Wagemut wird belohnt:Wiedergutmachung von oben

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Die Freisinger feiern ihr Altstadtfest bei strahlend blauem Himmel und OB Thalhammer wird mit einer Breze in Herzform verabschiedet.

Peter Becker

Freising - So gegen 18 Uhr herrscht noch nahezu freie Auswahl an den Biertischen auf der Freisinger Hauptstraße. Das Altstadtfest harrt noch seiner offiziellen Eröffnung durch Oberbürgermeister Dieter Thalhammer. Doch viele durstige Seelen haben sich schon einen Platz gesucht. Entweder auf dem Marienplatz, wo die Holledauer Musikanten für Stimmung sorgten. Oder am Kriegerdenkmal, wo sich diejenigen niederlassen konnten, die Bigband-Sound oder Dixie lieben. Manch einer kann es gar nicht erwarten. "Wo geht es hier zum Altstadtfest?", lautet um kurz nach 13 Uhr schon eine drängende Frage in schwäbelnder Tonart. Der Fragesteller gehört wohl zu einer Besuchergruppe, die gerade durch Freising läuft und vom Altstadtfest gehört hat. Der Bescheid, dass gerade erst aufgebaut und erst um 16 Uhr das erste Bier ausgeschenkt wird, hält die Gruppe nicht davon ab, in die Stadt zu ziehen, um Anfang an dabei zu sein. Um Schlag 18 Uhr ist es dann soweit: Sebastian Wanzke vom Stadtverband für Sport, dem Ausrichter des Altstadtfests, hält nach einem Tusch die Eröffnungsrede. Er erzählt, dass er schon als kleiner Bub dem Augenblick entgegengefiebert hat, bis die Biergarnituren in der Freisinger Innenstadt aufgestellt waren. Damals war noch sein Vater Siegi Vorsitzender des Stadtverbands. Wanzke verweist auf das Pech im vergangenen Jahr, als das Altstadtfest wegen des permanent schlechten Wetters abgesagt werden musste. Angesichts des blauen Himmels, den nur einige Cirrus-Wolken trüben, meint er: "Das ist Wiedergutmachung von oben." Sorgfältig hat nämlich der Stadtverband die Wetterprognosen der vergangenen Tage studiert und sich dann entschlossen, das Altstadtfest durchzuziehen. Der Wagemut hat sich gelohnt und Wanzke sagt, dass er jetzt zum Wetter- und Temperaturexperten geworden ist. "Genau fünf Zentimeter über dem Boden, in Knöchelhöhe, hat es 22 Grad", verrät er. Dann übernimmt Oberbürgermeister Dieter Thalhammer, umringt von einigen Stadträten und den Brauereidirektoren das Mikrophon. Es ist das letzte Mal, dass er das Altstadtfest eröffnet. In einem Jahr wird es sein Amtsnachfolger tun. Auch Thalhammer geht auf das Wetter ein. Er sagte, dass es derzeit genauso Kapriolen schlage wie die Freisinger Politik. Zum Abschied, nach 20 Jahren als Schirmherr über das Altstadtfest, erhält er von Wanzke eine herzförmige Breze überreicht. Anschließend schwingt Thalhammer zum Bayerischen Defiliermarsch den Taktstock. So gegen 19 Uhr sind auch die Bänke besetzt, die zuvor gemieden worden waren, weil sie in der prallen Sonne standen. Die Menge schiebt jetzt durch die Hauptstraße. Wer nun als größere Gruppe einen Sitzplatz sucht, tut sich schwer und wird nur nach an den Rändern der Amüsiermeile fündig. An den Ständen und am Bierausschank bilden sich lange Schlangen. Geradezu idyllisch ist es im Alten Gefängnis. Dort herrscht kein Gedränge, die wenigen Plätze sind schnell besetzt. Manche ältere Gäste verlassen den Innenhof jedoch bald. Ihre Nerven waren schon von den Beats der Band Rap-Teil strapaziert, die vor spärlichem Publikum das Jugendprogramm im Asam-Hinterhof eröffnete. Als dann die Metal-Band Reborn zu ihrem Soundcheck ansetzt, suchen sie ihr Heil in der Flucht. Passend zum lauen Sommerabend beschließt die Reggae-Band Ifreecan die Nacht mit Roots und Dub. Es kommt Jamaika-Feeling auf. Das Partyvolk im Innenhof des Asamgebäudes zieht jedoch Musik aus der Konserve vor. Offenbar haben die Freisinger auch den Rat des Oberbürgermeisters befolgt, maßvoll zu trinken, um einen klaren Kopf zu behalten. Der Polizei sind jedenfalls keine Vorfälle bekannt, die in Zusammenhang mit dem Altstadtfest stehen. Es verlief friedlich, wobei es in einem Fall, einer Frau zu verdanken ist, die Handgreiflichkeiten im Keim erstickt. Ein etwas angetrunkener Mann rempelte wohl ihren ebenfalls etwas angeheiterten Begleiter an. Als der aufbrausen und Kampfposition einnehmen will, packt sie ihn einfach am Hemdkragen und zieht ihn wieder auf die Bank zurück. Es bleibt beim verbalen Scharmützel. Ganz ohne Vorfälle geht es offenbar doch nicht ab. Sanitäter stützen eine ältere Frau, die offenbar unter einer Kreislaufschwäche leidet.

© SZ vom 18.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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