Germering:Angie druckt alles

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Bei Führungen durch das Unternehmen wird Besuchern der Entwicklungsprozess von Bilder und Fotobüchern erklärt. (Foto: Carmen Voxbrunner)

In diesen Wochen laufen die Fotomaschinen bei Cewe in Germering auf Hochtouren. Die Mitarbeiter haben ihnen zur besseren Unterscheidung Namen gegeben

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Die Druckmaschinen im ersten Stock bei Cewe, dem führenden deutschen Unternehmen für Fotobücher und Fotoentwicklung, tragen Namensschilder, auf denen Rosi, Sissi, Mariah, Celine oder Angie steht. "Angie druckt alles", heißt die Maschine komplett. "Die Mitarbeiter haben ihnen die Namen gegeben, damit sie bei einem Produktionsfehler gleich wissen, um welche Maschine es sich handelt", erläutert Cewe-Mitarbeiterin Julia Friebe bei einer Betriebsführung. Die Maschinen dominieren in der riesigen Produktionshalle, dazwischen sieht der Besucher nur ein Dutzend Mitarbeiter, die die Maschinen bestücken und überwachen. Es werden bald mehr werden, weil jetzt das Weihnachtsgeschäft beginnt - die Hochsaison bei Cewe.

Im ersten Stock werden ausschließlich Fotobücher produziert. Die sind zum Hauptstandbein des Unternehmens geworden, obwohl mit der Fertigung von Fotobüchern erst vor zehn Jahren begonnen wurde. 774 Millionen Euro Umsatz machte das börsennotierte Unternehmen mit Hauptsitz in Oldenburg im Jahre 2014. Der Anteil der Fotobücher macht fast die Hälfte des Umsatzes aus. Etwa 30 Prozent geht auf die Entwicklung von Bildern zurück.

Germering ist eines von vier deutschen Labors von Cewe. 1989 war das Unternehmen von München-Aubing nach Germering umgezogen. Heute beschäftigt die Firma 220 Mitarbeiter, 70 in der Verwaltung und 150 in der Produktion. Gearbeitet wird in der Regel in zwei Schichten von 6 Uhr morgens bis 22 Uhr. In Germering existiert das zweitgrößte Labor nach Oldenburg. Von dort werden ganz Süddeutschland, Österreich, Italien und die Türkei beliefert.

Das Unternehmen hat rechtzeitig erkannt, dass die analoge Filmentwicklung bald der Vergangenheit angehören wird. "Die ist schlichtweg eingebrochen", sagt Friebe und erklärt die Historie. Im Jahre 2000 seien noch 191 Millionen analoge Fotos entwickelt worden, im Jahre 2012 waren es nur noch neun Millionen. "Das ist nicht mehr profitabel." Deshalb werden am Germeringer Standort keine Negativ- oder Diafilme mehr entwickelt.

Produziert werden an einem normalen Tag etwa 650 000 Fotos und 6500 Fotobücher. Das zeigt eine digitale Info-Tafel im ersten Stock an. Das ist relativ wenig. Die Kunden fotografieren besonders im Urlaub, aber mit den Aufträgen warten die meisten bis Weihnachten, um dann ihre Liebsten mit einem Fotobuch zu überraschen.

So herrscht bei Cewe vor Weihnachten Hochbetrieb. "Dann schnellen Fotobuch-Aufträge auf 60 000 am Tag hoch", erzählt Friebe. Im November werden Aushilfen eingestellt, um die Aufträge bis zum Fest abzuarbeiten. Alle acht großen Druckmaschinen laufen in drei Schichten rund um die Uhr. Die Druckmaschine "Rudolf" fertigt den Cover-Druck. Für die Belegschaft herrscht Urlaubssperre. Dafür bekommt die im Februar/März drei Tage Sonderurlaub. " Wir produzieren 10 000 Fotobücher am Tag und auch 20 000 Kalender", sagt Cewe-Geschäftsführer Stephan Reinhold. "Sonst ist die Anzahl der Fotokalender lächerlich gering", räumt Reinhold noch ein.

Jede Kunde liefert seine eigene Druckvorlage. Für die Fotobücher wird an einer Maschine das Papier von einer einzigen Mitarbeiterin in großen Stapeln zur Hochglanzveredelung eingelegt. "Dabei hat jedes Blatt einen Code, dass auch die richtigen Blätter im Buch zusammengefasst werden", erklärt Friebe. Für jedes Buch werden dann mit der Hand Blätter in die Druckmaschine, den "Rudolf", reingelegt, der das Buch bindet. Am Ende der großen Halle steht die Versandmaschine, die die Fotobücher in Folie verpackt. In Kartons werden sie noch von Menschenhand gepackt.

© SZ vom 04.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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