Vier Tage volles Programm:"Mitanand" macht seinem Namen Ehre

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Bei Musik, Theater, Workshops und Diskussionen treffen sich 900 Menschen unterschiedlicher Religionen, mit und ohne Behinderungen zum Austausch. Der städtische Kulturamtsleiter kündigt schon das nächste Festival an

Von Katharina Aurich, Freising

Der Sturm am Sonntag konnte dem "Mitanand"-Festival nichts anhaben, die Abschlussveranstaltung mit den interkulturellen Theatermachern war wettersicher im Sankt-Georgs-Haus geplant. Rund 900 Besucher kamen zu den zahlreichen Veranstaltungen des inklusiven, viertägigen Fests, "es war ein Erfolg", wie Kulturamtsleiter der Stadt, Ingo Bartha am Ende bilanzierte. Auch im kommenden Jahr sei ein "Mitanand" geplant, im Frühjahr werde er dazu aufrufen, Ideen einzureichen.

Spontan machten Passanten mit beim "Drum Circle", den Lehrer des Dreiklang-Musikvereins für das "Mitanand-Kulturfestival" auf dem Marienplatz aufgebaut hatten. (Foto: Lukas Barth)

Gemeinsam essen, reden, zuhören und feiern, beim viertägigen Festival gab es keine Grenzen: Menschen mit und ohne Behinderung, christliche und muslimische Jugendliche, Gäste aus Freisings Partnerstädten, Künstler und staunende Zuhörer erlebten ein verlängertes Wochenende voller Begegnungen. Unter dem Motto "Was glaubst Du, wie lebst Du und wie geht es Dir?" trafen sich 40 muslimische und christliche Jugendliche zu einem Workshoptag im Gebäude der Freisinger Volkshochschule (VHS). Mittags zogen verlockende Düfte durch die Flure, wie überall auf der Welt kam man sich auch beim gemeinsamen Kochen näher. Denn mittags wurden an der langen Tafel ein Potpourri unterschiedlicher Kulturen aufgetischt - Kartoffelsuppe, Kässpatzen und Apfelküchle, Bulgursalat und Linsenköfte, Auberginenauflauf und Baklava als Nachtisch - alles zubereitet von den Teilnehmern des Kochworkshops. Munteres Treiben herrschte im Treppenhaus, die Jugendlichen fühlten sich rasch im VHS-Gebäude heimisch.

Im Backhaus in der Kammergasse buk Florian Wild Roggen-Misch-Sauerteig-Brote nach einem original Südtiroler Rezept. (Foto: Lukas Barth)

"Wo ist der Gebetsraum für Mädchen?", fragte eine junge Frau Organisatorin Claudia Nertinger, Geschäftsführerin des Kreisjugendrings. Für Männer und Frauen waren nämlich getrennte Gebetsräume eingerichtet worden. Im Workshop des deutsch-türkischen Improvisationstheaters "impro al la turka" ging es um "MissVerständnisse", wobei die Jugendlichen Grenzen und Gemeinsamkeiten ausloteten. "My peaceful place" hieß ein weiterer Workshop, während dem Jugendliche nach Geschlechtern getrennt mit der Diakonin Katja Wagner und Hüselyin Mestan von der islamischen Jugend in Freising ihren Ort der Ruhe und Kraft suchten. Der ganze Tag wurde außerdem von den Teilnehmern des Medienworkshops mit ihren Smartphones aufgenommen. Politik sei bei dieser Veranstaltung kein Thema, es gehe darum, sich kennenzulernen, betonte Nertinger. Sie freute sich über die vielen Teilnehmer, unter anderem aus dem Moscheeverein Moosburg, von der islamischen Jugend in Neufahrn, Eching und München und den Pfadfindern aus Freising. Als Kooperationspartner konnte Occurso, das Institut für Interkulturellen Dialog aus München gewonnen werden. Der Workshoptag mit Jugendlichen unterschiedlicher Glaubensrichtungen sei ein Anfang, nach dieser positiven Erfahrung "müssen wir weiter machen", sagte Nertinger.

Während sich die Jugendlichen im VHS-Gebäude zum Essen versammelten, wehten auch vom Backhaus würzige Gerüche herüber. Freisings Partnerstadt Innichen hatte ein typisches Tiroler Rezept samt Fenchel, Anis und Kümmel geschickt, das die Mitglieder des Backhausvereins kneteten und in den Ofen schoben. Aus Obervellach war Bürgermeisterin Anita Gösschnitzer gekommen, um mit zwei Tiroler Bäuerinnen ebenfalls typische Brote und Kuchen zu backen und sich darüber auszutauschen. Am Samstag hieß es im Viva Vita der Lebenshilfe beim Bayerischen Abend "Opsin, Tsuga, Ranzt". Behinderte und nicht behinderte Menschen zeigten auf der Bühne vor einem voll besetzten Saal "Die Klagelieder einer Wirtshaussemmel" von Karl Valentin, die die Mitwirkenden passend auf das Können aller Beteiligten abgestimmt hatten und viele Lacher ernteten. Familie Brando spielte mit zwei Akkordeons auf und sang bayerische Lieder, in die das Publikum einstimmte. Rhythmus und Klänge auf dem Marienplatz bot der "Drum Circle", für den Lehrer des Dreiklang-Musikvereins Trommeln und Bänke für Passanten bereit gestellt hatten. Allerdings mussten die Trommler, die sich spontan eingefunden hatten, kurzzeitig vor einem Regenschauer flüchten, um dann um so leidenschaftlicher den Platz mit Rhythmen zu erfüllen.

© SZ vom 30.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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