Wohnungsmangel in Freising:Dem Druck standhalten

Lesezeit: 3 min

Mit der Ausweisung von Bauland im Einheimischenmodell sollen sich auch Normalverdiener den Traum vom Eigenheim verwirklichen können. Doch das gilt längst nicht mehr als einziges Mittel gegen den Wohnungsmangel

Von Gerhard Wilhelm, Freising

Bauland ist teuer im Landkreis Freising. Fast alle Kommunen haben darum ein Einheimischenmodell entwickelt, um ihren eigenen Bürgern dennoch eine Baumöglichkeit verschaffen zu können. Nur wenige Kommunen, dazu gehören Marzling, Moosburg oder die Stadt Freising, haben oder wollen auch in absehbarer Zeit keines ausweisen. Einigen Gemeinden würden es gerne, aber ihnen fehlt dafür schlicht das Bauland. Dazu kommt, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2013 zwar Einheimischenmodelle grundsätzlich als zulässig ansah, aber eine Verletzung der europäischen Verträge darin sieht, wenn nur Ortsansässige in den Genuss der Vergünstigung kommen. Kritisiert wurde auch, dass jemand, um ein vergünstigtes Grundstück zu erhalten, erst einmal viele Jahre in der Gemeinde gewohnt haben muss.

Als Ende der Achtzigerjahre der Boom in der Region begann, stiegen auch schnell die Preise für Bauland. Bald erreichten sie Höhen, die Einheimische oft nicht mehr zahlen konnten. "Wenn wir die jungen Leute halten wollen, die hier integriert sind, dann brauchen wir dieses Modell. Ohne das kann sich ein Normalverdiener doch im Großraum München kein Bauland mehr leisten. Das Damoklesschwert EuGH-Urteil, das ja noch nicht so ganz durch ist, hängt natürlich über uns, aber wir werden unser Einheimischenmodell, das es seit 2003 gibt, bis zum Schluss durchhalten", sagt der Hohenkammerner Bürgermeister Johann Stegmair und spricht damit exemplarisch für wohl fast alle Bürgermeister im Landkreis. Auch der Hallbergmooser Rathauschef Harald Reents hält Einheimischenmodelle in Regionen mit hohem Siedlungsdruck für ein wichtiges Instrument, "um dem Verdrängungswettbewerb auf dem Wohnungsmarkt zu begegnen und dauerhaft eine gesunde Einwohnerstruktur zu erhalten".

Dass die Bevorzugung von Einheimischen rechtlich auf unsicherem Boden steht, war den Gemeinderäten in Marzling bereits 2008 klar. Deshalb entschied man sich damals bei einem neuen Baugebiet gegen das Modell. Die Öffnung gegenüber Auswärtigen habe sich bezahlt gemacht, sagt Bürgermeister Dieter Werner danach. Doch zurzeit gibt es in Marzling auch gar kein Bauland, wie Geschäftsstellenleiterin Doreen Feil sagt. Nur Baulücken könnten gefüllt werden.

Hallbergmoos sieht das hingegen anders. Das neue Baugebiet "Im Jägerfeld-West" wird gemäß Gemeinderatsbeschluss zur Schaffung von Wohnbauland "zur Deckung des Bedarfs der ortsansässigen Bevölkerung" entwickelt. Zuletzt hatte die Gemeinde 2003 ein Einheimischenmodell. "Es ist wichtig, dass vor allem junge Familien eine Chance erhalten, in ,ihrer' Gemeinde bleiben zu können. Auch wird damit einem Rückgang des eminent wichtigen ehrenamtlichen Engagements und des gesellschaftlichen Zusammenhalts im Ort entgegengewirkt", sagt Bürgermeister Reents.

Eching hat in der Vergangenheit mehrere Einheimischenmodelle abgewickelt, wie Geschäftsstellenleiter Eduard Sczudlek sagt. "Die Einheimischenmodelle sind wichtig, sie sind ein nicht zu unterschätzendes Instrument einer kommunalen Sozial- und Familienpolitik." Die Wohnraumnot betreffe im Übrigen nicht nur junge Familien, bezahlbarer Wohnraum sei auch bei älteren Mitbürger genauso gefragt und das sollte in einem Einheimischenmodell entsprechend Berücksichtigung finden.

Am stärkste betroffen von hohen Preisen für Bauland sind - neben der Stadt Freising, wo 700 bis 1000 Euro je Quadratmeter nicht unüblich sind - die südlichen Kommunen. Wer dort bauen will, muss sich laut Bodenrichtwertliste von Ende 2012 auf Preise zwischen 670 (Eching) und 420 Euro (Hallbergmoos) einstellen. Aber auch Gemeinden, die nördlicher im Landkreis liegen, spüren den Druck bei den Baulandpreisen. In Wolfersdorf wurde deshalb ein Einheimischenmodell ausgewiesen, in der Marktgemeinde Au bei den Gebieten Osterwaal, Enzelhauser Straße, Seysdorf und Abenstalstraße, in Attenkirchen das Baugebiet "Am Bachfeld II". "Die Nachfrage ist selbst bei uns groß nach Bauland. Deshalb werden bebaubare Flächen bei uns nur an Einheimische vergeben. Mit einem durchschnittlichen Einkommen kann sich sonst keiner die Baulandpreise auf dem freien Markt leisten", sagt die Auer Bauamtsleiterin Regina Svigac.

Doch nicht alle sehen Einheimischenmodelle als Lösung. Moosburg hat zwar noch in zwei Baugebieten Parzellen zum Verkauf, will aber künftig verstärkt mit Zuschüssen im Energiebereich Wohnraum fördern, wie Bürgermeisterin Anita Meinelt sagt.

Auch die Stadt Freising will kein Einheimischenmodell mehr auflegen, hatte aber früher eines. "In der Bauleitplanung wird grundsätzlich Wert gelegt auf familien- und generationengerechtes Bauen, angelehnt an ein Münchner Modell der sozial gerechte Bodennutzung (SoBoN) zur Realisierung von öffentlicher Infrastruktur wie Grünflächen und Kindergärten und bezahlbarem Wohnraum", sagt t Christl Steinhart, Pressesprecherin der Stadt Freising. Einheimischenmodelle würden nur einen kleinen Teilaspekt innerhalb der ausgesprochen diffizilen Wohnraum-Problematik bedienen, mit der sich auch die Stadt Freising konfrontiert sehe. "Hohe Mietpreise, hohe Lebenshaltungskosten und knapper Wohnraum betreffen weite Bevölkerungskreise - weit über diejenige Bevölkerungsgruppe hinaus, die sich wirtschaftlich überhaupt eine Immobilie nach einem Einheimischenmodell leisten könnte." In der Ausschreibung für das nächste Wohnbaulos im Steinpark werde deshalb als Anforderung für den Geschosswohnungsbau beispielsweise ein Anteil als öffentlich geförderter Wohnraum festgesetzt.

© SZ vom 28.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: