Forschungsarbeit:Die Spuren der Zeit

Lesezeit: 2 min

Vor fast 100 Besuchern stellte der Historiker Stefan Trinkl seine Dissertation zum Zisterzienserkloster unter Abt Balduin Helm vor. (Foto: Günther Reger)

Stefan Trinkls Dissertation beschäftigt sich mit der Historie Fürstenfelds

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

Kaum eine Veröffentlichung über das Kloster Fürstenfeld lässt den Hinweis aus, dass Hofbaumeister Giovanni Antonio Visacardi den Neubau des barocken Klosters Fürstenfeld einst im Auftrag des Kurfürsten Max Emanuel gleichsam als einen "bayerischen Escorial" entwarf oder dass der Architekt die Vorstellungen des Kurfürsten von einem "bayerischen Escorial" verwirklichen sollte. Der Historiker Stefan Trinkl, der sich während seiner Studienzeit intensiv mit dem Kloster befasste und in seiner erst vor kurzem veröffentlichten Doktorarbeit "Das Zisterzienserkloster Fürstenfeld unter Abt Balduin Helm 1690-1705" intensiv beleuchtete, kratzt nun ein wenig an dieser verfestigten Darstellung. Auch wenn es seiner Meinung nach durchaus denkbar wäre und es auch in die Zeit passen würde, dass der Kurfürst den Architekten damals entsprechend instruierte.

"In der Historie taucht kein Wort darüber auf, dass Max Emanuel das so angeschafft hat", verkündete Trinkl bei seinem Vortrag "Das Kloster Fürstenfeld im 18. Jahrhundert", zu dem der Historische Verein unlängst ins Veranstaltungsforum eingeladen hatte. Mit dem Impetus eines Forschers zählte Trinkl auf, bei welchen namhaften Historikern, die über das Kloster schrieben "kein Wort" zu finden sei, nicht einmal der letzte Abt des Klosters, Gerhard Führer, habe in seiner Chronik darüber etwas verlauten lassen. Erst in den 1960er Jahren tauche die Bezeichnung Escorial in der Literatur auf, erläuterte Trinkl vor knapp 100 Zuhörern, um dann mit der Anmerkung "das Kloster Fürstenfeld ist aber durchaus ein bayerischer Escorial" den Kratzer wieder etwas zu verwischen.

Weiter berichtete Trinkl über den Aufwand, den das Kloster bei Abtwahlen hatte. Zur geheimen Wahl kamen neben zahlreichen Klostervorstehern samt Begleitmannschaft auch zwei kurfürstliche Beamte, die im Auftrag des Landesherrn die Wahl überwachen und letztlich auch bestätigen mussten. "Der Kurfürst wollte schließlich die richtigen Leute auf dem wichtigen Posten haben", sagte Trinkl. Die Wahl von Abt Balduin Helm im Jahre 1690 habe 690 Gulden gekostet, andere deutlich weniger. Nach den Recherchen des noch jungen Doktors der bayerischen Geschichte, umfasste der Konvent Anfang des 18. Jahrhunderts insgesamt 40 Mönche, die zu etwa 80 Prozent aus städtisch-bürgerlichen Verhältnissen kamen, zum Ende des Jahrhunderts, kurz vor der Aufhebung des Klosters im Zuge der Säkularisation, waren es nur noch etwa 25. Interessant sei, dass manche Mönche aus der Oberpfalz stammten, fand Trinkl, was aber damit zusammenhänge, dass vom Kloster Fürstenfeld aus unter Abt Martin Dallmayr (1612 - 1690) die Wiederbelebung des Zisterzienserklosters in Waldsassen betrieben worden war.

Trinkl stellte auch heraus, dass sich einige der Äbte von Fürstenfeld schriftstellerisch betätigten oder bekannte Prediger waren. Abt Balduin Helm habe in seiner 15-jährigen Amtszeit trotz der Belastungen durch den Klosterbau elf theologische Werke verfasst und sei immer wieder, zum Beispiel zur Einweihung der Michaelskirche oder zur Hundertjahrfeier der Hofkapelle in der Münchner Residenz, eingeladen worden, erzählte Trinkl mit Verweis auf seine Dissertation. Bei der wirtschaftlichen Betrachtung des Klosters war Trinkl aufgefallen, dass die Wallfahrt zum heiligen Leonhard in Inchenhofen, das seit der Klostergründung von Fürstenfeld verwaltet wurde, vor dem Spanischen Erbfolgekrieg weit mehr "Stockgefälle" einbrachte, als etwa die Wallfahrten zum heiligen Willibald in Jesenwang oder zur seligen Edigna in Puch.

829 Gulden in einem Jahr in Inchenhofen standen insgesamt 18 Gulden bei den beiden anderen Wallfahrten gegenüber. Dies sei ein deutlicher Beleg dafür, dass die Inchenhofener Wallfahrt damals für das Kloster nicht nur seelsorgerisch, sondern auch wirtschaftlich von größter Bedeutung gewesen sei. Die in Buchform beim Herbert Utz Verlag veröffentlichte Dissertation "Das Zisterzienserkloster Fürstenfeld unter Abt Balduin Helm 1690-1705" ist unter ISBN 978-3-8316-4438-4 im Buchhandel erhältlich.

© SZ vom 08.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: