Comeback:Pleils erster Auftritt

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Seit August hat sich der erkrankte Fürstenfeldbrucker Oberbürgermeister im Hintergrund gehalten. Beim Neujahrsempfang der Stadt in Fürstenfeld spricht der 52-Jährige erstmals wieder ein Grußwort

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Kurz nach 19 Uhr wird es mucksmäuschenstill im Stadtsaal. Die 350 geladenen Gäste halten den Atem an. Alles konnte man beim Neujahrsempfang der Stadt erwarten: den tadellosen Auftritt der Stadtkapelle, den zauberhaften Vortrag der White Angels, die Ehrungen und die Rede des Zweiten Bürgermeisters Erich Raff (CSU) als Gastgeber. Um kurz nach 19 Uhr bittet jener aber den Oberbürgermeister auf die Bühne. Es ist der erste offizielle Auftritt von Klaus Pleil (BBV) nach dem Herzinfarkt Ende August.

Besucht hatte er in den zurückliegenden Monaten bereits interne Weihnachtsfeiern von Stadtrat und Rathaus. Aber auch dort, ebenso wie bei Handballspielen des TuS oder am Marktsonntag, hatte er sich eher im Hintergrund gehalten. Beim Neujahrsempfang ergreift Pleil kurz das Wort. Er bedankt sich für die "überwältigende Anteilnahme" der Brucker. "Die vielen Karten und Briefe haben mir einfach gut getan." Ausdrücklich dankt er seinen Stellvertretern Erich Raff und Karin Geißler (Grüne), die auch die von ihm angestoßenen Projekte in seinem Sinne fortgeführt hätten. Dann ist die Rede, die sich Pleil auf einen Zettel notiert hat, wieder vorbei: "Jetzt überlasse ich dir, Erich, wieder das Feld". Pleil, der sich einen Vollbart mittlerweile wieder abrasiert hat, wirkt sehr schmal, sichtlich gezeichnet und hat noch nicht zu der "lockeren Art" zurückgefunden, für die er nach Worten Raffs bekannt ist. Aber es scheint ein erster Schritt zurück auf die politische Bühne zu sein.

Ausführlicher blickt dann Raff zurück und voraus. Er versucht erst gar nicht, seine Nervosität zu überspielen, und punktet gerade deshalb mit erfrischender Offenheit. Etwa als er den Assistentinnen aus dem OB-Vorzimmer, Gabi Liebl und Sophie Trnka, als Anerkennung für die ganze Organisation Blumen überreicht und im gleichen Atemzug einräumt, dass die beiden die Sträuße selbst besorgen mussten. Fast vergessen hätten sie in der Stadt einen Jahrestag: Am 1.1.2006 hatte der frühere Innenminister Günther Beckstein Fürstenfeldbruck offiziell zur Großen Kreisstadt befördert. Eine Urkunde habe man vergeblich gesucht, so Raff, immerhin aber ein formelles Bestätigungsschreiben gefunden. Und noch ein kleines Jubiläum gibt es: 1306 ist Fürstenfeldbruck das Marktrecht verliehen worden. 710 Jahre später bezeichnet der Zweite Bürgermeister die Bewältigung der Flüchtlingskrise und den Sozialen Wohnungsbau als die größten Herausforderungen für die Stadt.

Nach der Vorführung des neuen Brucker Imagefilms und dem Auftritt der drei elfjährigen Sängerinnen Celina Theme, Viktoria Kreidler und Lorin Artar, die unter Leitung von Robert Seiter "atemlos durch die Nacht" eilen, zeigt sich die Stadt von ihrer sehr nachhaltigen Seite. Dritte Bürgermeisterin Karin Geißler nimmt aus den Händen von Transfair-Referentin Carina Bischke eine Ernennungsurkunde entgegen. Fürstenfeldbruck ist nun Fairtrade-Stadt - die 393. in Deutschland und die 83. in Bayern. Claudia Calabrò (SPD) hatte 2013 den Antrag gestellt, sich um dieses Siegel zu bewerben und dafür auch in einer eigens gegründeten Steuerungsgruppe mitgearbeitet. Ziel ist es, den Verkauf von fair gehandelten Produkten anzukurbeln. Landwirte in den Erzeugerländern sollen stärker vom Verkauf profitieren. Darin sehen Geißler und Calabrò auch einen Beitrag für die Bekämpfung von Fluchtursachen. Bischke beziffert den Anteil von Fairtrade-Produkten beim Klassiker Kaffee bundesweit auf bislang enttäuschende drei Prozent und hofft auf Zuwächse. In Bruck gebe es ermutigende Ansätze, sind dort doch das als Fairtrade-Schule zertifizierte Viscardi-Gymnasium und das Nord-Süd-Forum ansässig.

Vor dem Sektempfang und der Eröffnung des reichhaltigen Buffets werden unter den Augen der wahren Brucker Regenten dieser Tage - Prinzessin Jessica I. und Florian I. von der Heimatgilde sowie Kathrin I. und Markus I. von den Faschingsfreunden - verdiente Fürstenfeldbrucker Bürger ausgezeichnet.

Die Geehrten: Besfort Berisha (Bayerische Rettungsmedaille), Tamara Oberender (Belobigung durch den Ministerpräsidenten), Sabine Euler (Ehrenzeichen des Ministerpräsidenten), Hans-Dieter Wurm (Bayerisches Feuerwehr-Ehrenkreuz in Gold), Johanna und Werner Moka (Goldenes Ehrenzeichen des BRK), Ulrich Schmetz (Bezirksehrenmedaille der AWO), Sepp Kink (Bezirksehrenmedaille ), Ludwig Lösch (Goldene Ehrennadel der CSU), Fritz Deschauer (Korbiniansmedaille), Franz Wütschner und Manfred Ludwig (beide Großkreuz am Bande), Sascha Meinhardt (BRK), Johann Haas und Peter Kaldun (beide Kolpingfamilie), Petra Grimm (Pucher Saitenmusik), Joachim Thurner (Gartenbauverein Puch), Johannes Hoffmann und Peter Wollein (Arbeitskreis Kloster Fürstenfeld), Ulrich Wittermann (Bachchor und -orchester), Christa Rath und Lidija Bartels (Tafel), Karl Bärmann (Feuerwehr), Andreas Süßl (Lebensretter) sowie Daniela Bartelheimer (Seglerin);

© SZ vom 23.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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