Die Seele des Vereins:Das Ende der Ein-Hörmann-Show

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Seit fast 30 Jahren ist Willi Hörmann beim Germeringer Roßstall-Theater, in der vergangenen Dekade als dessen Chef, Bühnenbildner, Schauspieler und PR-Beauftragter. Nun tritt er zurück und hinterlässt eine große Lücke. Wie es weitergeht, ist offen

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Kann das Roßstall-Theater in Germering ohne Willi Hörmann funktionieren? Das ist kaum vorstellbar und doch muss diese Frage noch beantwortet werden. Denn der Intendant, Schauspieler und Regisseur hat sich entschlossen, eine Auszeit zu nehmen. Vielleicht ist es nur eine Verschnaufpause, die der 72-jährige Macher des Theaters einlegt, aber das bleibt abzuwarten. "Die Herbstproduktion", sagt Hörmann, "habe ich schon mal abgegeben." Oliver Kübrich wird die Regie des Stückes übernehmen. Der Schauspieler wird auch alles andere organisieren und delegieren müssen, was Hörmann bisher erledigte: Bühnenbild entwerfen und bauen, Werbung betreiben und was noch alles so anfällt.

"Das Theaterspielen war irgendwie in mir drin", sagt Hörmann, während er im Probenraum sitzt und hinter ihm die akkurat ausgerichteten Plakate und Bilder der vielen Aufführungen hängen. "Da hängen viele Jahre Arbeit an der Wand", meint Hörmann und wirkt zufrieden. In Penzberg geboren und aufgewachsen, spielte er schon als kleiner Bub im Kindergarten Theater. "Spielen" ist das Stichwort, auf das Hörmann immer wieder anspringt: "Auswendig lernen kann jeder, aber spielen." Dabei betont er "spielen" ganz besonders und hält dann inne. Hörmann will sagen, das können nur wenige. Er selbst ist Autodidakt. Hörmann ist nach dem Tod von Ralph Ott im Jahre 2006 Intendant, Schauspieler, Regisseur - eben so etwas wie das Mädchen für alles - geworden.

Willi Hörmann weiß noch ganz genau, wie seine Roßstallkarriere begonnen hat. 1988 kam seine Tochter Eva-Maria, die im Germeringer Roßstall-Theater in einem Kinderstück mitspielte, nach Hause und sagte zu ihm: "Papa, Ralph sucht Männer zum Theaterspielen." Hörmann, damals 43 Jahre alt und als Maschinenbauingenieur beruflich sehr eingespannt, stellte sich trotzdem bei Ralph Ott, dem damaligen Theaterleiter, vor. "Bleib doch gleich da", meinte Ott vor 29 Jahren und schon spielte Hörmann in der Komödie "Johannisbrunnen" den Bürgermeister. Es war ja nicht so, dass Hörmann alle die Aufgaben, die mit dem Theater zusammenhängen nicht gerne gemacht hat. Er hat eben viele Talente, auch sehr praktische. Das große Werbeschild draußen am Haus könnte keiner besser malen als er.

In der Inszenierung "Norman - bist du es?", steht Willi Hörmann zum letzten Mal vor seiner Pause als Schauspieler auf der Bühne des Roßstalls. (Foto: Carmen Voxbrunner)

"Das ist ein Fulltime-Job", erzählt Hörmann. Am liebsten sei er Schauerspieler gewesen, da feierte er große Erfolge mit Stücken, die aufgrund der großen Nachfrage noch ein Dutzend Mal zusätzlich aufgeführt werden. So war es bei "Achterbahn", bei dem er vor drei Jahren mit der Profischauspielerin Kirstin Fischer auf der Bühne stand. Es wurde 21 Mal gespielt. Hörmann gab darin einen gealterten Liebhaber, der mit einer überraschenden Wendung konfrontiert wird. Hörmann spielte grandios und wurde jedes Mal mit Beifall überschüttet. Auch "Norman - bist Du es?" in diesem Jahr gehörte zu den erfolgreichsten Stücken des Theaters.

Das Geld ist immer knapp beim Roßstall-Theater. Das liegt auch daran, dass das in die Jahre gekommenen Haus an der Augsburger Straße 8 dem Theater gehört. Der Vorteil dabei ist natürlich, dass dadurch das Gebäude voll vom Theater genutzt werden kann. Dazu gehört nicht nur der großzügige Probenraum, auch Werkstatt, Requisitenlager und Garderoben finden genügend Platz. Andererseits müssen ständig Reparaturen und Investitionen am Haus erledigt und natürlich auch bezahlt werden. 2011 war die Nordfassade an der Reihe. Ein Förderverein versucht Geld zu beschaffen. "Aber", sagt Hörmann, "unsere Haupteinnahmen sind die Eintrittsgelder."

Deshalb werden pro Jahr zwei Produktionen auf die Füße gestellt. "Es gibt kein leichtes Jahr", spricht jetzt Hörmann, der Theaterleiter. "Modernes Theater zieht nicht", ist seine Erfahrung. "Mit Blut und Nacktheit lockt man niemanden." Die angeblich modernen Regisseure würden nicht fürs Publikum arbeiten, so Hörmann kritisch, sondern eher fürs Feuilleton der großen Zeitungen. Im Roßstall werden Komödien der gehobenen Kategorie gespielt, darunter auch Klassiker, wie "Der zerbrochene Krug". "Die Leute wollen sich auch amüsieren", weiß Hörmann aus langjähriger Erfahrung. Er erinnert sich noch gut an den absoluten Publikumsrenner im Jahre 1994. "Alles auf Krankenschein" hieß der und Hörmann spielte natürlich den Arzt.

Vor 15 Jahren spielt Willi Hörmann den Philosophen Diderot im Stück "Der Freigeist". (Foto: Johannes Simon)

"Wir wollen unser Niveau halten", bekräftigte Hörmann immer wieder, wenn er durch das Haus führte und schließlich auf der Bühne stand. Die Menge der Schauspieler ist überschaubar. Ein Ensemble von zehn Frauen und sieben Männern steht zur Verfügung, alles Amateure, aber sehr ambitioniert. Hörmann ergänzte sie, wenn es das Budget zuließ, mit Profischauspielern. Der Roßstall versteht sich als "zweites kulturelles Haus" in Germering, so Hörmann, nach der Stadthalle. Mit der könne er nicht konkurrieren, das stehe fest. Doch die Stadthalle zeige auch nur ein Schauspiel pro Halbjahr.

Die Ein-Mann-Hörmann-Schau geht nun erst einmal zu Ende. Doch das tut der Energie, die Willi Hörmann immer noch ausstrahlt, keinen Abbruch. Untätig wird er auch nicht sein. Er hat die Hinterglasmalerei für sich entdeckt, zudem will er mehr Zeit mit Ehefrau Ottilie verbringen.

© SZ vom 17.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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