Egenhofen:Außer Betrieb

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Die 1612 erbaute Dreifaltigkeitskirche im Egenhofener Ortsteil Waltenhofen ist einsturzgefährdet. Wer schuld ist und wer zahlen muss, darüber wird jetzt gestritten. Das Gotteshaus bleibt derweil unbenutzbar

Von Manfred Amann, Egenhofen

Wenn auf der Ortsdurchfahrt in Waltenhofen ein Laster oder ein Traktor unterwegs ist, dann kann es einem in der Sankt-Dreifaltigkeits-Kirche nebenan ob des Polterns und des leichten Bodenzitterns schon mulmig werden. Passieren kann zwar eigentlich nichts, weil die gesamte Decke des Gotteshauses mit ihrem barocken Stuckwerk fast lückenlos abgedeckt und abgestützt ist. Dennoch ist die Kirche seit fast fünf Jahren zugesperrt und niemand weiß, wann sie wieder einmal genutzt werden kann. Und Schuld daran ist wieder Mal ein Streit um das liebe Geld, das die Kirchenstiftung nicht hat, und das weder das Erzbischöfliche Ordinariat München-Freising noch das Landratsamt Fürstenfeldbruck als Bauherr der Straße freiwillig für eine Sanierung des kleinen kulturhistorischen Juwels zur Verfügung stellen wollen.

Es war im Jahre 2012, als im Auftrag des Landratsamtes die Ortsdurchfahrt ausgebaut und entlang der Kirche ein Gehstreifen befestigt wurde. Als schwere Maschinen wie der "Rüttler" im Einsatz waren, mit der man den Unterboden befestigt, wurden Risse in der Raumschale der Kirche erkennbar, die es zumindest in der Größe vorher offensichtlich noch nicht gegeben hatte. Außerdem rieselten Mauer- und Stuckwerkbrösel zu Boden. "Ich habe mich persönlich davon überzeugen können, dass sich vom Mauerwerk was löst", erinnert sich Pfarrer Josef Heiß und spricht von einer "diffizilen Angelegenheit, die hoffentlich bald geregelt wird", weil es doch schade wäre, wenn das kleine, prächtig ausgestattete Kirchlein noch weiter verfallen würde. Angesichts der Beobachtung und um weitere, eventuell größere Schäden zu vermeiden, habe man damals umgehend eine Firma damit beauftragt, die Decke vorsorglich abzustützen und vor allem den kostbaren Stuck aus der Barockzeit zu sichern. Und das ist auch noch der Zustand von heute.

Wie lange wird die Waltenhofener Dreifaltigkeitskirche noch so aussehen? Sie musste im Inneren komplett abgestützt werden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Zahlreiche Holzstützen drücken Holzplatten mit Polstermaterial an die stuckierte Decke und gegen Risse in der Wand. Zudem ist fast durchgehend ein Stahlgerüst eingezogen, das zum Schutz vor herabfallendem Putz in Kopfhöhe einen Zwischenboden trägt. Klettert man hoch, findet man sich in einem Wirrwarr von Pfosten und herabhängenden Schutzfolien wieder, nur vereinzelt sind die wertvollen Figuren auf den Altären zu sehen. "Das ist nun der klagenswerte Zustand seit fünf Jahren", bedauert Kirchenpflegerin Renate Albrecht, die wenig Verständnis dafür ausbringen kann, dass nichts unternommen wird, zumal Gerüst und Abstützung viel Geld kosteten, "Geld, das man längst in die Sanierung hätte stecken können". Bis zum Straßenbau seien in der Kirche wenigstens einmal im Monat eine Messe und zahlreiche Andachten gefeiert worden, seit fast fünf Jahren müssten die Gläubigen in Nachbarorte ausweichen. Nur zwei Taufen von Ortsangehörigen habe man auf deren ausdrücklichen Wunsch noch in der eingerüsteten Kirche vorgenommen.

Warum nichts vorwärts geht, erklärt Christian Gerhard von der Straßenbauabteilung im Landratsamt so: Nachdem die Kirche den Schaden reklamiert habe, sei die Straßenbaufirma aufgefordert worden, sich um die Regulierung zu kümmern, daraufhin habe die Firma ein TÜV-Gutachten in Auftrag gegeben. Darin sei festgestellt worden, dass in der fraglichen Bauzeit zwar Schäden entstanden seien, diese aber nicht als Folge des Straßenbaus zu sehen seien. Es bestehe zwar ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Arbeiten an der Ortsdurchfahrt, aber kein ursächlicher, heißt es im Gutachten. Die Firma und das Landratsamt müssen deshalb laut Gerhard nicht für eine Schadensregulierung aufkommen, was dem Erzbischöflichen Ordinariat auch mitgeteilt worden sei. Ganz so sieht dies die Kirchenseite allerdings nicht und lässt nun seit geraumer Zeit ihrerseits prüfen, ob nicht doch so mancher Schaden infolge des Straßenbaus entstanden oder zumindest größer geworden ist. Zu letzterem meint Kirchenpflegerin Albrecht: Sicherlich seien auch vorher schon kleine Risse in den Wänden und in der Decke erkennbar gewesen, "aber jetzt sind manche mehr als fingerdick". Selbst in den Wohnhäusern an der Straße hätten bei den Bauarbeiten mit schwerem Gerät Gläser und Geschirr in den Schränken geklirrt. "Wir haben das TÜV-Gutachten angefordert und es wird derzeit überlegt, wie man die Schadensregulierung möglichst so organisieren kann, dass nicht alle Kosten an der Kirche hängen bleiben", sagte auf Anfrage der SZ eine Sprecherin des Ordinariats, die auch einräumte: "Jetzt sind wir an der Reihe, den nächsten Schritt zu machen". Wie lange sich das noch hinziehen werde, darauf gab es keine Antwort.

Die Kirche in Waltenhofen ist der Heiligen Dreifaltigkeit gewidmet. Sie wurde später barockisiert. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Kirche Heilige Dreifaltigkeit in Waltenhofen wurde 1612 errichtet und geht auf eine fromme Stiftung eines Bauern aus Roggenstein zurück. Im ausgehenden 17. Jahrhundert wurde der gesamte Innenraum samt Chor und Altären so barockisiert, wie sie heute noch zu sehen ist. Die Kirche ist auffallend reich mit volkstümlichen Schnitzfiguren von Heiligen wie dem Heiligen Sebastian ausgestattet.

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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