Frühlingsmode:Lieblingsstücke

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Herrenshorts namens Bruce, ein handbedruckter Poncho oder ein Rucksack, der sich in eine Tasche verwandeln lässt - was Münchner Modemacherinnen in diesem Frühling fertigen und zeigen

Von Franziska Gerlach

Es ist ein blödes, ödes Klischee, dass manche bei den Stichworten München und Mode sofort an offensiv zur Schau getragene Designernamen und die obligatorische Sonnenbrille im Haar denken lässt. Dabei tut sich abseits der großen Einkaufsstraßen einiges in der Stadt. Vier Münchner Modemacher stellen ihr liebstes Kollektionsteil in diesem Frühling vor.

Vanook

1 Designerinnen: Svenja Weimann und Veronika Wagner. Lieblingsstück: Dual Backpack: Der Rucksack liegt im Trend, das ist in diesen Tagen kaum zu übersehen in der Stadt. Doch da sich Trends bekanntermaßen schnell wieder verabschieden können, ist es schlau, einen Rucksack zu entwerfen, der zugleich eine Tasche sein kann. Svenja Weimann und Veronika Wagner vom Label Vanook haben sich jetzt solch ein Modell ausgedacht: Dual Backpack heißt das Accessoire, das ohne Firlefanz im Design auskommt. Über ein Zugsystem werden stabile Kordeln zu Henkeln oder Rucksackträgern - je nachdem. Riemen, Reißverschlüsse oder Haken gibt es nicht. "Trotzdem ist er fest verschlossen, wenn man ihn aufschnallt", sagt Weimann und macht vor, wie die Borte aus pflanzlich gegerbtem Rinderleder beim Tragen umklappt.

Die beiden Designerinnen kennen sich von der Deutschen Meisterschule für Mode. Schon damals haben sie gemeinsam Taschen gefertigt. Der Name ihres Labels hat keine tieferen Ursachen, Wagner und Weimann erklären, ihn wegen seines Wohlklangs gewählt zu haben.

Mit dem Dual Backpack, ihrer jüngsten Kreation, ist ihr Sortiment auf acht Produkte angewachsen: Neben Rucksäcken nähen Wagner und Weimann in ihrem Ladenatelier an der Schleißheimer Straße auch große und kleine Reisetaschen, Kulturbeutel und Laptoptaschen. Die Farbe wechselt zwischen Dunkelblau, Hellgrau oder Schwarz, das Material aber ist immer dasselbe: ein wasserabweisender Baumwollstoff, aus dem normalerweise Zelte gefertigt werden. Monatelang hätten sie nach diesem gesucht, sagt Wagner. "Und uns dann in ihn verliebt."

Maison Common

2 Designerin: Rieke Common. Lieblingsstück: The Candy Dress: Cool? "Ich war nie cool", sagt Rieke Common. Auch das übermäßig Sportliche ist nicht ihr Ding. Julia Roberts alias Pretty Woman im gepunkteten Kleid beim Polo, das ist schon eher ihre Welt. Feminin und verspielt, und gerne auch mal witzig sind ihre Kreationen - aber nie gediegen. Denn die Designerin und Inhaberin des Labels Maison Common neigt dazu, nicht alles so ernst zu nehmen. Dabei hätte die zweifache Mutter mit ihrem Lebenslauf alles Recht, sich aufzumanteln: Nach einer Schneiderlehre studiert sie Modedesign. Drei Jahre lang arbeitet sie für Oscar de la Renta in New York, dann holt Rena Lange sie an die Isar, zuletzt war sie die Chefdesignerin des Münchner Couturehauses, im Jahr 2008 stieg sie bei dem Textilunternehmen M.A.C.S. Munich ein.

Vor einem Jahr kaufte sie die Firma und machte alles neu: Sie benannte das Label in Maison Common um und bezog ein Atelier im Münchner Norden. Ihre Stoffe bestellt Rieke Common bei Händlern in Frankreich und Italien, die auch die großen Häuser in Paris beliefern. Die damenhafte Eleganz, für die auch die mittlerweile insolvente Marke Rena Lange stand, ist ihren Entwürfen geblieben. Allerdings wird sie bei Maison Common konsequent aufgebrochen.

Ironic Twist nennt die Designerin das Stilmittel, das ihren Entwürfen zuweilen ein Augenzwinkern beschert. Da tollen zum Beispiel Hunde über das Innenfutter einer Blazerjacke aus bunten Garnen. Auf einem blauen Seidenkleid reichen sich Gliederpuppen die Hände. Ihr Favorit der aktuellen Kollektion ist aber ein Kleid mit enger Taille und einem ausgestellten Rock. Und hätte Rieke Common den zarten Bonbonfarben des Seiden-Baumwoll-Jacquard nicht ein schreiendes Neon entgegengesetzt, ließe der Schnitt an die braven Fünfzigerjahre denken. Sie hat sich aber für diesen Gegensatz entschieden, als humorvollen Bruch sozusagen.

Stephanie Kahnau

3 Designerin: Stephanie Kahnau. Lieblingsstück: Poncho: Dass Stephanie Kahnau bevorzugt großflächig und weit schneidert, hat einen Grund: Die studierte Textildesignerin bedruckt jeden Stoff per Hand, die Drucke sind gewissermaßen ihr Markenzeichen und dürfen auf keinen Fall zerschnitten werden. In diesem Frühjahr widmet sie ihre Kollektion einem Element, das verschiedene Zustände kennt: Wasser. Mal ragen Eiskristalle über Oberteile und Kleider, dann wiederum erinnert das Muster an ein Klecksbild.

Bei ihrem persönlichen Lieblingsstück, einem Poncho, verläuft es in schillerndem Silber über beide Schultern. "Da musste zuerst ein Kleber aufgedruckt werden, anschließend wurde die Silberfolie aufgebracht", sagt sie. In ihrem Atelier an der Schwanthalerstraße lassen ein mehr als drei Meter langer Siebdrucktisch, mehrere Nähmaschinen und Dutzende von Garnrollen erahnen, wie aufwendig die Herstellung sein muss.

Gut zwei Tage dauert es, bis die Unikate fertig sind. Stephanie Kahnau liebt Kontraste, das Spiel mit den Materialien, und die können manchmal ganz schön ausgefallen sein. Mal näht sie Bergkristalle in eine Jacke, verleiht einem Kleid aus ohnehin schon griffiger Wildseide durch einen Schaumdruck noch mehr Struktur. Dann wiederum legt sie die feinporige Gaze, aus der eigentlich die Siebe bestehen, über einen eisblauen Jersey. Dessen Maschen hat sie zuvor mit einer bestimmten Drucktechnik, dem Ausbrenner, so stark ausgedünnt, dass er nahezu durchsichtig ist.

Awarecashmere

4 Designerinnen: Elisabetta Cangemi und Christiana Feijoo. Lieblingsstück: Herrenshorts Bruce und Tanktop Bernd: Um die Frühjahrskollektion eines Stricklabels zu begreifen, ist zunächst folgende Information hilfreich: In Cashmere kann man sich nicht nur in kühlen Wintermonaten kuscheln. Das Material trägt sich auch im Sommer ganz fabelhaft. Die kostbare Wolle, die aus dem Bauchhaar der Cashmereziegen gewonnen wird, passe sich der Körpertemperatur an, erklären die Elisabetta Cangemi und Christiana Feijoo von Awarecashmere. "Und kombiniert mit Seide oder Baumwolle hat es sogar einen kühlenden Effekt", sagt Cangemi.

Dann darf man sich durch ihre aktuelle Kollektion tasten. Am geschmeidigsten fühlen sich Hosen, Pullover oder lange Capes an, wenn Cashmere und Seide im Verhältnis von 55 zu 45 Prozent miteinander verstrickt werden. Dominieren Baumwolle oder Bambus im Gemisch, ist der Strick schön matt.

Seit fünf Jahren machen die beiden Freundinnen Mode für Männer und Frauen. Das Besondere? "Wir bedrucken unsere Sachen", sagen sie und zeigen ihr liebstes Stück her, eine Kombination aus einer knielangen Herrenshorts mit tiefen Taschen und einem Tanktop. In dunklem Grün ranken sich die Palmenblätter darauf, wie es sich gehört bei einer Kollektion, die den Namen Eden trägt. "Es darf ausgefallen sein, aber nicht zu sehr", sagt Elisabetta Cangemi. Gerade für Männer setzten die Designerinnen auf coole Töne, auf Eleganz.

Produziert wird im Ausland, wobei sie versuchen, dabei etwas Gutes zu tun: Awarecashmere lässt in einer kleinen Manufaktur in Nepal fertigen und verhilft so Frauen aus der untersten Kaste, die als "Unberührbare" kaum Chancen auf dem freien Markt hätten, zu einem Arbeitsplatz.

© SZ vom 22.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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