Gastchor:Hymnisch fließende Linien

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Als Meister des hymnischen Gestus zeigt sich der Colorado Symphony Chorus in Fürstenfeld. (Foto: Reger)

Chor aus Colorado begeistert mit brillant- strahlendem Klang

Von KLAUS MOHR, Fürstenfeldbruck

Es kommt nicht allzu oft vor, dass ein Gastchor aus den USA in der Fürstenfelder Klosterkirche zu hören ist. Interessant war daran insbesondere die Frage, ob und wie sich der Chorklang von den bei uns vorherrschenden Idealen unterscheidet. Wer am vergangenen Samstag bei schönstem Sommerwetter das Konzert mit dem Colorado Symphony Chorus sowie dem Colorado Children's Chorale besucht hat, ist um Erfahrungen reicher, die auch mit der amerikanischen Musiktradition zu tun haben.

Nach Paris und Strasbourg bildete das Konzert in Fürstenfeld die dritte Station dieser Reise. Unterstützt wurde der Chor von der groß besetzten Süddeutschen Kammerphilharmonie sowie von Evan Brandos (Bariton) und Christoph Hauser an der Marienorgel. Die Gesamtleitung hatte der Gründer des seit 1984 bestehenden Chores, Duain Wolfe, die Einstudierung des Colorado Children's Chorale lag in den Händen von Deborah DeSantis. Am Anfang stand eine Begrüßung von Pfarrer Albert Bauernfeind, auf die eine zweite von Kulturreferent Klaus Wollenberg für die Stadt folgte.

Das Programm setzte seine Schwerpunkte zu Beginn bei Werken, die die besonderen Stärken des Chores und damit auch sein genuines Selbstverständnis herausstrichen. Im Einführungstext war dazu von "freudig gestimmter Musik" die Rede, im Klangeindruck jedoch war es noch mehr: Zu hören war ein großer symphonischer Sound, in dessen Mittelpunkt ein brillant-strahlender Chorklang stand, der quasi plakativ den amerikanischen Traum eines "we can" in Musik zu übersetzen schien. Die Lautstärke überschritt das, was man von 90 erwachsenen Sängern und 40 Kinderstimmen erwarten würde, und doch stand alles in einer kraftvollen Balance, die positiv wirkte und die Musik keineswegs als Lärm wahrnehmen ließ. Mit verschiedenen Klangfarben spielte das Stück "Wondrous Love" im Arrangement von Samuel Lancaster, dessen fließende Linien fast an Filmmusik erinnerten.

Auf den ersten Blick schien es, als ob ein Requiem nicht in den Programmablauf passen würde. Doch die weichen Klanglinien, welche die einzelnen Chorstimmen aus der Horizontalen entwickelten, setzten in der Bestimmtheit ihres Vortrags ein positives Signal. Das galt beispielsweise für das Offertoire und setzte sich in der schlichten Tongebung des Bariton-Solisten fort. Allerdings tauchten immer wieder dann klangliche Probleme auf, wenn die dynamische Breite nicht das offene Forte einforderte, das den insgesamt überzeugendsten Eindruck hinterließ. Im Piano litt oft die Intonation unter der geringeren Spannung und brachte die diffizile Harmonik etwas ins Wanken. Gleichzeitig stellte sich mitunter dann auch ein Vibrato insbesondere in den hohen Stimmen ein, das der Klarheit und Geschlossenheit entgegenwirkte.

Ein Höhepunkt war das "Pie Jesu", dessen Sopransolo hier tonschön von dem Kinderchor übernommen wurde, und das sich wie ein Cantus firmus auf den Orchesterklang legte. Wie in den vorangegangenen Werken erwiesen sich die Sänger hier als Meister des hymnischen Gestus, der im Schlusssatz "In Paradisum" durch die filigranen Spielfiguren der Orgel jede Erdenschwere verlor. Damit waren dem Todesakzent eines Requiems die Verheißungen des Himmels musikalisch entgegengesetzt.

Wie eine Zusammenfassung der Klangkultur des Chores kam die abschließende Vertonung von Psalm 150 durch César Franck bei den Hörern an. Viel Beifall gab es zum Schluss vom Brucker Publikum für ein im wahrsten Sinne des Wortes erhebendes Konzert.

© SZ vom 11.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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