Emmering:Gefährlicher Spaziergang

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Amtsgericht verurteilt 64-jährigen Autofahrer wegen Nötigung

Eine Familie, vom Opa bis zu den Enkeln, macht einen Spaziergang, als ein Golf sehr schnell auf die sechsköpfige Gruppe zufährt. Die beiden Männer springen beiseite, kurz vor der Frau mit Kinderwagen und Kleinkind daneben stoppt der Wagen. Der Fahrer steigt aus, die drei Männer geraten in ein Handgemenge, bei dem auch eine Art Schlagstock eine Rolle spielt, und kullern einige Meter eine Böschung hinunter. Der ältere Spaziergänger hat am Ende einen gebrochenen Zeh. Wegen dieses Vorfalls im Oktober 2015 hat ein Richter am Amtsgericht Fürstenfeldbruck den 64 Jahre alten Golffahrer zu einer neunmonatigen Bewährungsstrafe und einem Jahr Führerscheinentzug verurteilt. Dagegen ging der Verurteilte in Revision, weshalb der Fall nun erneut vor dem Amtsgericht verhandelt wurde.

Allerdings leitet nun ein anderer Richter die Verhandlung. Wie dieser, Johann Steigmayer, zu Prozessbeginn erläutert, hatte das Oberlandesgericht (OLG) die Verurteilung wegen Straßenverkehrsgefährdung aufgehoben. Der Schädigungsvorsatz sei in der damaligen Verhandlung nicht hinreichend festgestellt worden, erklärte das OLG und billigte die Revision.

Wie der Angeklagte berichtet, fuhr er auf der Siedlerstraße vom Campingplatz an der Amper kommend Richtung Emmering, als er die Spaziergänger - seiner Wahrnehmung nach drei oder vier, da die Mutter ein Kind auf dem Arm trug, das andere im Kinderwagen lag - sah. Nach eigenen Angaben ging er sofort vom Gas und fuhr mit 20 bis 30 Stundenkilometern und "vielleicht 30 Zentimeter" Abstand an der Gruppe vorbei. "Dann fahren Sie halt langsamer", rügt der Richter. Der 64-Jährige hebt hilflos die Schultern. Auch weshalb er zurückgefahren war, nachdem etwas gegen seine Heckscheibe "gedonnert" war, kann er nicht erklären. Ebenso warum er überhaupt ausgestiegen ist. Auch die Erklärung, wieso er das einem Schlagstock ähnliche Starkstromkabel mitgenommen hat, ist dünn: "Zur Selbstverteidigung." Der Angeklagte schildert zunächst eine ruhige Unterhaltung, die zum Gerangel wird, als ihn der Sohn mit seinem Handy fotografiert, er diesem das Gerät mit dem Kabel aus der Hand schlagen und der Vater ihm wiederum das Kabel entreißen will.

Weitaus drastischer schildern die Spaziergänger die Begegnung. "Er fuhr Vollgas rückwärts auf uns zu", sagt die 35-jährige Schwiegertochter. Ihr Schwiegervater ist überzeugt: "Der hätte mich umgefahren", wenn er nicht zur Seite gesprungen wäre. "Es war definitiv so, dass ich Angst hatte", berichtet ihr Mann. Auch was sich abspielte, nachdem der Angeklagte ausgestiegen war, schildern alle drei wesentlich aggressiver. Demnach hatte der 64-Jährige sofort mit seinem Stromkabel ausgeholt und nach dem Handy geschlagen, dessen Rahmen bei dem Sturz auch noch beschädigt wurde.

Für die Staatsanwältin ist der Fall nach der Zeugenvernehmung klar: "Er wollte eine Gefährdung herbeiführen, andere sollten den Weg frei machen", sagt sie. Und beantragt 15 Monate zur Bewährung wegen Straßenverkehrsgefährdung. Eben dieses Delikt sieht Steigmayer nicht erfüllt, "da es nicht zu einer konkreten Gefährdung kam", die beiden Männer seien zuvor beiseite gesprungen. Er verurteilt den nicht Vorbestraften wegen Nötigung, vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung zu acht Monaten Haft, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Der im April eingezogene Führerschein bleibt noch vier Monate gesperrt, so dass der Rentner dann auch ein Jahr ohne Fahrerlaubnis war.

© SZ vom 14.01.2017 / alin - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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