Gericht:Freispruch für Autoverkäufer

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Richter können 20-Jährigem Betrugsabsicht nicht nachweisen

"Wir sind der Meinung, dass beide Seiten getrickst haben." Dieses Fazit des Schöffengerichts verkündete Vorsitzende Richterin Anna Kappenschneider am Ende eines Betrugsprozesses in Fürstenfeldbruck. Dem Angeklagten, einem 20-jährigen Germeringer, hatte die Staatsanwaltschaft zur Last gelegt, beim Verkauf eines 5er-BMWs für 6500 Euro betrogen zu haben. Denn der Wagen hatte einen massiven Schaden an der Lenkung. Wie sich am zweiten Verhandlungstag aber herausstellte, kann dem jungen Mann keine Schuld nachgewiesen werden. Das Brucker Schöffengericht sprach den Angeklagten deshalb frei.

Zur Last gelegt wurde dem jungen Mann, der seinem Onkel in dessen Kfz-Handel in Germering aushilft, dass er einem Käufer bewusst ein Fahrzeug mit erheblichem Schaden verkauft habe. Als dieser sich zwei Tage später telefonisch beschwerte, soll der 20-Jährige laut Anklage dem Kunden gedroht haben, ihm den Schädel einzuschlagen. Am ersten Prozesstag vor dem Brucker Jugendschöffengericht leugnete der Angeklagte beide Vorwürfe. Er habe den Wagen erst kurz zuvor gekauft, sei also selbst betrogen worden, lautete die Aussage des Germeringers.

Um Erhellendes über diesen insgesamt äußerst dubiosen Kfz-Handel - dem Angeklagten war das Auto am Flughafen in München aufgefallen, er hatte sofort den Kauf klar gemacht und später gegenüber dem Käufer am Telefon behauptet, das betagte Fahrzeug mit den blinkenden Kontrolllämpchen habe "keinen Kratzer" und einen neuen TÜV - hatte das Gericht zwei weitere Zeugen geladen: die Mutter und den Onkel des Angeklagten. Am zweiten Prozesstag fehlten beide. Entschuldigt, wie die Vorsitzende erklärt. Beide seien in Rumänien, würden aber ohnehin von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Somit hatten sich die Möglichkeiten zu einer Beweiserhebung erschöpft.

Da der Vorbesitzer des BMW in der Verhandlung die entscheidende Aussage des Angeklagten bestätigt hatte (nämlich dass eine bestimmte Kontrollleuchte mit wenig Aufwand ausgeschaltet werden könne), konnte die Staatsanwältin dem Angeklagten keine Betrugsabsicht nachweisen. Obwohl sie persönlich der Ansicht sei, dass das alles "nicht sauber gelaufen ist", beantragte sie aus Mangel an Beweisen einen Freispruch. Ihrem Antrag schlossen sich sehr wortreich der Verteidiger sowie nach einer kurzen Beratungspause mit den Schöffen auch die Vorsitzende an. Eine Verurteilung sei angesichts dieser Beweislage nicht möglich, sagte Kappenschneider. Sie wies jedoch auf zwei weitere, ähnlich gelagerte Autoverkäufe des Angeklagten hin. Die hatte die Staatsanwaltschaft wegen dieses Verfahrens eingestellt. Nun könnten sie wieder aufgerollt werden.

© SZ vom 25.10.2017 / alin - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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