Bundesfreiwilligendienst im Landkreis:"Es war eine gute Erfahrung"

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Die meisten jungen Erwachsenen, die ein Jahr als als Freiwillige arbeiten, freuen sich über die lehrreiche Zeit und empfehlen die Tätigkeiten weiter

Von Heike Batzer, Fürstenfeldbruck

Ein Jahr zur beruflichen oder persönlichen Orientierung, zum Überbrücken zwischen Schule und Studium oder zum Sammeln erster Praxiserfahrungen: So lauten zumeist die Motive der jungen Bundesfreiwilligen. Die meisten äußern sich am Ende sehr zufrieden mit den Kompetenzen, die sie in dem Jahr erworben haben und empfehlen diese Form des Engagements zumeist weiter. Die SZ hat mit vier von ihnen gesprochen.

Lea Reichel, Eugen-Papst-Schule

Lea Reichel (Foto: oh)

Lea Reichel war quasi die Testperson - als erste Bundesfreiwillige an der Eugen-Papst-Schule in Germering. Es traf sich gut, dass das sozialpädagogische Förderzentrum, in dem ihr Vater Konrektor ist, jemanden suchte, und sie nach dem Abitur, das sie schon mit 17 Jahren am Germeringer Carl-Spitzweg-Gymnasium ablegte, befand, dass "es zu früh zum Studieren" sei. Aufgaben für sie gab es viele an der Schule, etwa bei der Vorbereitung von Frühstück und Mittagessen mitzuhelfen, die Kinder im Rahmen des Pferdegestützten Lernens beim Reiten oder die Outdoor-Gruppen zu begleiten, ins Schullandheim mitzufahren. Mit sechs Mädchen gründete sie einen kleinen Chor, der nun bei der Verabschiedung der neunten Klasse noch einen Auftritt hatte. Lea Reichel hat erfahren, dass "man dabei keine Minute hat, in der man abschalten kann". Sie hat aber auch erlebt, dass sie den Kindern eine Vertrauensperson sein konnte - auch weil sie "kein Lehrer und vom Alter her näher an den Schülern dran" ist. Ihr Wunsch, Psychologie zu studieren, habe sich durch den Bundesfreiwilligendienst "total bestätigt", sagt die 18-Jährige. Das Jahr war ihr eine wertvolle Orientierungshilfe und der Arbeitstag von sieben Uhr morgens bis halb vier am Nachmittag "eine ganz andere Anstrengung" als sie es von der Schule gewohnt war. "Es ist eine gute Erfahrung", sagt Lea Reichel.

Sophie Schuhmacher (Foto: Johannes Simon)

Sophie Schuhmacher, Cordobar

Mit Kindern, das wusste Sophie Schuhmaher, kommt sie gut klar. Ob das mit Jugendlichen auch so ist, wollte sie durch den Bundesfreiwilligendienst ausprobieren. Nach dem Jahr in der Germeringer Jugendbegegnungsstätte Cordobar kam sie zu der Erkenntnis, dass sie "mit Jugendlichen auch sehr gut kann". Deshalb fühlt sie sich nun in ihrem Berufswunsch Gymnasiallehrerin bestätigt. Im Herbst will sie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München ein Lehramtsstudium beginnen. Über die vielfältigen Einsatzgebiete in der Cordobar freute sie sich: "Ich durfte mich da ausprobieren". Sie reichten von der Pressearbeit für Veranstaltungen über Nachhilfe bis zur offenen Betreuungsarbeit, auch bekam sie bei der Organisation von Veranstaltungen Einblick in die Bereiche Booking und Tontechnik. Und der Kontakt mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund habe ihr geholfen, Hemmschwellen abzubauen: "Eigentlich sind doch alle gleich und haben die gleichen Probleme." Und sie hat auch "einen anderen Blick auf die städtische Arbeit" gewonnen, wie sie sagt. Denn die 19-Jährige sitzt seit eineinviertel Jahren für die Grünen im Germeringer Stadtrat. Und während ihrer Tätigkeit in der Cordobar hat sie mitbekommen, "wie hinderlich die ganze Bürokratie ist und wie lange Entscheidungsprozesse oft dauern".

Tasso Laege. (Foto: oh)

Tasso Laege, Hilf e.V.

Eine Reise oder was Soziales, war die Überlegung von Tasso Laege nach dem Abitur. Er entschied sich für das Soziale. "Die Arbeit mit Kindern liegt mir", sagte sich der 19-jährige Gröbenzeller, arbeitete er doch schon in der Nachmittagsbetreuung der Schule mit und gibt selbst Nachhilfe in Mathe, Englisch und Latein. Beim Verein Hilf begleitete er im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes einen 14-jährigen Schüler mit einer sogenannten Autismus-Spektrums-Störung. Die Auswirkungen der Störung behindern auf vielfältige Weise die Beziehungen des Betroffenen zu seiner Umwelt, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft und die Fähigkeit zur Eingliederung in die Gesellschaft. Autistische Kinder brauchen deshalb Unterstützung. Tasso Laege begleitete den Jungen täglich im Bus zur Schule, einem Förderzentrum in München. Auch dort half er ihm durch seinen Alltag - oft mit ganz einfachen motorischen Übungen, etwa kleine Plastikmünzen auf Schnürsenkel aufzufädeln. Laege zeigte ihm, wo die Jacken aufgehängt werden, "das kannte er vorher noch nicht".

Es sind "diese kleinen Schritte", sagt Tasso Laege, die die anspruchsvolle Aufgabe für den Begleiter zu einem "erfüllenden Gefühl" machen. Und: "Man bekommt ein Feedback". Das sieht bisweilen so aus: Weil die Schulbegleiter ein ganzes Jahr mit ihrem zu betreuenden Kind unterwegs sind, sind sie selbst natürlich an der ganzen Schule bekannt. Und morgens reinzukommen, und "schon wird man von den ersten vier Kindern abgeklatscht", das werde er vermissen, sagt Laege. Dass er das soziale Jahr eingehängt hat nach dem Abitur am Gymnasium Puchheim, hat er nicht bereut, im Gegenteil: "Es war eine schöne Zeit". Er selbst sei jetzt auch viel entspannter, habe gelernt, dass es auch ein anderes Lerntempo gebe als jenes, das er selbst kennen gelernt hat. Sein letzter Arbeitstag war der 31. Juli, seitdem ist er für acht Monate auf Weltreise. Start war in Australien, danach will er studieren. Was genau, weiß Tasso Laege noch nicht.

Alena Stumper, KJR

Der Kinderzirkus und das Spielmobil des Kreisjugendrings (KJR) waren Alena Stumper noch aus ihren Kindheitstagen vertraut, dort hat sie öfter mitgemacht. Später tauschte sie dann die Rollen und war als Bundesfreiwillige diejenige, die die Kinder beim Spielen und Basteln anleitete. Die unterschiedlichsten Aufgaben hat sie dort übernommen, war neben dem Spielmobil auch bei Seminaren etwa zur Stärkung der Klassengemeinschaft dabei oder half beim KJR mit, die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die in den Landkreis gekommen waren, über die Weihnachtstage zu betreuen. Nach ihrem Fachabitur an der Fachoberschule in Fürstenfeldbruck vor einem Jahr wollte die Mammendorferin erst mal "raus aus der Schule und was arbeiten oder etwas Soziales machen". Beim KJR konnte sie "mal in die Arbeitswelt reinschnuppern", wie sie sagt, und erfahren, "wie lange so eine 39-Stunden-Woche ist". Jetzt möchte die 19-Jährige zur Polizei gehen, "weil ich ein gerechtigkeitsliebender Mensch bin", wie sie sagt, und der Beruf viele Facetten habe. Gleichzeitig hat sie sich auch bayernweit für die Studiengänge Soziale Arbeit, Trainingswissenschaften und Erneuerbare Energien beworben und wartet nun darauf, irgendwo den Zuschlag zu erhalten. Dem KJR will sie weiterhin als Ehrenamtliche beim Spielmobil und bei Ferienfahrten zur Verfügung stehen.

© SZ vom 14.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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