Fürstenfeldbruck:Flüchtlingskinder brauchen am meisten Unterstützung

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Die Behörden setzen nur gesetzliche Vorgaben um, die Betreuung und Integration leisten Ehrenamtliche und die Caritas

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Um zu verstehen, wie sehr Flüchtlinge und Asylbewerber im Landkreis die Hilfe sozialer Einrichtungen wie der Caritas, von ehrenamtlichen Asylhelfern und zusätzlich in Einzelfällen noch finanzielle Zuwendungen benötigen, ist es wichtig zu wissen, wie deren Betreuung organisiert wird. Die Ausländerbehörde im Landratsamt, die für die dem Landkreis zugewiesenen Flüchtlinge zuständig ist, vollzieht laut ihrem Chef Dieter Bamesreiter lediglich die gesetzlichen Vorgaben. Die Menschen werden registriert, einer Unterkunft zugeteilt und sie erhalten die knapp bemessenen Mittel, die ihnen nach einem Leistungskatalog zustehen. Für alles andere, also für soziale Aspekte, für die Integration, für Deutschkurse oder den Schul- oder Kindergartenbesuch und dergleichen mehr und damit letztlich auch für die individuelle Betreuung in den Unterkünften selbst, ist die Behörde nicht mehr zuständig.

Hierzu arbeitet das Ausländeramt mit der Caritas zusammen, deren wenige Mitarbeiter wiederum auf die Unterstützung durch die Ehrenamtlichen der Helferkreise angewiesen sind. Wie Ralf Grath von der Brucker Caritas beteuert, leben Flüchtlinge in einem sehr reglementierten Umfeld, die daraus resultierenden Unzulänglichkeiten sind für haupt- und ehrenamtliche Betreuer eine Herausforderung. Wobei für hundert Asylbewerber ein hauptamtlicher Mitarbeiter finanziert wird. Das ist der offizielle Personalschlüssel.

Zudem treten immer wieder lange Übergangsphasen auf, in denen sich die Behörden selbst nicht einig sind, wer nun was bezahlt. Die Leidtragenden sind in solchen Situationen die Flüchtlinge und deren Kinder. Die viel beschworene Willkommenskultur mit einer menschenwürdigen Unterbringung und Versorgung im Landkreis kann also nur funktionieren, wenn sich viele engagieren und mithelfen.

Laut dem Vorsitzenden, Siegfried Schomburg, benötigt beispielsweise der Germeringer Arbeitskreis Asyl das meiste Geld für die Unterstützung und Förderung von Flüchtlingskindern. Schließlich sollen diese in der Schule die gleichen Voraussetzungen haben wie ihre Mitschüler. Besonders teuer ist die Erstausstattung bei der Einschulung, zudem fallen auch während eines Schuljahres ständig Ausgaben für Dinge wie Papiergeld, Hefte oder mal ein Buch an. Nicht zu finanzieren ist ohne zusätzliche Mittel die Unterbringung der Kinder in einer Mittagsbetreuung samt der obligatorischen Mittagsverpflegung. Und kommt ein Kind zur Welt, dann muss wieder der damit verbundene Sonderbedarf aus Spenden mitfinanziert werden. Der Bedarf ist also vielfältig. Zudem sollen am Heiligen Abend wieder alle Flüchtlingskinder ein Geschenkpaket erhalten.

Sport, wie bei einem Fußballspiel von Flüchtlingen gegen die Brucker BBV, sind beliebt und tragen zudem zur Integration bei. (Foto: Johannes Simon)

Immer knapp sind die Mittel für MVV-Fahrkarten, wenn Asylbewerber einen Sprachkurs in einem anderen Ort oder in München besuchen oder einen Behördengang, beispielsweise im Landratsamt, zu erledigen haben. So kann sich der Mammendorfer Helferkreis, für rund 70 Flüchtlinge gerade mal zwei Jahrestickets leisten, die ein älterer Senegalese verwaltet.

Schomburg berichtet auch davon, dass viele Flüchtlinge regelmäßig noch die Hälfte ihres Regelsatzes an Angehörige in ihrer Heimat überweisen, denen es noch schlechter geht. Dann müssen sie schauen, mit dem Rest hier irgendwie über die Runden zu kommen und sich bei einer Tafel mit Lebensmitteln versorgen. Helferkreise benötigen zudem ständig Fahrräder in jeder Größe für ihre Schützlinge und diese müssen, vor allem wenn sie schon alt und gebraucht sind, von Zeit zu Zeit repariert werden. Auch für solche Reparaturen wird Geld benötigt.

Sind Flüchtlinge chronisch oder schwerer krank, ist deren Bedarf an Medikamenten nicht immer mit dem hierfür zur Verfügung gestellten Mitteln zu bestreiten. Daran erinnert Wilhelm Dräxer, der Integrationsbeauftragte des Fürstenfeldbrucker Stadtrats und Referent für Migration der Münchner Caritas. Dräxler arbeitet seit inzwischen 28 Jahren in der Betreuung von Asylbewerbern. Daher weiß er, wie unverzichtbar oft zusätzliche Mittel oder eine kleine Handkasse für einen Helferkreis sein können. Einmal sei der Kauf einer Brille zu finanzieren, ein anderes Mal müsse einer hochschwangeren Frau, die in einem Erstaufnahmelager eintrifft, innerhalb kürzester Zeit die Erstausstattung für ein Neugeborenes zur Verfügung gestellt werden. Auf dem Behördenweg lässt sich das auf die Schnelle nicht organisieren, sagt der Migrationsbeauftragte.

Flüchtlinge, die in einem Erstaufnahmelager wie im Fliegerhorst oder Germering unterkommen, erhalten nur ein Taschengeld. Verpflegt und beherbergt werden sie ja. Etwas besser gestellt sind die Asylbewerber, denen in einer der vom Landkreis finanzierten oder gemieteten Unterkünfte ein Bett oder ein Zimmer zugewiesen wurde. Alleinstehende dieses Personenkreises erhalten etwa 290 Euro, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und sich zu verpflegen. Von diesem Regelsatz wurde bereits eine Pauschale für Nebenkosten wie Strom und Wasser abgezogen. Ehegatten erhalten eine niedrigere Summe. Das gilt auch für Kinder, deren Leistungen nach dem Alter gestaffelt sind.

Auch an anderer Stelle erhalten Flüchtlinge Unterstützung: Im Fliegerhorst gibt Asylhelfer Peter Rapp Kleider aus. (Foto: Günther Reger)

Finden anerkannte oder geduldete Asylbewerber eine eigene Wohnung, ziehen sie fast ohne eigene Habe in eine in der Regel leere Wohnung. Auch in diesen Fällen kümmern sich die Helfer.

Auf ein anderes Anliegen weist die Fürstenfeldbrucker Caritas-Chefin Claudia Ramminger hin. Für Flüchtlinge ist es wichtig, den Kontakt zu ihren Angehörigen zu halten. Gäbe es in einer Unterkunft oder in einer der Erstaufnahmeeinrichtungen eine Art Internetcafé, könnten die Flüchtlinge mit ihrer Familie skypen oder diese per E-Mail kontaktieren. Betreuer weisen immer wieder auf den hohen Stellenwert von Sport und Musik für das Miteinander und zur besseren Integration hin. Dazu werden Musikinstrumente, vor allem Trommeln, aber auch Sportgeräte benötigt. Den ehrenamtlichen Deutschlehrern, die Asylbewerber unterrichten, fehlt oft das Unterrichtsmaterial.

Der Adventskalender sammelt Geld, damit auch Flüchtlingen im Landkreis geholfen werden kann. Dazu sollen die Caritas Bruck einen Topf erhalten, über den die Betreuer zusammen mit den Helferkreisen verfügen sollen.

© SZ vom 06.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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