Vor der Insolvenz:Geldgeber

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Wer bezahlt Aufwandsentschädigungen von SCF-Fußballern? Der ehemalige Vizepräsident Andreas Conrad wird wegen versuchten Betrugs verurteilt

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Der SC Fürstenfeldbruck steht vor der Insolvenz, weil er offenbar über Jahre hinweg nicht seriös gewirtschaftet hat. Als Folge ereilte den Verein der Super-GAU, die Aberkennung der Gemeinnützigkeit und damit verbundene Steuernachforderungen in Höhe von 210 000 Euro. Das Muster, es mit Formalien nicht so genau zu nehmen und bei Abrechnungen und Belegführung nicht immer korrekt vorzugehen, zieht sich über viele Jahre. Nun wurde Andreas Conrad, 2014 und 2015 Vizepräsident des Vereins, vom Amtsgericht Fürstenfeldbruck wegen versuchten Betrugs zu einer Geldstrafe von 2100 Euro verurteilt. Der Prozess gibt auch einen Einblick in die Welt der Amateurfußballbranche.

In seiner Urteilsbegründung nennt Richter Martin Ramsauer die Einlassungen Conrads "widersprüchlich" und sieht es als erwiesen an, dass es im Jahr 2015 nicht Conrad war, der einen Betrag von etwa 2600 Euro für Aufwandsentschädigungen von Fußballspielern des damaligen Landesligisten (sechste Liga) zur Verfügung gestellt hatte, sondern Conrad das Geld zuvor von SCF-Präsident Jakob Ettner dafür erhalten hatte. Conrad aber forderte die Summe vom Verein für sich ein. Der 50-jährige selbständige Handelsvertreter nennt das Urteil "einen Witz", die Zeugen hätten sich abgesprochen.

Conrad war bei der Wahl von Jakob Ettner zum SCF-Präsidenten im Jahr 2014 zu dessen Stellvertreter ernannt worden. Zunächst arbeitete das Duo zusammen, später zerbrach das Verhältnis. Ettner fühlte sich von seinem Stellvertreter hintergangen. Conrad zog sich noch vor Ende der zweijährigen Amtsperiode zurück, um dann bei der nächsten Wahl im Mai 2016 als Ettners Gegenkandidat um den Vereinsvorsitz anzutreten. Er unterlag.

Während ihrer gemeinsamen Zeit war die Aufgabenverteilung indes klar geregelt, um die erste Männerfußballmanschaft kümmerte sich Conrad. Deren Spieler erhalten - so ist es im Amateurfußballgeschäft üblich - sogenannte Aufwandsentschädigungen. Der SCF ist zu diesem Zeitpunkt 2015 knapp bei Kasse, die Spieler drohten laut Conrad bereits damit, die Saison nicht zu Ende zu spielen, wenn kein Geld fließt. Deshalb habe er an jenem Tag für die Auszahlung an die Spieler das Geld selbst mitgebracht. Er habe dazu zweimal je 1000 Euro von seinem Konto abgehoben, dazu 500 Euro von einem Sparbuch. Dieses Sparbuch, wird Richter Ramsauer dann bemängeln, habe der Angeklagte niemals vorweisen können, auch in der Hauptverhandlung am Donnerstag nicht. Später sagt Conrad, er sei sich nicht sicher, ob die 500 Euro tatsächlich vom Sparbuch stammten. Er habe die Summe dann nicht gebraucht, denn er habe auch noch Geld aus der Barkasse des von ihm geführten Getränkemarktes dabei gehabt.

In seinen Schreiben an den Verein fordert er dann einmal jene 2600 Euro, einmal nur 1500 Euro ein. Ihm sei klar gewesen, dass er das Geld "eh nicht kriegen" werde und er wäre auch mit einem Teil zufrieden gewesen oder einer Spendenquittung, sagt Conrad vor Gericht.

Die Befragung der Zeugen - darunter neben Vereinspräsident Ettner auch die Schatzmeisterin, der Fußball-Abteilungsleiter, Conrads Nachfolgerin als Vizepräsidentin und der damals wirkende Geschäftsführer - ergibt ein anderes Bild der Abläufe. Demnach hat Jakob Ettner das Geld mitgebracht, das er zuvor erlöst hatte, weil er dem Verein einen alten Traktor abgekauft hatte. Dass Gelder an Fußballspieler aus privater Schatulle vorgestreckt werden, ist aber offenbar nicht unüblich beim SCF. Auch die Schatzmeisterin bestätigt im Zeugenstand, "auch mal aus eigener Tasche" dafür Geld bereit gestellt, es aber zurückbekommen zu haben. Conrads Rechtsbeistand Michael Neuhierl hält es indes für nicht bewiesen, dass Conrad nicht doch sein eigenes Geld dazu gegeben hat, denn bei einem Kader von etwa 20 Spielern sei davon auszugehen, dass etwa die doppelte Summe ausbezahlt worden sein müsse.

Warum er denn bei der Auszahlung des Geldes an die Spieler nicht selbst unterschrieben habe, will die Staatsanwältin von Conrad noch wissen. Der Angeklagte hatte auf die Quittungen, auf denen zunächst nur der Name des Vereins und des Spielers standen, erst zu Hause seinen eigenen Namen geschrieben - weil er sie ja einreichen wollte, sagt er dem Gericht. "Eine nachträgliche Manipulation", wird die Staatsanwältin später in ihrem Plädoyer sagen und 80 Tagessätze zu je 30 Euro fordern. Richter Ramsauer reduziert die Tagessätze für den Vater von zwei minderjährigen und zwei erwachsenen Kindern dann auf 70. Nach SZ-Informationen ist es denkbar, dass Conrad in Berufung geht.

Wie es mit dem SC Fürstenfeldbruck insgesamt weitergehen wird, ist ebenfalls noch unklar. Vergangenen Mittwoch lief die Frist ab, die der Insolvenzverwalter für den Zahlungseingang jener 100 000 Euro gesetzt hatte, die als Grundlage für einen Vergleich mit den Gläubigern dienen sollen. Doch die Gespräche, auch mit der Vereinsführung aus den beanstandeten Jahren 2010 bis 2013, um Begleichung des Schadens laufen SZ-Informationen zufolge noch.

© SZ vom 03.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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