Bürgerversammlung:Erst Tom Hanks, dann Erich Raff

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Nach einem kinoreifen Auftakt geht es im Lichtspielhaus doch wieder ums Parken und die Verkehrsicherheit

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Auch eine Bürgerversammlung, in der es mal wieder um alltägliche Verkehrs- und Parkprobleme geht, kann richtig großes Kino sein: Die erste der vier derartigen Versammlungen ist am Donnerstag nicht in einem nüchternen Sitzungssaal oder einer zugigen Schulaula einberufen worden, sondern im Lichtspielhaus an der Maisacher Straße, das Ende Oktober wiedereröffnet worden ist.

Der Auftakt in dem Haus, das Mitte April für die restlichen Umbauarbeiten noch mal für ein paar Monate geschlossen wird, ist vielversprechend: Denn zunächst flimmern einige Trailer über die Leinwand: eher als Gegenentwurf zu einer Bürgerversammlung das " Schweigende Klassenzimmer" aus DDR-Zeiten, viel dramatischer und tiefgründiger wiederum " Arthur und Claire". Und " Zwei Herren im Anzug" setzt bei der Kleiderordnung Maßstäbe, die sich im Lichtspielhaus an diesem Abend nicht ganz erfüllen lassen. Als nach dem Trailer " Die Verlegerin" der gleißende Finger des Spots über die Bühne huscht, erfasst der Lichtkegel nicht Tom Hanks, sondern... gestatten: Raff, Erich Raff, Oberbürgermeister.

Die etwa 50 Besucher, darunter mehrere Stadträte, lassen Hollywood nun also hinter sich und landen hart im winterlichen Bruck. Gleichwohl deutet die recht überschaubare Besucherzahl darauf hin, dass es so schlimme und kontroverse Streitpunkte zurzeit rund um die Wohnquartiere der Stadtmitte nicht gibt.

Raff gibt einen Überblick über die Stadt und ihre wichtigsten Baustellen, zu denen die recht angespannte Haushaltslage ebenso zählt wie die Herkulesaufgabe der zivilen Umgestaltung des Fliegerhorts oder die Frage, ob die Amperbrücke nun saniert oder doch 40-Tonner-tauglich ersetzt wird. Über die Brücke wird letztlich das Straßenbauamt entscheiden - das auch für den Bau von Radwegen entlang der Bundesstraße zuständig ist. Und weil dort andere Prioritäten gesetzt werden, wird die Augsburger Straße wohl nicht vor 2020 mit einem beidseitigen Radweg ausgestattet und bei der Münchner Straße dürfte frühestens 2021 etwas vorangehen.

Tagesordnungspunkt eins: Trailervorführung. Die Bürgerversammlung im Lichtspielhaus beginnt standesgemäß. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Im Verlauf der Fragestunde wird deutlich, dass ein Oberbürgermeister nicht einfach so anschaffen kann wie der gnadenlose Offizier Junker alias Alexander Fehling in dem Streifen " Der Hauptmann", der am darauffolgenden Abend gezeigt wird. Auch Stadtoberhäupter sind an Recht und Gesetz gebunden sowie an mehrheitlich vom Stadtrat gefasste Beschlüsse. Und wenn es um einen Zebrastreifen über die Pucher Straße oder den ebenfalls von Franz Nierlein vorgeschlagenen Übergang vor der Philipp-Weiß-Schule geht, hat sich ein Oberbürgermeister an die einschlägigen baulichen Verordnungen zu halten, ist unter Umständen auf die Zustimmung von Grundstücksbesitzern angewiesen und muss zudem den Nachweis erbringen, dass für einen solchen Übergang auch jenseits von Schulbeginn oder Schulschluss Bedarf besteht. Nun gut, sagt Nierlein, dann solle die Stadt zumindest Schülerlotsen vor der Philipp-Weiß-Schule postieren. Recht und Gesetz würden dem nicht entgegenstehen - wohl aber die akute Notlage der Stadt: Es gibt schlicht viel zu wenig Schülerlotsen. Und so nutzt Raff die Gelegenheit, dreht den Spieß um und bittet alle Besucher, im Bekanntenkreis doch bitteschön Ausschau zu halten nach möglichen Kandidaten für ein solches Ehrenamt.

Ähnliches Bild beim Standort für das zweite Feuerwehrhaus, das neben dem Würstle-Gartenland in der nordöstlichen Ecke der Stadt gebaut werden soll. Bereiche wie der Fliegerhorst und die Asyl-Erstaufnahmestelle seien innerhalb der vorgegebenen Zehnminutenfrist kaum zu erreichen, so Raff. Und anders als von Andreas Rau angeregt, kann man den Brucker Nordosten auch nicht einfach in den Verantwortungsbereich der kleineren Nachbarfeuerwehr Emmering übertragen. Deshalb hat die Stadt da kaum Entscheidungsspielraum.

OB Erich Raff (Mitte) und der assistierende Sportbeiratsvorsitzende Joachim Mack (rechts daneben) sitzen vor Beginn der Versammlung gemütlich im Kinosessel. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die vorgetragenen Wünsche, man möge doch die Rinnsteine der Adolf-Kolping-Straße vom Schmutz befreien, der sich dort in wohl an die acht Jahren angehäuft habe, lässt sich hingegen erfüllen - sofern der Bauhof dafür Kapazitäten hat und sich dann alle an das für einen Tag dort auszusprechende absolute Halteverbot halten. Auch bei der Debatte um die Umbenennung von Straßen, deren Namensgebern eine eher unrühmliche Vergangenheit bescheinigt wird, geht etwas voran. Auf Nachfrage verweist Raff auf den nächste Woche tagenden Kulturausschuss. Und er sichert zu, dass der Stadtrat am 24. April per Beschluss endgültig einen Schlusspunkt unter die jahrelangen Hängepartie setzten wird - "egal, wie es ausgeht".

Auf die Frage, was auf dem Gelände der Firma Grimm-Platten in Neulindach passieren wird und ob Berichte von 250 Wohnungen zutreffen und man sich nun auf entsprechenden Baustellenverkehr einstellen könne, muss Raff passen. Noch sei nicht klar, an wen das Grundstück verkauft werde. Fakt ist: Der Bauausschuss hat im September 2016 die Fortführung des Bebauungsplans beschlossen. Bis zu 220 Wohneinheiten für etwa 530 Bewohner könnten auf dem 50 000 Quadratmeter großen Areal zwischen Staatsstraße 2054 und Pucher Meer entstehen. Wann dort mit dem Bau begonnen werden kann, steht derzeit freilich noch in den Sternen.

Und dann kommt erneut ein Punkt auf den Tisch, den man von früheren Bürgerversammlungen bereits kennt, der Anwohnern wie Franz Forstner aber auf den Nägeln brennt: die fehlenden Parkplätze rund um die Kreisklinik und der Vorwurf an Patienten und Mitarbeiter der benachbarten Psychiatrie, ihre Autos überall, nur eben nicht in der dafür vorgesehenen Tiefgarage abzustellen. Die einen schlagen für manche Straßen die Limitierung der Parkzeit auf zwei Stunden vor, andere lehnen das wiederum prompt ab. An den zu knappen Parkplätzen und den deshalb manchmal erforderlichen Fußwegen zum Auto wird sich nach Auffassung Raffs wenig ändern. Die Ausweisung einer den Anwohnern vorbehaltenen Parkzone sei dort nicht zulässig.

© SZ vom 03.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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