Verhandlung am Amtsgericht:Ein unbehaustes Leben

Lesezeit: 2 min

25-jähriger drogensüchtiger Serieneinbrecher zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt

Das Schmerzmittel Fentanyl ist etwa 50- bis 100-mal stärker wirksam als Morphin. Wer danach süchtig ist, landet fast zwangsläufig in der Beschaffungskriminalität. Vor dem Amtsgericht Erding wurde nun ein 25-jähriger Mann verurteilt, der bereits wegen zwei Serien von Einbrüchen geschnappt wurde. 2012 hat man ihn erwischt, nachdem er in Dorfen und Schwindegg in eine Apotheke, eine Pizzeria, eine Grundschule, eine Baufirma und einen Blumenladen eingebrochen war. Nach seiner Haftstrafe und einer freiwilligen Therapie, die er abgebrochen hat, ging es bereits 2015 in Freising und der näheren Umgebung weiter. Elf Einbrüche hat er diesmal verübt und gestanden. Das Urteil lautete auf drei Jahre und zwei Monate Haft. Außerdem wurde die Unterbringung in einer Erziehungsanstalt angeordnet. "Ich bin jetzt 25 Jahre alt und habe fünf Jahre im Gefängnis verbracht. Das muss ein Ende haben", befürwortete er selbst seine Unterbringung in der Zwangstherapie.

Der Angeklagte führte bislang ein "unbehaustes Leben", wie es sein Rechtsanwalt Helmut Oertel formulierte: Seine Mutter war erst 16, als er zur Welt kam und mit der Erziehung überfordert. Der Vater starb früh, der Stiefvater erzog streng und mit Schlägen. Als die Familie 2004 aus Sachsen-Anhalt nach Oberbayern umzog, war er 13 und fand sich nicht zurecht. Schulschwänzer, Pausenhofschläger, den Hauptschulabschluss schaffte er nur über Umwege. Unterdessen die ersten Drogenkontakte: Marihuana erstmals mit zwölf Jahren probiert, mit 14 regelmäßig gekifft, dann Speed und Koks und mit 17 schließlich Opiate. Fentanyl ist ein Teufelszeug, für seinen täglichen Konsum benötigte er 150 bis 200 Euro pro Tag.

Sowohl die Einbruchserie in Dorfen und Umgebung als auch die Einbrüche im Raum Freising hätten allein dazu gedient, diese Sucht zu finanzieren, räumte er unumwunden ein. Die Einbrüche in Freising begannen im August 2015 und endeten am 24. November 2015 mit seiner Festnahme. Seither saß er in der Justizvollzugsanstalt Landshut in Untersuchungshaft. Er war in ein Schreibwarengeschäft in Zolling eingebrochen, in ein Autohaus in Freising, in eine Gaststätte in Attenkirchen, in zwei Friseurgeschäfte in Freising, außerdem in einen Kiosk und eine Apotheke in Freising sowie in einen Getränkemarkt in Rudelzhausen, in eine Bäckerei und eine Schule in Nandlstadt und in ein Schreibwarengeschäft in Mainburg. Der Wert der Beute lag im fünfstelligen Bereich, der Sachschaden ebenfalls.

Der "modus operandi", wie es der ermittelnde Polizeibeamte der Kripo Erding formulierte, war fast immer gleich: Er schlug mit einem Stein ein Fenster ein und gelangte so in das Gebäude. Wertgegenstände wie Laptops brachte er ins Pfandhaus, Zigaretten tauschte er gegen Drogen, Bargeld wurde sofort in Fentanyl investiert. Als ihn die Polizei erwischte, war die Beweislast eine Zeugenaussage eines Mittäters in zwei Fällen, seine "Handschrift" bei den Einbrüchen, einige Schuhspuren sowie diverse Funkzellenauswertungen seines Handys und ein biometrisches Gutachten zu einer Videoaufnahme. Ohne sein umfassendes Geständnis wäre es jedoch mühevoll gewesen, ihm jeden einzelnen Einbruch zuzuordnen.

Insofern würdigte Richter Björn Schindler in seiner Urteilsbegründung, dass der Angeklagte reinen Tisch gemacht habe und glaubhaft Reue zeige. "Wir haben ihnen abgenommen, dass sie einen Schlussstrich ziehen wollen", sagte der Vorsitzende Richter des Schöffengerichts. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte verzichteten auf Rechtsmittel, das Urteil ist rechtskräftig.

© SZ vom 10.01.2017 / tdr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: