Diskussion:Kritische Fragen

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Katholische und evangelische Christen diskutieren mit den Pfarrern Jaster und Reimers

Von Ekaterina kel, Fürstenfeldbruck

Keine Ehe, keine Kinder, kein Sex. "Das Zölibat ist eine Herausforderung", gesteht Pfarrer Andreas Jaster, Leiter der Stadtkirche Germering. Der katholische Geistliche sitzt gemeinsam mit dem Dekan der evangelisch-lutherischen Kirche Fürstenfeldbruck, Stefan Reimers, auf dem Podium der Stadtbibliothek und stellt sich den Fragen der Besucher. Und die fragen gern, wenn sie schon dazu eingeladen werden. "Dem Volk aufs Maul geschaut", heißt die Veranstaltung, die das Brucker Forum und die Stadtbibliothek zusammen ausgerichtet haben. "Sagen Sie den Kirchen Ihre Meinung!" So hieß es in der Ankündigung der Veranstalter.

Das Zölibat stößt bei vielen Fragestellern auf Unverständnis. Die Priester, die sich zu einer Familie oder zu einer Partnerschaft bekannt haben, würden selbstverständlich ausgeschlossen. "Man lässt sie einfach fallen", empört sich eine Frau. Jaster nimmt das Mikrofon in die Hand, um darauf zu reagieren. Das Kirchenvolk, an diesem Abend sind es etwa vierzig Besucher, die meisten von ihnen überzeugte Christen, verlangt nach Antworten. "Das Kirchengesetz will es so, dass Priester unverheiratet leben. Bisher hält die Kirche daran fest", bestätigt Jaster. Aus einigen Reihen hört man ein lautes "Tja!" - die Frau, die die Frage gestellt hat, gibt sich nicht zufrieden: "Aber ist das christlich, sie einfach fallen zu lassen?" Jaster bleibt wortkarg, verweist auf die Barmherzigkeit, auf die Papst Franziskus poche, und muss sich geschlagen geben: "Ich würde keine große Hoffnung hegen, dass sich das ändert."

Der evangelische Pfarrer Wolfram Nugel und der katholische Pastoralreferent Helmut Schnieringer, die das Gesprächsformat organisiert haben, wollten mit der Veranstaltung zeigen, dass auch die Kirche sich selbst kritisch befragen kann. "Warum erreicht die Kirche die Menschen nicht oder nur schwer?", fragen sie. "Liegt es an der Sprache, oder etwa an der Glaubwürdigkeit?"

Mit einem Mikrofon wollen Nugel und Schnieringer allen, die es wünschen, die Möglichkeit zur Kritik zu geben. Sie reichen es einem Mann am Rand, der seine Enttäuschung kundtut. Er sei aus politischen Gründen aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Denn er fühle sich im Gottesdienst manchmal "wie auf einer Parteiveranstaltung von der SPD oder den Grünen". Die Kirche dürfe sich von der Politik nicht instrumentalisieren lassen, meint der Eichenauer. Weiter vorne im Publikum räumt eine Frau allerdings ein, ihr gefiele es gerade gut, wenn die Kirche zu politischen Themen Stellung bezieht. Sonst wäre sie für die Sprecherin "unglaubwürdig". Dekan Reimers schaltet sich da gerne ein, denn seiner Meinung nach müsse die Kirche die Bedürfnisse aller abdecken. "Und die Menschen sind nun mal sehr unterschiedlich", sagt er. Darum sei gerade die Vielfalt die Stärke seiner Kirche. "Es ist wichtig, Experimente zu machen."

Der Germeringer Pfarrer Jaster kann seiner Kirche allerdings wenig Experimentierfreudigkeit attestieren. Bei der Frage nach der Sprache in der Kirche kann er nur erwidern: "Rom hätte die Texte gern im Original. Eine moderne Sprache - davon soll man sich gar nichts versprechen, das sage ich ihnen ganz ehrlich."

Als es um die Ökumene geht, sind sich Jaster und Reimers aber einig, dass die Kooperation der beiden Kirchen im Landkreis sehr gut funktioniere. Das liege vor allem an den vielen engagierten Menschen, meint Reimers. Trotz vieler Unterschiede einigen sich abschließend alle im Saal darauf, mit einem gemeinsamen Gebet, dem "Vater unser", den Gesprächsabend zu beenden.

© SZ vom 30.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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