Hilfe für Einbruchsopfer:Angst in den eigenen vier Wänden

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Einbruchsopfer brauchen oft lange, um das Geschehene zu verarbeiten und fühlen sich nicht mehr sicher. (Bild: Selbst im Freisinger Rathaus wurde 2011 eingebrochen.) (Foto: Marco Einfeldt)

Wenn es im Herbst und Winter früh dunkel wird, kommen die Einbrecher. Oft werden die Täter nicht gefasst. Zum materiellen Schaden kommt bei vielen Opfern die Unsicherheit. Der "Weiße Ring" hilft.

Von Clara Lipkowski, Freising

Es war ein Anblick der Verwüstung, der sich der alleinerziehenden Mutter bot, als sie vor einigen Wochen in ihr Haus im Landkreis heimkam. Schränke waren geöffnet, Schubladen herausgezogen, die Spielsachen der Kinder überall verteilt, der Teppich zerrissen, ebenso die Kleidung und die Wände mit Kot beschmiert. Fremde hatten in ihrer Abwesenheit gewütet, wohl aus Enttäuschung nicht ausreichend "Beute" vorgefunden zu haben, die Frau lebte in bescheidenen Verhältnissen.

Wieso ist mir das passiert, was habe ich falsch gemacht?

Eine andere Frau war bei einem Einbruch sogar zu Hause. Unbekannte hatten sich unter einem Vorwand Zutritt zum Haus der Seniorin verschafft. Es gehe ihm nicht gut, sagte einer, ob er ein Glas Wasser haben könne. Die Frau wurde misstrauisch, darauf stießen die Täter sie zur Seite, gelangten ins Haus und stahlen etwa 1500 Euro Bargeld. Danach machte sich die Frau Vorwürfe. Wieso war mir das passiert, was habe ich falsch gemacht?

So schildert es Silvia Niedermeier, die Opfer von Straftaten betreut. Sie ist als mit Mitarbeitern vom Verein "Weißer Ring" oft als erste nach der Polizei am Tatort, um Opfern beizustehen. Im Landkreis hat die Polizei 62 Einbruchsfälle seit Jahresbeginn ermittelt, in der Stadt waren es 38. Im Vorjahr waren es 69 und 34 gewesen.

Der "Weiße Ring" kümmert sich um Opfer von Straftaten

Der Kontakt zwischen Opfer und Weißem Ring wird meist von der Polizei hergestellt. Der Verein bietet den Opfern Gespräche an und vermittelt Hilfeangebote wie Traumatherapien und hilft gelegentlich finanziell aus, wenn nach dem Einbruch Geld für einen Umzug oder ein Therapiegespräch fehlt. "Viele sind traumatisiert", sagt Niedermeier. Denn wenn Einbrecher sich Zutritt zu privaten Räumen verschaffen, rücke der materielle Schaden erst einmal in den Hintergrund.

"Die Einbruchsopfer fühlen sich nicht mehr sicher in den eigenen vier Wänden." Das sei immer der Gedanke: Da war ein Fremder in meiner Wohnung. Schlafstörungen und Angstzustände können die Folge sein. Florian Leitner, Sprecher der Polizei Freising, sagt: "Das belastet die Opfer. Viele ziehen deshalb um" - wohl auch aus Angst, der Einbrecher könnte wiederkommen.

Besonders im Herbst und Winter, wenn es früh am Tag dunkel wird, kommt es vermehrt zu Einbrüchen. Wenn Bewohner noch in der Arbeit oder unterwegs sind, nutzen die Täter den Schutz der Dunkelheit, um unbemerkt in Wohnungen und Häuser einzusteigen. Oftmals haben sie die Ziele zuvor ausgespäht. Wann ist jemand zu Hause, wann nicht? Für wie lange ist er weg? Dann ist das Vorgehen der Einbrecher meist dasselbe: In wenigen Sekunden hebeln die Täter Fenster oder Tür aus, um in die Wohnräume zu gelangen. Schnell muss es gehen, sonst steigt die Chance, von einem Nachbarn erwischt zu werden. Einmal in der Wohnung, stehlen sie Bargeld, Schmuck oder andere Wertsachen und sind wieder weg.

Einbruchschwerpunkt in der Freisinger Altstadt und in Allershausen

Im Landkreis gibt es laut Polizei zwei Schwerpunktorte, in denen Einbrecher besonders oft zuschlagen: "In der Freisinger Altstadt und in Autobahnnähe Allershausen haben wir eine Häufung festgestellt", sagt Leitner. Bei Allershausen können die Täter über die Autobahn leicht entkommen. Im Stadtgebiet Freising verschwinden sie in den dicht bebauten und teils verwinkelten Gassen. Trifft die Polizei ein, ist der Täter längst weg. Ein Grund, warum nur etwa zehn bis 15 Prozent der Fälle aufgeklärt werden. Einbrecher auf frischer Tat zu erwischen sei naturgemäß sehr selten, sagt Leitner, eben weil die Tat schnell vonstatten geht. Danach rückt die Spurensicherung an und sichert DNA-Proben und Fingerabdrücke, um so Hinweise auf den Täter zu erhalten. Für Opfer ist das eine zusätzliche Belastung. Sie wissen: Der Täter läuft noch frei herum.

Die Polizei reagiert auf Einbrüche vor allem mit Präventionsarbeit. In der dunklen Jahreszeit organisiert sie Informationsabende und setzt auf mehr Streifenbeamte in Uniform auf der Straße und Zivilbeamte die in "Schwerpunktgebieten" Kontrolle laufen - um potenzielle Täter abzuschrecken und Bürgern ein Gefühl von Sicherheit zu geben.

© SZ vom 08.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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