Fürstenfeldbruck:Das Kloster allein ist zu wenig

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Der Landkreis möchte für Touristen interessanter werden - und überlegt, wie er seine Vorzüge besser präsentieren kann.

Heike A. Batzer

Der Kabarettist tut sich natürlich leicht. "Landsberied", sagt Happo Schmidt über seine Heimatgemeinde, "ist das Klein-Val-d'Isere im Landkreis". Ein Wintersportort? In Landsberied gibt es einen Hügel am südlichen Ortsrand in Richtung Schöngeising, dort steht seit mehr als dreißig Jahren ein kleiner Schlepplift. Kinder aus dem ganzen Landkreis lernen dort das Skifahren, Skischulen bieten ihre Kurse an. Also doch: ein Wintersportort. In der kleinen Gemeinde Landsberied würden nur die wenigsten den Hügel als touristische Attraktion bezeichnen. Und dennoch: Er zieht Tagesbesucher an.

"Wir haben interessante Ausflugsziele", findet auch Gröbenzells Bürgermeister Dieter Rubenbauer (CSU) und meint damit nicht nur Kloster Fürstenfeld als bekannteste Sehenswürdigkeit. Auch das große Interesse, auf das alljährlich der "Tag des offenen Denkmals" stößt, ist für Rubenbauer Beweis dafür, dass es viel zu sehen gibt im Landkreis Fürstenfeldbruck. Touristisches Potential bescheinigen dem Landkreis auch Fachleute wie Stefanie Schuster vom Tourismusverband München-Oberbayern, "doch es ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft".

"Manche Schätze müssen erst gehoben werden", meint der FDP-Kreisrat und Stadtrat von Fürstenfeldbruck, Klaus Wollenberg, der Professor für Volkswirtschaftslehre, Wirtschaftspolitik und Regionalmanagement ist an der Hochschule München. Dort hat man herausgefunden, dass die Leistungen aus dem Tourismus für den Kreis Fürstenfeldbruck noch weitgehend unbedeutend sind: Mit 113 Gästeübernachtungen pro 100 Einwohner liegt Fürstenfeldbruck auf dem letzten Platz im Münchner Umland. 241 092 Übernachtungen hat das Bayerische Landesamt für Statistik im Jahr 2010 im Landkreis Fürstenfeldbruck ermittelt, nur Dachau hat noch ein paar weniger. Dagegen wurden 733 000 Übernachtungen in Freising und 800 000 in Erding gezählt.

2011 wird es nicht besser. "Wir können leider keinen touristischen Boom melden", sagt Claudia Metzner, die Tourismusfachwirtin im Fürstenfeldbrucker Rathaus, über das erste Halbjahr. 12 669 Gästeankünfte zwischen Januar und Juni in der Stadt Fürstenfeldbruck sind sogar weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Wie der Landkreis für Touristen interessanter werden könnte, erörtert derzeit eine eigene Arbeitsgruppe im Rahmen der Leitbilddebatte. Bei der jüngsten Sitzung hatte man Happo Schmidt und die beiden Fachfrauen vom Tourismusverband, Schuster und Angelika Nuscheler, hinzugezogen. Wichtig sei, zunächst die Stärken und Schwächen des Landkreises zu analysieren, dann Ziele zu setzen "und sich auch einzugestehen, welche Felder man nicht bedienen will", empfiehlt Schuster: "Das klassische Ferienhaus wie im Alpenvorland gibt es hier nicht." Und auch Rubenbauer, der Vorsitzender der Arbeitsgruppe ist, glaubt nicht, "dass jemand hier 14 Tage Urlaub macht, ohne dass er persönliche Beziehungen hierher hat".

Wer aber kommt dann in den Landkreis zwischen dem Großraum München und dem Fünf-Seen-Land? Publikum generieren vor allem die großen Kulturhäuser in Fürstenfeld, Germering, Puchheim und Olching - mit ihrem Kulturprogramm, aber auch als Tagungsstätten für Geschäftsreisende. Auch der Freizeitwert ist hoch im Landkreis, Radfahren und Wandern möglich. Eine Fahrradkarte mit Touren durch den Landkreis gibt es bereits. "Hier kann man den Münchner holen", empfiehlt Nuscheler. Hier ließe sich der MVV einbinden.

Einig sind sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe, dass vor allem eine bessere Vernetzung ausschlaggebend sein wird, um die eigenen Vorzüge herauszustellen. Die kulturellen Veranstaltungen, etwa die drei Kammermusikreihen, müssten vernetzt und ein gemeinsames Ticketing-System eingerichtet werden, schlägt Rubenbauer vor: "Der Landkreis könnte eine Steuerungsfunktion übernehmen." Horst Jirgl, Vorsitzender des Gewerbeverbandes Fürstenfeldbruck, redet der Einführung von Touchscreen-Monitoren an bestimmten Plätzen das Wort.

Die Idee, dort Informationen abrufen oder auch Hotelbuchungen vornehmen zu können, finde "zwar überall großen Anklang, aber keine Unterstützung. Dabei könnten hier die Geschäftsleute auch ihre Werbung drüberlaufen lassen." Jirgl ist sich sicher, dass "wir ein Info-Marketing benötigen. Die großen Städte boomen, das soll nicht an den Stadtgrenzen aufhören."

Aber "brauchen wir im Windschatten Münchens nicht Attraktionen wie die Therme Erding oder das Alpamare in Bad Tölz?" fragt CSU-Kreisrat Johann Stürzer. Solche Einrichtungen brächten Besucher und ein eigenes Profil. "Fürstenfeld ist zwar ein Juwel", findet Stürzer, "reicht aber alleine nicht. Da ist man in einem halben Tag durch." Wie man den Fürstenfeld-Besucher auch in die Stadt locken kann, daran arbeitet auch Claudia Metzner: "Wir müssen hier sehen, wie wir die Wegeverbindungen attraktiver gestalten und darauf hinweisen, dass es in der Stadt Fürstenfeldbruck auch Gastronomie gibt und Einkaufsmöglichkeiten."

Einbeziehen will sie zudem Attraktionen wie die neue Kletterinsel, den renovierten Pavillon an der Amper, das Amperareal, den Walderlebnispfad: "Das sind Dinge, wo wir punkten können." Ende des Jahres wird eine neue touristische Broschüre über die Große Kreisstadt in einer Auflage von 15 000 Stück erscheinen, die Stadtführer beenden derzeit ihre Ausbildung. Bis 2013, wenn das 750-jährige Bestehen von Kloster Fürstenfeld gefeiert wird, will man im Klosterareal weitere Akzente setzen: mit dem Umbau des Stadtmuseums, einer Erneuerung der Dauerausstellung über die Zisterzienser und einer städtischen Gemäldegalerie.

Andere Regionen sind in ihrer Selbstvermarktung deutlich weiter. Das Starnberger Fünf-Seen-Land preist sich über einen eigenen Tourismusverband an. Sich dort als Bestandteil einzubringen und sich "nicht an der Landkreisgrenze abzuschotten", regt deshalb der Gröbenzeller CSU-Gemeinderat Reinhard Paesler an, der bis zu seiner Pensionierung vor drei Jahren akademischer Direktor am Lehrstuhl für Wirtschaftsgeografie und Wirtschaftsforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität in München war. Das Naherholungsgebiet mit Ammersee, Starnberger See, Wörthsee, Pilsensee und Weßlinger See beginnt gleich hinter der Brucker Landkreisgrenze. Allein Kloster Andechs zieht dort jährlich 1,5 Millionen Besucher an.

Die Kommunalpolitik müsste verstärkt erkennen, dass man "auch über den Tourismus den Wohlstand einer Gemeinde herstellen kann", sagt der Kommunalpolitiker Wollenberg. Bestes Beispiel ist für ihn der Ort Bergkirchen im Landkreis Dachau. Dort seien einige Landgasthöfe zu Hotels ausgebaut worden und genössen zwischenzeitlich "einen überragenden Ruf".

Im Landkreis Fürstenfeldbruck hingegen gibt es zu wenige Hotelbetten für Übernachtungsgäste. Vor allem in der Nähe der Kulturzentren besteht Bedarf, dort kommen die Seminar- und Tagungsteilnehmer, häufig für mehrere Tage. Hier bräuchte man zum einen Fachleute aus der Reisebranche, sagt Jirgl, die für diese Geschäftstouristen auch ein Abendprogramm zusammenstellten - und zum anderen dringend weitere 4- oder 5-Sterne-Häuser.

© SZ vom 04.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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