Asylhelferkreis Germering:Plädoyer für Gemütlichkeit

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Wohnort oder Unterkunft: Asylhelfer und Kreisbehörde sind uneinig über die Einrichtung der Zimmer in dem Haus an der Industriestraße. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Asylhelferkreis möchte erreichen, dass die Bewohner der Unterkunft an der Industriestraße ihre Möbel behalten dürfen, wenn sie das wollen

Von Andreas Ostermeier, Germering

Die Möblierung der Unterkünfte für Asylbewerber ist weiterhin ein Zankapfel zwischen dem Landratsamt in Fürstenfeldbruck und den Asylhelferkreisen. In einem Schreiben plädieren Germeringer Helfer dafür, den Flüchtlingen auch das Aufstellen von Holzmöbeln zu erlauben, damit deren Zimmer gemütlicher und persönlicher werden. Verhängen Bewohner ihre Türen mit Tüchern oder legen Matratzen auf den Boden, um sich hinzusetzen, so sei dies kein Zeichen von Unordnung, heißt es in dem Schreiben der Asylhelfer, sondern ein kultureller Unterschied. Mitarbeiter des Landratsamtes hatten dagegen vor Kurzem bei einem Besichtigungstermin der Unterkunft an der Industriestraße auf Vorschriften des Brandschutzes hingewiesen. Sie möchten aus diesem Grund leicht entflammbare Möbel und Textilien aus den Zimmereinrichtungen verbannen.

Die Helfer möchten aber verhindern, dass Bewohner Möbel, mit denen sie sich eingerichtet haben und auf die sie stolz sind, abgeben müssen. Deshalb strebe man die Festlegung eines Standards an, den Flüchtlinge in ihren Zimmern haben dürften, sagt eine Vertreterin des Helferkreises für die Unterkunft an der Industriestraße am Montag. Sie schildert die Einrichtung eines Zimmers, indem eine Familie lebt. Dort finden sich eine alte Stehlampe, ein Sofa sowie Stofftiere für die Kinder. Die Flüchtlinge seien froh über jede Geborgenheit, die sie sich schaffen könnten, sagt die Helferin, die nicht mit Namen genannt werden möchte.

Ein Gespräch über Standards in der Unterkunft streben die Helfer auch deswegen an, weil vom Landratsamt der Eindruck vermittelt werde, die Unterkunft an der Industriestraße sei schmutzig und unordentlich. So sei die Rede von Kakerlaken, heißt es mit Verweis auf einen Artikel über die Begehung der Unterkunft mit Vertretern des Landratsamtes in der vergangenen Woche. Der Helferkreis weist eine solche Darstellung zurück. 176 Personen sind in dem ehemaligen Industriegebäude untergebracht, darunter viele Familien. Sie teilen sich Gemeinschaftsküchen und gemeinsame Sanitärräume. Vom Spielen im Freien tragen die Kinder Schmutz ins Haus, wie das bei allen Familien so sei, heißt es. Dennoch seien die meisten Zimmer "ordentlich und aufgeräumt", sagt die Vertreterin des Asylhelferkreises und fügt an: "Es sieht nicht tippi-toppi aus, aber es ist nicht dreckig." Sie vergleicht die Sauberkeit mit der in anderen Einrichtungen und fragt: "Wie sähe es in den Toiletten unserer Schulen aus, wenn wir keine Putzfirmen hätten?"

Die Asylhelfer wehren sich aber nicht nur gegen Behauptungen über Schmutz und Unordnung in dem Haus an der Industriestraße, sie äußern auch Vorwürfe gegen die Kreisbehörde. So sei der Objektbetreuer in Urlaub gewesen und es habe keinen Ersatz gegeben, heißt es in dem Schreiben aus Germering. Ines Roellecke, Sprecherin des Landratsamtes, widerspricht jedoch. Andere Objektbetreuer hätten die Arbeit übernommen. Auch gegen den Vorwurf, Post sei über längere Zeit nicht an die Asylbewerber ausgehändigt worden, verwahrt sich Roellecke. Den Schlüssel zu den Fächern habe eine Zeitlang auch ein Bewohner der Unterkunft besessen, der der Verwaltung als zuverlässig bekannt sei.

Weil sie vom Landratsamt nichts hörten, fürchten die Asylhelfer, dass die Behörde ihr unliebsame Möbel aus der Unterkunft entfernen könnte, ohne zuvor mit den Helfern gesprochen zu haben. Das soll verhindert werden, nicht nur um den Bewohnern der Unterkunft eine Enttäuschung zu ersparen, sondern auch aus Selbstschutz. Die Helfer seien die Ersten, die mit den Reaktionen der Flüchtlinge konfrontiert werden, sagt die Vertreterin. Laut Roellecke sind solche Befürchtungen unbegründet. Bevor Möbel oder Einrichtungsgegenstände entfernt würden, gebe es eine Besprechung mit den Asylhelfern, verspricht Roellecke.

© SZ vom 04.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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