Germering:Begleitung auf dem letzten Weg

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Der Germeringer Hospizverein betreut seit 15 Jahren Sterbende

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Wunsch und Wirklichkeit klaffen beim Thema Tod oft weit auseinander. "An welchem Ort möchten sie am liebsten sterben?", lautete etwa die Frage einer repräsentativen Untersuchung. 66 Prozent möchten Zuhause sterben, elf Prozent würden sich für ein Hospiz und vier Prozent für eine Palliativstation als Sterbeort entscheiden, für das Krankenhaus drei Prozent. Noch unbeliebter sind Alten- oder Pflegeheim mit einem Prozent. Die Wirklichkeit, das überrascht niemanden, sieht ganz anders aus. "43 Prozent sterben im Krankenhaus, 24 Prozent im Heim", erläuterte Tanja Spehr, die Einsatzleiterin des Germeringer Hospizvereins, bei der Mitgliederversammlung die Umfrageergebnisse. Das Sterben in einem Hospiz oder auf der Palliativstation eines Krankenhauses werde zwar mehr, doch nur eine kleine Minderheit gehe bisher diesen Weg. "Zusammen sind es nur ein Prozent", erklärte die Diplom-Psychologin Spehr.

Den Germeringer Hospizverein gibt es seit 15 Jahren. Zurzeit sind dort 21 Frauen und ein Mann als Hospizbegleiter tätig. Sieben Frauen sind seit Beginn des Vereins dabei und wurden jetzt dafür geehrt. 2014 wurden von ihnen 38 Menschen betreut, 22 davon sind im vergangenen Jahr auch gestorben. Die Betreuung der sterbenden Menschen erfolgt ambulant. "Das Interesse an einem stationären Hospiz ist da", sagte der Vereinsvorsitzende Peter Braun im Rahmen seines Tätigkeitsberichtes. "Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg."

Alle Hospizbegleiter haben eine fundierte Ausbildung hinter sich. Erst nach 120 Unterrichtsstunden, zehn Besuchen in einem Seniorenheim und vier Stunden Besichtigung einer Palliativstation dürfen sich die Absolventen des halbjährigen Kurses Hospizbegleiterin nennen. Auch danach werden sie intensiv mit Fortbildungen nachgeschult. Monatlich gibt es ein Gruppentreffen aller Begleiterinnen und alle zwei Monate eine Supervision. Die Tätigkeit der ehrenamtlichen Betreuer erfolgt kostenlos. Sie erhalten nicht einmal eine Aufwandsentschädigung, wie Spehr den 50 Mitgliedern bei der Versammlung mitteilte. Obwohl ehrenamtlich, arbeiten die Begleiterinnen, so der Anspruch des Vereins, professionell. Zu den Begleitungen kommen Beratungen der Betroffenen oder der Angehörigen.

Die Tendenz ist, "dass die Menschen uns sehr spät hinzuziehen", so Spehr. So dauert etwa die Hälfte der Begleitungen weniger als einen Monat. Trotzdem kamen die Begleiter, die der Schweigepflicht unterliegen, auf 668 Einsätze und insgesamt 709 Begleitstunden. Nicht immer sei die Tätigkeit für sie selbst erfüllend, wie Martina Pleuser berichtete, die eine an Krebs erkrankte Frau im Alter von Ende 40 drei Monate lang betreute und sich eher etwas missbraucht fühlte. "Ihr Interesse war nur, wie komme ich zu meinem Pferd und zum Einkaufen", erzählte Pleuser, Mutter von drei Kindern. Bei den wenigen anderen Terminen mit der sterbenden Frau fühlte sie sich überflüssig, weil gleichzeitig auch andere Menschen an ihrem Bett im Hospiz saßen. Als "vertraute Begleiterin", wie es der Hospizverein anstrebt, fühlte sich Pleuser offenbar in diesem Fall nicht.

Der Hospizverein hat seine Arbeit mittlerweile auch auf die Trauerbegleitung ausgeweitet. Dafür gibt es ein Team, das Rita Friedrich und Ilona Effner-Noll leiten. Friedrichs offene Trauergruppe trifft sich jeden dritten Freitag im Monat in der Germeringer Insel. Dort wird auch an jedem ersten Sonntag im Monat der Tisch schön gedeckt für das "Café Lebenswille". Auch in der Aussegnungshalle des Friedhofs Sankt Martin besteht jeden Mittwoch zwischen 17 und 18 Uhr die Möglichkeit über die Trauer zu sprechen. Trauerspaziergänge runden das Angebot des Hospizvereins ab. Der aktuell 216 Mitglieder starke Verein lebt von Spenden, staatlicher Förderung und Mitgliedsbeiträgen. Die Kasse des Vereins war Ende 2014 mit 38 000 Euro einigermaßen gut gefüllt. "Wir sind dankbar für jede Mitgliedschaft", sagte Alt-OB Peter Braun und animierte zum Beitritt. "Für uns ist das vor allem eine ideelle Stärkung."

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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