Brucker CSU:Weiß-blauer Schulterschluss

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Defilee an den gekrönten Häuptern vorbei: Die Prinzenpaare von Heimatgilde und Faschingsfreunden beobachten die Ankunft der politischen Chefetage mit (von links) dem Ortsverbandsvorsitzenden Andreas Lohde, Generalkonsulin Sandra Simovich und Oberbürgermeister Erich Raff. (Foto: Günther Reger)

Die israelische Generalkonsulin Sandra Simovich betont beim Neujahrsempfang in Kloster Fürstenfeld die Gemeinsamkeiten. Ortsverbandschef Andreas Lohde blickt nicht nur deshalb gut gelaunt auf 2018

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Brucker CSU kann es sich bei ihrem Neujahrsempfang leisten, weit über den lokalpolitischen Tellerrand hinauszublicken aufs Große und Ganze, auf die Welt jenseits des prächtigen Barocksaals im Kloster Fürstenfeld, auf die Krisen, aber vor allem die Völkerverständigung. Denn die Lage ist ja nicht schlecht: Die Christsozialen stellen nach wie vor die größte Stadtratsfraktion und seit vergangenem Jahr auch wieder den Oberbürgermeister. Da beschränken sie sich ausnahmsweise gerne einmal aufs Zuhören und überlassen der israelischen Generalkonsulin Sandra Simovich das Wort.

Eines wird am Freitagabend schnell klar: Deren Deutsch ist besser als das Alt-Hebräisch des CSU-Ortsverbandschefs. Gleichwohl schlägt sich Lohde, dessen Theologiestudium halt auch schon ein paar Semester her ist, durchaus wacker und erhält anerkennenden Applaus der 150 geladenen Festgäste und auch später beim lockeren Stehempfang den einen oder anderen Schulterklopfer der Parteifreunde. Unter den herrschaftlichen weißen Stuckgirlanden des einstigen Refektoriums und vor dem vom Beamer an die Wand geworfenen weiß-blauen farblichen Gleichklang von Davidstern und CSU-Raute läuft Lohde zu großer Form auf. Nachdem er beim Hebräischen klar den später noch auftretenden Landtagsabgeordneten Alex Dorow übertrumpft hat, schwenkt er für das weniger sprachkundige Publikum dann aber doch wieder um aufs bayerische Idiom. Sonst wäre die mit launigen Passagen durchwobene Begrüßung im großen Saal weitgehend unverstanden verhallt.

Unter den Gästen sind nicht nur langgediente Persönlichkeiten wie der Landtagsabgeordnete Thomas Goppel, Alt-OB Sepp Kellerer, OB Erich Raff, Landratsstellvertreterin Martina Drechsler und die Bezirksräte Gabriele Off-Nesselhauf und Josef Loy sowie befreundete Bürgermeister und die CSU-Stadträte, sondern auch ein paar, nun ja, im besten Sinne Exoten bei so einem durch die parteipolitische Brille gesehen naturgemäß eher monochrom schwarzen Abend. Da wären zu nennen die Prinzenpaare von Heimatgilde und Faschingsfreunden, Daniela I. und Tim I. sowie Anna I. und Chris I. Außerdem Monika Pfahler, die Leiterin der Fach- und Berufsoberschule sowie Schleifring-Chef Stephan Bohde. Sowohl die Schule als auch der große Brucker Hightech-Weltmarktführer unterhalten intensive Beziehungen zu Israel. Nachdem sich auch CSU-Politiker vor einigen Monaten über Schleifring beschwert hatten, weil das Unternehmen im Zuge seiner Erweiterung große Flächen in einem Zug abgeholzt und damit gegen Vorgaben des Stadtrats verstoßen hatte, gab es möglicherweise später an einem der Bistrotische Gelegenheit für Friedensverhandlungen. Auch ein SPD-Stadt- und -kreisrat passt auf den ersten Blick nicht so recht ins schwarze Lager. "Das färbt aber nicht ab", sagt Ulrich Schmetz, der in offizieller Mission als Landratsstellvertreter gekommen ist, später spitzbübisch.

Bevor die CSU-Größen und die Repräsentanten der närrischen Zeit Gelegenheit haben, sich gemeinsam mit der von zwei Bodyguards begleiteten Repräsentantin des Staates Israel ablichten zu lassen und die Heimatgilde darauf aufmerksam machen kann, dass sie ebenso wie der Staat Israel dieses Jahr ihr 70-jähriges Bestehen feiert, wird es durchaus ernst. Andreas Lohde betont mit Blick auf die Shoa und das Olympia-Attentat die sehr enge Verbundenheit von Israel und Bayern sowie eben auch Fürstenfeldbruck. Diese bedeutet seinen Worten zufolge mitnichten, dass sich beide Partner nun gegen den Islam verbünden. Es sei vielmehr als Einladung zu verstehen. Die Verbrennung israelischer Fahnen und das Anzweifeln der Existenzberechtigung Israels freilich hält Lohde ebenso wie Dorow für absolut inakzeptabel.

Sehr ähnlich sieht das Sandra Simovich, seit einem halben Jahr Generalkonsulin in München. Spätestens seit 1972 seien Israel und Fürstenfeldbruck "auf eine besondere Weise verbunden". Die einstige Kibbuznation habe sich seither zur Startup-Nation entwickelt. Die gebürtige Rumänin bekennt sich sehr klar zur Hauptstadt Jerusalem und weist Palästinensern und dem Iran die Verantwortung für die Krisen in der Region zu. Simovich ermahnt die Jugend in Deutschland, sich ihrer Verpflichtung gegenüber Israel weiterhin bewusst zu sein. "Unsere Beziehungen werden nie besonders normal sein, aber vielleicht ja besonders gut." Mit einem "Shalom" und den feierlichen Weisen des Posaunenchors der Erlöserkirche klingt der offizielle Teil des Abends vielversprechend aus.

© SZ vom 15.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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