige Teilnehmer auch zeitlich überfordert. "Jedenfalls kam keiner danach in unseren Club", so Kunath einigermaßen enttäuscht. Gleichwohl will sie in diesem Jahr einen zweiten Anlauf in der Volkshochschule wagen. Kunath schiebt das Desinteresse am regelmäßigen Bridgespielen auch auf Zeitmangel der beruflich sehr eingespannten jungen Menschen. "Das geht uns beim Bridge in ganz Deutschland so." Bridgeenthusiasten können das natürlich gar nicht verstehen. Für sie ist es das "Spiel der Spiele". So auch in Germering, wenn sich die Vereinsmitglieder jeden Mittwoch zum Spielabend in der Stadthalle treffen. Dieser Abend ist nicht kurz; in der Regel wird drei bis vier Stunden gespielt, ehe das Siegerpaar feststeht. Das erfordert enormes Sitzfleisch und mentale Kondition.

Die älteren Damen zeigen dabei erstaunliche Ausdauer, sind doch die ältesten Akteurinnen schon jenseits der 80 Jahre. Sabine Kunath gehört mit bald 60 Jahren zu den Youngstern im Club. Nur ein Mitspieler ist noch zwei, drei Jahre jünger als sie. Bridge ist, so das gängige Klischee, ein Damenspiel. "Fünf Männer haben wir aber auch", sagt Kunath und scherzt: "Die Männerquote erfüllen wir lässig." Gespielt wird paarweise jeder gegen jeden, so dass an den Tischen ständig gewechselt wird. Bei 20 Teilnehmern am Abend kommt es zu 27 verschiedenen Kartenverteilungen und neun Spielrunden, rechnet Kunath vor. Beim Bridge ist jedes Geschwätz verpönt. Vermeiden lässt sich das aber nicht immer. Geredet werden darf nur in den kurzen Pausen, wenn die Paare die Tische wechseln, aber daran hält sich nicht jeder und erntet dann schon mal böse Blicke. Dass es nicht zu Verzögerungen kommt, ist auch Bridge-Chefin Kunath ganz recht. "Ich muss auch an unsere Altersstruktur denken", die Spieler sollen möglichst noch bei Tageslicht nach Hause fahren können, so Kunath, die seit 1999 Vorsitzende des Clubs ist. Sie kommt aus Hannover und hat Bridge dort gelernt. Sie ist schon immer eine leidenschaftliche Kartenspielerin gewesen und kennt auch alle gängigen Spiele wie Skat, Doppelkopf oder 66.

Ziel des Bridge-Spieles ist es, möglichst viele Stiche machen. Das Spiel beginnt ähnlich wie beim Skat mit dem Reizen. Danach entscheidet sich auch, welche Farbe Trumpf ist. Wie bei einer Versteigerung gibt ein Paar an, wie viele Stiche es machen wird. Hauptziel ist es für die eine Seite, ihre angesagte Stichzahl zu erreichen; die andere Seite muss dies nach Möglichkeit verhindern. Als Kunath 1991 mit ihrem Ehemann nach Germering kam, stieß sie zum örtlichen Bridgeclub. Zumeist spielen feste Paare dort seit Jahren miteinander. Auch Kunath hat eine ständige Partnerin zum Spielen. Acht Minuten dauert eine Partie, dann wechselt jeweils ein Paar an einen anderen Tisch. Bridge erfordert eine enorme Gedächtnisleistung, sind doch nicht nur 32 Karten wie beim Skat, sondern 52 im Spiel. "Man sollte einen Überblick haben", sagt Kunath, "von welcher Farbe, welche Karten ausgespielt wurden." Auch ihr gelingt diese Gedächtnisleistung nicht an allen Tagen. Kunath betreibt zur mentalen Vorbereitung auf Bridge seit 2009 Bogenschießen - das ist die auch von ihrem Ehemann favorisierte Sportart.

© SZ vom 03.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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