Zollkontrollen:Unter dem Mindestlohn

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Auch im Landkreis zahlen einige Arbeitgeber weniger als 8,84 Euro. Anfällig ist vor allem die Gastro-Branche

Im Landkreis Freising gibt es weiterhin Unternehmen, die ihren Beschäftigten weniger als den Mindestlohn von 8,84 Euro zahlen. 73 Ermittlungsverfahren seien 2017 gegen Arbeitgeber eingeleitet worden, teilte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) am Dienstag mit und beruft sich auf eine Bilanz der Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Hauptzollamt Landshut.

Besonders betroffen sei das Hotel- und Gaststättengewerbe, sagt Georg Schneider, Geschäftsführer der NGG Rosenheim-Oberbayern. "Die Dunkelziffer liegt zudem deutlich höher." Der Landshuter Zoll hat auch im Landkreis Freising dieses Gewerbe als "besonders anfällige Branche" im Fokus. Schneider kritisiert, dass es dennoch nach wie vor zu wenige Kontrollen gebe: "2017 wurden im gesamten Bereich des Landshuter Zolls 218 Betriebe im Gastgewerbe geprüft. Allein im Landkreis Freising gibt es laut der Arbeitsagentur jedoch 298 Hotels, Gaststätten und Restaurants." Die Finanzkontrolle müsse "personell kräftig aufgestockt werden", fordert er. Manuel Halbmeier, ebenfalls Gewerkschafter der NGG, sagt: "Etwa 30 Prozent der Arbeitgeber verstoßen heftig gegen die Regeln, der Rest hat eher mit kleineren Vergehen zu tun". Es sei gang und gäbe, dass Arbeitgeber lieber in Kauf nähmen, einmal nachzuzahlen, als dauerhaft den Mindestlohn zu zahlen. Dass ein Betrieb gar keine Auffälligkeiten aufweise, sei "sehr selten". Er fordert gar: "Die Kontrollen müssen so verstärkt werden, dass Arbeitgeber Angst haben, kontrolliert zu werden."

Elvira Enders-Beetschen, Sprecherin des Hauptzollamts Landshut, widerspricht: Nicht mehr Kontrollen führten zu einer erhöhten Aufdeckung von Mindestlohnverstößen, sondern qualitativ bessere und umfangreichere. Aber: "Je umfangreicher sich einzelne Prüfungen gestalten, desto weniger Prüfungen können in Summe durchgeführt werden", räumt sie ein.

Die Möglichkeiten, den Mindestlohn zu umgehen, seien vielfältig, meint Halbmeier. "Manche Arbeitgeber bezahlen statt 13 Arbeitsstunden nur acht oder berechnen exorbitante Abzüge für Essen und Trinken". Kein Verständnis zeigt NGG-Geschäftsführer Schneider für die Klagen der Arbeitgeber, die Dokumentationspflicht sei zu bürokratisch. "Das genaue Aufschreiben der Arbeitszeit ist absolut nötig. Darauf schaut der Zoll bei den Kontrollen zuerst. Nur wenn sie erfasst werden, lässt sich Lohnbetrug verhindern."

© SZ vom 23.05.2018 / clli - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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