Germering:Allein in Niederbayern

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Zuhause in Germering: Die Mutter und ihre kleine Tochter wohnten in einem Gebäudeteil des Don-Bosco-Altenheims. (Foto: Günther Reger)

Eine Asylbewerberin aus Nigeria muss mit ihrer zwei Monate alten Tochter in ein Dorf umziehen. Ihre Germeringer Helferinnen sorgen sich um die weitere Betreuung von Mutter und Säugling.

Von Sebastian Mayr, Germering

Am Sonntagabend waren Esther Monday und ihre Tochter noch immer allein. Die Asylbewerberin aus Nigeria musste am Donnerstag aus dem Germeringer Don-Bosco-Heim nach Bodenkirchen im Landkreis Landshut umziehen. Die Nigerianerin hat im Februar eine Tochter im Brucker Klinikum zur Welt gebracht. Deswegen lebte sie länger im Don-Bosco-Heim als eigentlich üblich. Die alleinerziehende Mutter ist durch ihr Kind stärker auf Hilfe angewiesen als die meisten Flüchtlinge. Vom Helferkreis und von einer Gruppe Landsleute, die ebenfalls in Germering untergebracht sind, hatte sie Unterstützung bekommen. Bei den Helfern herrschen nun Wut, Unverständnis und Sorge. "Man kann doch nicht Leute irgendwo hinsetzen und sagen: nach uns die Sintflut", kritisiert Jutta Schweickert. Sie verstehe, dass die Verteilung notwendig sei. "Aber man hätte ja wenigstens die Anhörung in München abwarten können", findet die 69-Jährige, die vor allem männliche Flüchtlinge in Germering betreut.

Die Anhörung, zu der Monday wieder nach München kommen muss, ist für den 8. Juni angesetzt. Bis dahin leben die Frau aus Nigeria und ihre Tochter in der niederbayerischen Gemeinde. Schweickert und die Freiwillige Dorothea Licht, die Monday seit deren Ankunft betreut, haben die Nigerianerin am Donnerstag dorthin begleitet. Die beiden Germeringerinnen hatten der Frau die von den Behörden bezahlte Zugfahrt ersparen wollen. Mit dem Säugling und dem vielen Gepäck wäre das nicht zumutbar gewesen, sagt Schweickert. In der Unterkunft, in die noch elf weitere Nigerianer einziehen sollen, hätten sie Monday nur ungern alleine gelassen.

Das Haus sei zwar sehr liebevoll eingerichtet. Doch die Besitzer hätten von Anfeindungen aus dem Ort gesprochen, berichtet Schweickert. Die Anwohner wiederum hatten erst aus der Zeitung von der neuen Unterkunft erfahren, wie eine Nachbarin den beiden Frauen erzählte.

"Wir haben empfunden, dass sie mitten in der Pampa ausgesetzt wurde", beschreibt Jutta Schweickert Mondays Ankunft in Bodenkirchen. Die Nigerianerin spricht Englisch, aber fast kein Deutsch. Licht und Schweickert waren am Tag der Ankunft mit ihr einkaufen gegangen und hatten Anwohner und Passanten angesprochen und gefragt, ob sie die Mutter und ihre kleine Tochter unterstützen könnten. Doch alle, so Schweickert, hätten bestritten, Englisch zu beherrschen.

Die Verteilung der Flüchtlinge soll diesen ein selbständigeres Leben ermöglichen, weil sie einkaufen und kochen können und in separaten Wohneinheiten leben. Monday brauche aber weiterhin viel Unterstützung, sind ihre Germeringer Helferinnen überzeugt. So müssten beispielsweise die medizinischen Untersuchungen der Tochter organisiert werden. Diese Hilfe, fürchtet Schweickert, könnte Monday in ihrer neuen Unterkunft fehlen. Ihre Hoffnungen setzt Jutta Schweickert in den Säugling: "Vielleicht ist das ein Eisbrecher für die Leute." Die Germeringerin hat seit Donnerstag jeden Abend mit der Asylbewerberin telefoniert. Auch Dorothea Licht will sich weiter um die Frau aus Nigeria kümmern und hat auch schon Kontakt zur Bodenkirchner Bürgermeisterin aufgenommen.

Im Don-Bosco-Heim, einer Erstaufnahmeeinrichtung wie der Münchner Bayernkaserne, sollen die Flüchtlinge nach Auskunft der Regierung von Oberbayern eigentlich nicht länger als vier bis sechs Wochen verbleiben. Danach werden sie von dort in sogenannte Anschlussunterkünfte vor allem in Oberbayern, Niederbayern und Schwaben verteilt. Andernfalls reiche der Platz für die täglich neu eintreffenden Asylbewerber nicht aus, so die Regierung von Oberbayern.

© SZ vom 28.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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