Fürstenfeldbruck:Imker und Milchbauern wehren sich gegen Genmais

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Bei einer Kundgebung in Aich hagelt es Kritik an der Bundesregierung für ihre Rolle bei der EU-weiten Zulassung. Grüne weisen Hasselfeldt eine Mitschuld zu.

Von Stefan Salger

Erstmals sind Imker gemeinsam mit Milchbauern des BDM (Bundesverband Deutscher Milchviehhalter) bei einer Kundgebung aufgetreten. Auf dem Bienenhof Engelschall in Aich protestierten sie am Dienstag gegen die bevorstehende Zulassung des Genmaises 1507 durch die EU. Johann Drexl, Kreisobmann des Bauernverbandes (BBV), hingegen äußerte sich betont gelassen: Er glaubt nicht, dass der Mais im Landkreis angebaut wird.

Einträchtiger Protest: MIlchbauern und Imker machen ihren Unwillen über die Bundesregierung kund. (Foto: Johannes Simon)

Weil es bei der Abstimmung der EU-Staaten am Dienstag kein klares Votum für oder gegen den Anbau von Mais 1507 gab, soll nun die EU-Kommission entscheiden. Sie muss abwägen zwischen möglichen Gefahren für Mensch und Natur und höheren Erträgen, die durch die Resistenz gegen ein Unkrautvernichtungsmittel und den Maiszünsler erreicht werden sollen. Experten rechnen mit einer Genehmigung.

Dass sich Deutschland der Stimme enthalten hat, weil SPD und CDU in dieser Frage gespalten sind, stößt beim BDM auf heftige Kritik. Für Kreissprecher Johann Schamberger aus Moorenweis ändert daran auch Horst Seehofers ablehnendes Votum nichts: Der hänge nur wieder sein Fähnchen in den Wind, könne aber nicht verhindern, dass die Berliner Regierung den Koalitionsvertrag breche, in dem sie Gentechnik ablehnt. "Das ist Wahlbetrug", schimpft Schamberger. Und wieder kungele die Politik mit den Agrarkonzernen.

"Das wäre gar nicht nötig", pflichtet der Maisacher Landwirt Georg Spicker bei. Er bestreitet, dass es überhaupt Bedarf gibt. Durch Fruchtfolge und mechanische Schädlingsbekämpfung ließen sich ähnliche Erträge erwirtschaften wie durch den Einsatz der Gentechnik-Keule. Spicker warnt zudem vor der Abhängigkeit von Agrarkonzernen vom Schlage Monsantos.

Imker Christian Engelschall teilt die Bedenken. Er fürchtet, dass Bienenlarven, die mit Genmaispollen gefüttert werden, geschädigt werden könnten. Sollte es dazu kommen, dann würde sich dies auch auf die Erträge der Landwirtschaft auswirken, so Schamberger. Auch die Folgen auf den menschlichen Organismus seien längst noch nicht geklärt, warnt der Moorenweiser Landwirt Franz Rottenkolber. Weil ohnehin "mehr als 80 Prozent der Menschen gegen Gentechnik sind", solle man die Finger ganz davon lassen, empfiehlt Engelschall.

Imker und Milchbauern lassen zwar durchblicken, dass sie nicht wirklich mit einem Anbau solcher Pflanzen im Landkreis rechnen. Sie sträuben sich aber auch deshalb gegen die Zulassung, weil diese als "Türöffner" wirken könnte, etwa für Hormonfleisch oder verunreinigten Importhonig. Dem BBV-Chef Drexl, der in einem eher kleinbäuerlich strukturierten Landkreis den Anbau solcher Pflanzen allein schon wegen der Mindestabstände zum konventionellen Anbau für nahezu ausgeschlossen hält, widersprechen Imker und Milchbauern: "Vorgeschrieben sind nur wenige hundert Meter", so Engelschall, "aber die Bienen fliegen in einem Radius von drei bis fünf Kilometern".

Auch Drexl freilich sieht keinen Bedarf für Mais, der sich mit selbst produzierten Giftstoffen gegen Schädlinge wappnet. Gleichwohl mahnt er bei der Gentechnik zur Differenzierung. Besonders vitaminhaltiger Reis leiste in Indien einen durchaus wertvollen Beitrag zur Ernährung von Kindern.

Im Landkreis gibt es bislang lediglich aus Forschungsprojekten Erfahrungen mit Genmais. Im Versuchsgut Puch ist die 1998 von der EU zugelassene Sorte "Mon 810" acht Jahre lang auf sechs Hektar angebaut worden. 2007 wurde die Zulassung dann aber vom Bundesamt für Verbraucherschutz widerrufen wegen der Gefahr einer unkontrollierten Verbreitung.

Der Gentech-Mais 1507 aber sei "um ein Vielfaches giftiger als sein Vorgänger Mon 810", warnt die Germeringer Grünen-Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer. Sie wirft ihrer Bundestagskollegin Gerda Hasselfeldt in dieser Sache einen Zickzackkurs vor. Die CSU-Wahlkreisabgeordnete habe am 30. Januar gegen einen Antrag der Grünen gestimmt, die Bundesregierung in Brüssel zu einer Ablehnung der Zulassung zu verpflichten. Dies stehe "im klaren Widerspruch zur Position der CSU".

Ähnlich äußert sich die Sprecherin des Grünen-Kreisverbandes, Ingrid Jaschke: "Ich frage mich, wie Gerda Hasselfeld es ihren Wählerinnen und Wählern erklären will, wenn demnächst tatsächlich Genmais bei uns in Fürstenfeldbruck angebaut wird. Es ist eine Illusion, Bayern könne dauerhaft gentechnikfrei bleiben, wenn die CSU gleichzeitig die Zulassung neuer Gentech-Pflanzen auf EU-Ebene mit durchwinkt."

© SZ vom 12.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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