Einen längeren Hubschraubereinsatz hat es in der Kreisstadt gewiss noch nicht gegeben. Immer wieder pendelt am Mittwoch ein weißer Transporthelikopter zwischen dem mit gefällten Bäumen übersäten Hang gegenüber dem S-Bahnhof und dem nur wenige Hundert Meter entfernten Holzlagerplatz. Noch bis einschließlich Freitag, jeweils bis Einbruch der Dunkelheit, dauert der Einsatz. 22 Arbeiter, darunter Holzfäller am Hang sowie Sicherheitspersonal der Bahn in orangefarbenen und gelben Westen auf dem Bahnsteig, sind im Einsatz.
Fahrgäste filmen mit ihren Handys, wie an dem etwa 20 Meter langen, herunterhängenden Seil jeweils ein bis zwei dünne Baumstämme befestigt werden, die später zu Hackschnitzeln verarbeitet werden sollen - größere Bäume sind in Stücke geschnitten, um die maximale Tragkraft des Helikopters von einer Tonne nicht zu überschreiten. Alles läuft wie am Schnürchen. Die Durchsagen auf dem Bahnsteig sind wegen des lauten Knatterns freilich kaum zu verstehen, die Sicherheitsleute haben deshalb ein Auge auf Zaungäste, die sich zu sehr in den Bann des Spektakels schlagen lassen und dabei der Bahnsteigkante kurz vor einer Zugdurchfahrt zu nahe kommen. Nur jede halbe Stunde wird es ruhiger, dann landet der Hubschrauber und legt eine Tankpause ein.
Auf dem Bahnsteig erläutern Vertreter der Bahn die Maßnahme: Sprecher Bernd Honerkamp, der für Fahrwegdienste zuständige Christoph Galler sowie Serviceleiter Benedikt Franzen. Einen Überblick verschafft sich bei der Gelegenheit auch der Fürstenfeldbrucker Forstamtsleiter Gero Brehm, mit dem die Maßnahme ebenso abgestimmt werden musste wie mit der Unteren Naturschutzbehörde. Denn das 8000 Quadratmeter große Bahngelände ist als schützenswertes FFH-Gebiet eingestuft. Letztlich habe es aber keine Alternative gegeben, um auf einer Länge von knapp 300 Metern gegenüber dem Bahnsteig an die 500 Festmeter Holz und damit praktisch den gesamten in den zurückliegenden 40 Jahren gewachsenen Bestand herauszuschlagen, erklärt Galler. Notwendig geworden ist das laut Bahn wegen der Verkehrssicherungspflicht. Die Gefahr, dass Bäume bei starkem Wind auf die Gleise stürzen und den S-Bahnverkehr zum Erliegen bringen, steigt mit dem zunehmenden Alter der Bäume und mit zunehmendem Befall des europaweit grassierenden Eschentriebsterbens. Der Anteil Eschen in dem Abschnitt liegt bei gut 70 Prozent. Andere Laubbäume könnten zwar stehen bleiben, würden dem Wind aber eine noch größere Angriffsfläche bieten, so die Experten. Der Hang hat sich laut Naturschutzbehörde bei Untersuchungen zwar als "instabil" erwiesen, ein Abrutschen sei aber zu keinem Zeitpunkt zu befürchten, so Behörde und Bahn unisono. Ohnehin soll es aus den etwa einen Meter aus dem Boden ragenden Wurzelstöcken wieder austreiben. Zusätzlich sollen bewährte Laubbaumsorten wie Hainbuche oder Linde gepflanzt werden.
Durch das Herausheben per Helikopter kann auf Streckensperrungen verzichtet werden und die oberste Baumreihe an der Hangkante muss nicht gefällt werden, um Lastwagen die Zufahrt zu ermöglichen. Gefällt wird bis zum Ende des Bahnsteigs, dahinter beginnt Privatgrund. Für die Sicherheit dort sind die jeweiligen Eigentümer zuständig, betont Honerkamp. Weil die Bahngleise auch etwas weiter entfernt vom Hang verlaufen, besteht dort nach Ansicht der Experten bislang kein so großer Handlungsdruck wie im Bahnhofsbereich. Die Hänge Richtung Kloster und Schöngeising seien "stabiler", bestätigt Brehm - dort könnten morsche oder erkrankte Bäume auch einzeln entfernt werden.