Jahreswende:Nachdenklicher Auftakt

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Fürstenfeldbrucks Zweiter Bürgermeister Erich Raff wünscht dem gesundheitlich noch angeschlagenen OB Klaus Pleil in seiner Neujahrsansprache gute Besserung und dankt den ehrenamtlichen Asylhelfern

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Das neue Jahr beginnt mit Nieselregen und dichtem Nebel. Als sich am Freitagmittag aber dann gut 200 Besucher auf dem Klostergelände einfinden, um es zwölf Stunden nach der großen Sause nochmals etwas besinnlicher zu begrüßen, da honoriert Petrus dies offenbar: Die Nebelschleier haben sich verzogen, der Regen pausiert. Lediglich der bleigraue Himmel über dem weitläufigen Klosterareal trübt ein wenig das harmonische Bild. Dazu passen die nachdenklichen Worte des Zweiten Bürgermeisters Erich Raff. In seiner Neujahrsansprache vor der Marienkirche, die auf den von Pfarrer Albert Bauernfeind zelebrierten Gottesdienst folgt, spannt er den Bogen von den Erfolgen und den Hiobsbotschaften im zurückliegenden Jahr bis zu den künftigen Herausforderungen. Im Blickpunkt steht vor allem der nach einem Herzinfarkt gesundheitlich noch angeschlagene Oberbürgermeister Klaus Pleil, dem sein Stellvertreter aus ganzem Herzen gute Besserung wünscht. Pleil hatte jüngst Weihnachtsfeiern der Stadtverwaltung und des Stadtrats besucht, sich dabei aber im Hintergrund gehalten und auf Ansprachen verzichtet. Dass er bei der Neujahrsfeier im Kloster nicht anwesend war, wurde von Raff, aber auch von vielen Gästen, darunter Alt-OB Sepp Kellerer und Brucker Stadträte, nicht ohne Sorge zur Kenntnis genommen.

Raff macht deutlich, dass ihm das Bürgermeisteramt Spaß mache und persönliche Erfahrungen bringe. Und er dankt den Bürgern und den Mitarbeitern im Rathaus fürs Vertrauen. Aber er macht auch deutlich, dass an seiner Stelle eigentlich ein anderer reden müsste. Einer, für den das Amt "ein Herzenswunsch" gewesen sei. Ein Wunsch, dem ihm eine große Mehrheit der Bürger auch erfüllt hatte.

Vor allem im Zeichen der Flüchtlingskrise stand die Kreisstadt 2015 - und das dürfte sich nach Überzeugung Raffs auch im angelaufenen Jahr nicht ändern. Er betont, dass die Menschen aus den Bürgerkriegsländern von der Bevölkerung und vor allem von den vielen ehrenamtlichen Helfern sehr gut aufgenommen wurden. "Wir schaffen das", sagt er mit den Worten von Kanzlerin Angela Merkel - nicht ohne im gleichen Atemzug anzudeuten, dass es dennoch wohl eine Grenze des Leistbaren gibt. Die könnte sichtbar werden, wenn es um die Suche nach Wohnungen oder Kita-Plätze oder um die Integration geht. Raff mahnt, auch diejenigen Brucker nicht zu vergessen, die nicht auf der Sonnenseite leben. Dass in den Wochen vor dem Jahreswechsel 16 000 Euro für den städtischen Hilfsfonds "Bürger in Not" gespendet worden sind, wertet er als Beleg für die Solidarität in der Stadt. Ins neue Jahr will der Zweite Bürgermeister denn auch vor allem "als Gemeinschaft" gehen.

Zwei Gruppen leisten an diesem Tag auf dem Klostergelände bereits einen ersten Beitrag: der Posaunenchor der Erlöserkirche, der mit 14 Musikern vertreten ist, und die neun Männer der Königlich Privilegierten Feuerschützen. Die Bläser, die sich vor 35 Jahren zusammengefunden haben und seit 23 Jahren von Kirsten Ruhwandl dirigiert werden, beschränken sich nicht auf die Darbietung getragener Choräle, sondern blicken mit modernen Arrangements durchaus beschwingt und optimistisch voraus. Dem schließen sich die von Erhard Regner geleiteten, 1993 gegründeten Böllerschützen an - mit ihren Salutschüssen aus Handböllern. Es sind die Werte und die Tradition, die diese Männer in den Bundhosen, mit den dunkelgrünen Jacken und teils grauen Rauschebärten symbolisieren. Nur wer regelmäßig mit einem tadellosen Führungszeugnis seine Unbescholtenheit dokumentieren kann, darf zu Vorderlader und Zündkappen greifen und das Jahr mit lautem Knall und Mündungsfeuer in bester Absicht "anschießen". Und so ziehen nach drei Durchgängen am ersten Nachmittag des Jahres erneut dichte Schwaden übers Kloster. Pulverdampf, der Petrus also gewiss nicht anzulasten ist.

© SZ vom 02.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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