Folgen der Flüchtlingskrise:Teures Personal

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Ob die Flüchtlingskrise auch finanzielle Folgen für den Landkreis hat, lässt sich nach Einschätzung von Landrat Karmasin "schwer beziffern". Fakt ist jedoch, dass mehr Mitarbeiter dafür auch mehr Geld kosten

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Inwieweit hat die Flüchtlingskrise auch finanzielle Folgen für den Landkreis? Das sei im Moment "schwer zu beziffern", sagt Landrat Thomas Karmasin (CSU). Denn die durch die Asylbewerber anfallenden Kosten werden dem Landkreis durch übergeordnete politische Ebenen erstattet - so ist es zumindest vorgesehen. Allerdings sind dem Kreis durch die Aufnahme der vielen Menschen längst weitere Kosten entstanden. So wurden am Landratsamt Fürstenfeldbruck zuletzt 50 neue Stellen geschaffen, 40 davon befassen sich mit Asylangelegenheiten: im Ausländeramt, im Jugendamt, im Bauamt.

Die Personalkosten stiegen allein dadurch um 2,2 Millionen Euro an. Zusammen mit Gehaltssteigerungen wird der Landkreis 2016 3,4 Millionen Euro mehr für sein Personal ausgeben als in diesem Jahr. Einzig für die Objektbetreuer in den Asylunterkünften erhalte man vom Staat eine Pauschale, erläutert Karmasin. Er hatte vor kurzem bereits in einem der Ausschüsse des Kreistags darauf hingewiesen, dass es "bei den Haushaltsberatungen in den kommenden Jahren durchschlagen" werde, wenn anerkannte Flüchtlinge mitsamt Familiennachzug keine Arbeit fänden und dann Anspruch auf Hartz IV hätten. Denn der Landkreis ist für die Finanzierung der Unterkunft von Hartz-IV-Beziehern zuständig. Seine Recherchen bei der Arbeitsagentur hätten ergeben, dass von den Asylbewerbern, die derzeit dort gemeldet seien, nur fünf Prozent einen Arbeitsplatz bekommen hätten. Bei optimistischer Rechnung, so Karmasin zur SZ, würden es vielleicht künftig 20 Prozent sein.

Für das kommende Jahr kalkuliert der Landkreis mit 17 Millionen Euro an Aufwendungen für Asylbewerber sowie zwölf Millionen Euro für die sogenannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF), die vom Kreisjugendamt betreut werden. Die Summen müssen im Kreishaushalt eingestellt werden. "Wir gehen aber davon aus, dass wir das vom Bezirk wieder kriegen", sagt Karmasin. Allerdings sieht er dabei "Raum für eine Unmenge an Streit" zwischen den politischen Ebnen. Das beginne schon bei der Frage, was ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling denn sei. Ist der 18 Jahre alt oder älter?

Am kommenden Montag beginnen die Kreisräte mit den Beratungen für den Haushalt 2016, nach sieben Sitzungen soll er beschlossen werden. Es ist das zweite Mal in diesem Jahr, denn die Etatdiskussion für 2015 war auf Anfang des Jahres 2015 verlegt worden - wegen der Flüchtlingskrise. Damit verschoben sich auch Investitionen, für die insgesamt fast 17 Millionen Euro bereit gestellt waren. Nur acht Millionen davon wurden bislang abgerufen. Man habe wegen der Verschiebung der Haushaltsberatungen auch die Bauarbeiten verschieben müssen, heißt es dazu im Etatentwurf. Landrat Karmasin ließ sich kürzlich in seinem Bauamt vom Fortgang der Vorhaben informieren und kam zu dem Schluss: "Wegen der Flüchtlingskrise ist nichts in Stocken geraten." Investiert wird weiter vor allem an den Schulen: Die Berufsschule wird neu gebaut, die Realschulen in Puchheim und Germering erhalten Anbauten für die gebundene Ganztagsschule. 16 Millionen Euro will der Landkreis im nächsten Jahr an Krediten aufnehmen. Eine "nachhaltige Belastung für die Kreisumlage" kündigt er seinen Kommunen schon mal an, die das Loch zwischen Einnahmen und Ausgaben des Landkreises füllen müssen, das 2016 bei 112 Millionen Euro liegen wird.

Die Höhe der Kreisumlage ist alljährlich ein Zankapfel bei den Beratungen. Für 2016 soll sie bei 50,48 Punkten liegen - so niedrig wie seit zehn Jahren nicht. Doch Zahlen können trügerisch sein: Die 112 Millionen Euro ungedeckter Finanzbedarf des Landkreises sind ein neuer Höchstwert. Je mehr die Kommunen beisteuern müssen, desto mehr Geld fehlt ihnen im eigenen Säckel. Das gilt nicht nur für den Landkreis Fürstenfeldbruck. So erklärten 40 Prozent der jetzt von den Wirtschaftsprüfern von Ernst & Young (EY) befragten 300 größeren Kommunen, dass sie 2016 zusätzliche Schulden machen müssten - wegen der Flüchtlingskrise. Ein Drittel der Kommunen will dafür an anderer Stelle sparen oder Investitionen verschieben. Vielerorts werde vor allem improvisiert, fasst EY-Experte Hans-Peter Busson zusammen.

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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