Baumschutz nach Gröbenzeller Art:Ein Relikt am falschen Platz

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Warum ein Urweltmammutbaum in dem Münchner Vorort kein Methusalemalter erreichen kann

Von Stefan Salger

Der Gröbenzeller an sich ist widerstandsfähig. Er hat ein dickes Fell, ihn wirft so schnell nichts um. Außer natürlich, wenn es um die Sprengeländerung der Schulen geht. Oder wenn irgend so ein Großkopferter aus einem Ministerium seine Gartengemeinde einfach so zur Stadt degradieren will. Oder wenn die Bahnhofstraße verschandelt werden soll. Oder wenn es um den Rathausumzug geht. Oder um die Gestaltung des Böhmerweihers. Aber wir wollen jetzt nicht kleinkrämerisch sein. Fest steht, dass der traditionsbewusste Gröbenzeller verwurzelt ist mit seiner Scholle. Steht man vor dem Urweltmammutbaum an der Lerchenstraße, dann kommen einem gewisse Parallelen in den Sinn. Auch dieser Baum ist ein echter Gröbenzeller: Standhaft, groß gewachsen, fest verwurzelt. Seine robuste Rinde widersteht sogar Feuersbrünsten und er kommt mit Trockenperioden gut zurecht. Und doch könnte er bald das Schicksal des einstigen Bürgermeisters Dieter Rubenbauer teilen. Der wähnte sich auch fest verwurzelt und wurde dann von seiner CSU gefeuert.

Verwandte des Gröbenzeller Baums stehen im Forstlichen Versuchsgarten Grafrath, einer davon ist 130 Jahre alt. Andere Verwandte, die bis zu 50 Meter hoch und 420 Jahre alt werden können, stehen beispielsweise in Bergregionen nahe Sichuan und Hubei in China. Das freilich nützt dem Gröbenzeller Urweltmammutbaum herzlich wenig. Denn er steht auf der Abschussliste und soll umgelegt werden. Das jedenfalls geht aus Tagesordnungspunkt 19 des an diesem Dienstag tagenden Bauausschusses hervor - wegen der Baumschutzverordnung muss jedes Fällen genehmigt werden. Mag der schnell wachsende Metasequoia glyptostroboides auch noch so resistent gegen Trockenheit, Frost oder Feuer sein - gegen eine Axt ist kein Kraut gewachsen. Keine Chance also, dass das Mammut das Methusalemalter erreicht. Aber eigentlich hat es an der Lerchenstraße auch gar nichts verloren. Vielleicht lässt sich der Besitzer ja noch überzeugen und verpflanzt dieses Relikt dorthin, wo es hingehört. Nein, nicht nach China - in einen Garten an der nahen Neandertalstraße.

© SZ vom 14.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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