Fällung:Schneise im Wäldchen

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"Soll ja auch alles nicht verwildern": Der bewaldete Streifen auf dem einstigen Bahngelände - an der Lärchenstraße in der Alt-Buchenau - ist deutlich ausgelichtet worden, eine breite Schneise wird lediglich noch von einigen Bäumen gesäumt. Weitere Arbeiten sind vorerst untersagt worden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Mehr als 50 Bäume sind in der Alt-Buchenau offenbar ohne Genehmigung gefällt worden. Der Eigentümer begründet das mit seiner Verkehrssicherungspflicht. Möglicherweise muss er nun wieder aufforsten

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Für einige Anwohner der Alt-Buchenau ist es schlicht ein Schock: Der Waldstreifen, der sich etwa 130 Meter an der Bahnlinie entlangzieht und in dem mancher Buchenauer so etwas wie eine Grüne Lunge sehen, ist wohl etwa zur Hälfte gefällt worden. Offen ist, ob dies zulässig ist. Rathaus, Landratsamt und Forstamt sind sich nicht einig, wer für die Genehmigung zuständig ist. Im Kern geht es darum, ob das Areal nicht lediglich als Grün- sondern als Waldfläche eingestuft ist. Trifft das zu, dann wäre die Abholzung wohl unzulässig. Ein Angehöriger des Eigentümers rechtfertigt die Maßnahme mit seiner Verkehrssicherungspflicht.

Berthold Ott ist Sprecher der Bürgerinitiative "Alt-Buchenau aktiv", die sich vor gut zwei Jahren erfolgreich gegen die dichte Bebauung des einstigen Bahngrundstücks zur Wehr gesetzt hatte. Ott steht am Dienstagnachmittag am Rand des Grundstücks und zeigt sich entsetzt: "Wir sind bestürzt, dass dieses praktisch integrierte Waldgrundstück verwüstet worden ist", sagt er. Er schätzt, dass auf einer Länge von etwa hundert Metern deutlich mehr als 50 größere Bäume gefällt worden sind, wohl die Hälfte des Bestands, vornehmlich Fichten. "Im Graben steht auf halber Länge jetzt gar nichts mehr, nur noch am Hang stehen ein paar Bäume." Ott ist sauer und fühlt sich hintergangen. Denn der Sohn des Grundstücksbesitzers, eines Bauunternehmers, habe von einer "parkähnlichen Bebauung mit vier größeren Häusern" gesprochen, die hier geplant sei. Von großflächiger Abholzung aber sei nie die Rede gewesen. Der neue Eigentümer soll in Cham ansässig sein und das etwa 9000 Quadratmeter messende Areal vom Germeringer Bauträger Herbert Stark erworben haben. Stark, der auch Vorsitzender des Stiftungsrates der Germeringer Sozialstiftung ist, hatte das Waldgrundstück dicht bebauen wollen und in direkter Nachbarschaft den Bau eines Frauenhauses geplant, über dessen Grundstück die Zufahrt geschaffen werden sollte. Beide Projekte scheiterten am Widerstand des früheren Oberbürgermeister Klaus Pleil. Die Stadt blockierte die Bebauung des Waldstreifens mit Hilfe einer Veränderungssperre. Die ist mittlerweile ausgelaufen. Laut Stadtbaurat Martin Kornacher fehlt dem Waldgrundstück für eine bauliche Nutzung aber weiterhin die erforderliche Erschließung.

Weil es auch noch keinen gültigen Bebauungsplan gibt, stellt sich nun die Frage, ob der Eigentümer die Bäume fällen und zudem Teile des Areals auffüllen durfte. Die Stadt hatte ihn laut Kornacher aufgefordert, sich an die Untere Naturschutzbehörde zu wenden. Dort aber heißt es, das Forstamt sei für die Bewertung zuständig. Mitarbeiter des Forstamts, darunter Revierförsterin Anita Ottmann, machen sich am Dienstagmorgen ein Bild, nachdem die Arbeiten bereits in der vergangenen Woche begonnen hatten. Begleitet wird sie vom Sohn des Grundeigentümers. Nach Worten des Behördenleiters Günter Biermayer wird vorsorglich ein sofortiger Stopp der Fällarbeiten verfügt, um die Rechtmäßigkeit zu prüfen. Eine größere Zahl Kiefern bleibt also stehen. Zunächst geht Biermayer davon aus, dass das Grundstück im Flächennutzungsplan als Grünfläche eingestuft ist und deshalb eine Abholzung kaum zu verhindern wäre. Nach Rücksprache mit Forstamtsleiter Gero Brehm korrigiert sich Biermayer am Nachmittag: Die Fläche sei offenbar doch als Wald einzustufen. Erst wenn ein Bebauungsplan aufgestellt werde, könnte das Areal also als Grünfläche herabgestuft werden. Einen solchen Bebauungsplan aber gibt es nicht. Die möglichen Folgen: Der Grundeigentümer müsste Wald nachwachsen lassen oder sogar aktiv aufforsten.

Ob er dazu bereit ist, scheint fraglich. Telefonisch äußert sich der Sohn des Grundeigentümers am Dienstag sehr vorsichtig. Er räumt zwar ein, keine Genehmigung der Behörden zu haben, zweifelt aber an, dass dies überhaupt erforderlich ist. Eigentümer seien grundsätzlich berechtigt, durch Sturm oder Borkenkäfer geschädigte Bäume aus Waldstücken zu entfernen. Die sichtbare Schneise sei zum Abtransport der Stämme erforderlich. Es soll ja auch alles "nicht verwildern". Von einer geplanten "parkähnlichen Bebauung mit vier Häusern" will er nichts wissen: "Das ist nicht das, was wir anstreben, das Grundstück soll nicht bebaut werden."

Einige Nachbarn glauben eher, dass hier bei einem Spekulationsobjekt "vollendete Tatsachen geschaffen werden sollen". Am gestrigen Dienstagabend wurde deshalb eine erneute Versammlung von "Alt-Buchenau aktiv" einberufen.

© SZ vom 28.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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