Unterbringung von Asylbewerbern:Karmasin erhöht den Druck

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Die Dreifachturnhalle der Realschule Maisach will der Landkreis durch einen rund acht Millionen Euro teuren Neubau ersetzen. (Foto: Günther Reger)

Bei der Haushaltsberatung droht der Landrat im Kreistag damit, der Gemeinde Gröbenzell in den nächsten zwei Wochen 150 Flüchtlinge zuzuweisen. Daraufhin spricht Bürgermeister Schäfer von einem Privatkrieg

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen hat am Donnerstagabend Landrat Thomas Karmasin (CSU) im Kreistag seinen Haushalt durchgebracht. In den Haushaltsreden der Fraktionen, aber auch in sonstigen Debatten, war der Etat häufig nur eine Nebensache. Die Etatberatung, die ja auch eine politische Standortbestimmung ist, stand ganz im Zeichen der Flüchtlingskrise und der Unterbringung von Asylbewerbern. In diesem Zusammenhang kam es zwischen dem Landrat und dem Bürgermeister von Gröbenzell, Martin Schäfer (UWG), zu einem Eklat. Karmasin kündigte an, dass in den kommenden zwei Wochen Gröbenzell 150 Flüchtlinge zugewiesen würden. Dann werde man sehen, ob der "Gröbenzeller Weg" der dezentralen Unterbringung funktioniere. Worauf Schäfer erwiderte: "Wenn wir unseren Privatkrieg hier ausführen wollen, können wir das hier machen."

Der Gröbenzeller Rathauschef bat den Landrat, zuerst doch die sieben zur Verfügung stehenden Plätze in einer Wohnung in der Poststraße zu belegen, bevor er ihm 150 Menschen vors Rathaus stelle. Mit seiner Androhung hatte Karmasin auf die Vorhaltung von Martin Runge (Grüne), dem Zweiten Bürgermeister von Gröbenzell, reagiert, die Zusammenarbeit des Landratsamts mit den Kommunen sei mangelhaft. Laut Karmasin wird es für Gröbenzell Folgen haben, sollte es der Gemeinde nicht gelingen, den angekündigten 150 Asylbewerbern Unterkünfte zu verschaffen. Zwar sollen die Menschen nicht in der Kälte auf der Straße vor dem Gröbenzeller Rathaus stehen. Dann müssen andere Kommunen in die Bresche springen und die Flüchtlinge aufnehmen. Aber das Landratsamt wird sich dann laut der Ankündigung von Karmasin über die Gemeinde hinwegsetzen und auf einem der Kreisbehörde von einem Privateigentümer angebotenen Grundstück ein bisher unerwünschtes Quartier für Asylbewerber planen und bauen. Auch den Vorwurf von Runge, Stimmungsmache zu betreiben, weil er beispielsweise in Turnhallen untergebrachte Flüchtlinge in einer Presseerklärung im Sommer als "Winterurlauber" bezeichnet habe, wies der Brucker Landrat zurück. "Ich habe niemals Menschen abgewertet", erwiderte Karmasin. 60 Prozent der Zuwanderer sind laut dem Landrat keine Flüchtlinge.

Wie sehr der Landkreishaushalt des Jahres 2016 mit einem Gesamtvolumen von fast 228 Millionen Euro von der Flüchtlingskrise geprägt ist, erläuterte der FW-Kreisrat Michael Leonbacher. Laut Leonbacher ist es ein Märchen, "dass alle Aufwendungen dem Landkreis erstattet werden". Viele der Kosten für die Betreuung und Unterbringung der Asylbewerber bleiben am Landkreis hängen. Dies bekommen auch alle Kommunen zu spüren, die die um elf Prozent oder rund elf Millionen Euro auf 111 Millionen gestiegenen Kreisumlage an den Landkreis finanzieren müssen. Alle Ausgaben, für die der Landkreis keine eigenen Mittel hat, müssen die 23 Kommunen in Abhängigkeit von ihrer Finanzkraft decken. Insofern müssen die Kommunen nicht nur Quartiere nach einem mit dem Landrat vereinbarten Schlüssel anbieten, sondern auch einen Teil der Kosten mittragen. Der Haushalt umfasst auch 60 neuen Stellen für Mitarbeiter im Landratsamt. Von den Neuen sollen sich die meisten um Asylbewerber kümmern und so wieder mehr freie Kapazitäten für die eigentlichen Aufgaben des Landkreises schaffen.

© SZ vom 18.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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