Unterschiedliche Modelle:Gemischte Erfahrungen

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Während der Freistaat offene Ganztagsklassen an Grundschulen fördert, setzt man in Neufahrn auf gebundene Gruppen mit Nachmittagsunterricht. In Lerchenfeld ist die Nachfrage danach schon wieder rückläufig

Von Alexandra Vettori, Freising

Das bayerische Kultusministerium drückt auf die Tube bei der Ganztagesbetreuung an Grundschulen und will im kommenden September weitere 1000 offene Ganztags-Gruppen in den Klassen eins bis vier starten lassen. Mit der Stadt München liegt Kultusminister Spaenle darüber im Streit, denn dort möchte man aus pädagogischen Gründen die gebundene Ganztagsschule. Der Unterschied: Beim offenen Ganztag findet, wie gehabt, Unterricht nur am Vormittag statt. Nachmittags werden die Kinder betreut, bei den Hausaufgaben, beim Spielen, Werken oder Sport. Bis März sollen Grundschulen ihr Interesse an neuen offenen Gruppen bei der Regierung bekunden, Anmeldungen sind bis Juni möglich. Wie viele und ob Grundschulen aus dem Landkreis teilnehmen, ist noch nicht absehbar.

Aus Neufahrn wird jedenfalls keine dabei sein, so viel ist sicher. "Wir starten im September mit der gebundenen Ganztagesklasse - so wie es aussieht, an beiden Grundschulen", sagt Josef Eschlwech. Er ist Leiter der Grundschule am Fürholzer Weg und als Gemeinderat (FW) auch Schulreferent. Die Elternumfrage läuft noch, die Tendenz gehe aber dahin, dass genügend Nachfrage für Klassen an beiden Schulen besteht. Gebundener Ganztagesunterricht, so loben viele Pädagogen, sorge für ein ausgewogene Mischung aus Lernen und Entspannen.

Allerdings ist diese Form der Ganztagesbetreuung auch wesentlich teurer für den Staat, vor allem, weil nicht nur Betreuer, sondern auch Lehrer an den Nachmittagen eingesetzt werden. Für die Eltern dagegen ist sie kostenlos. Derzeit gewährt das Kultusministerium für eine gebundene Ganztagsklasse zwölf Lehrerstunden zusätzlich pro Woche, dazu 10 000 Euro pro Klasse und Jahr für Honorarkräfte. Bisher gibt es zwei Grundschulen im Landkreis, die eine gebundene Ganztagesbetreuung anbieten, St. Lantpert in Freising-Lerchenfeld und die Grund- und Mittelschule Eching.

Beantragen muss die neuen Gruppen der Sachaufwandsträger, das sind die Gemeinden und Städte. Ob Freising für seine Grundschulen Gruppen beantragt, kann man im Rathaus noch nicht sagen. Dort nämlich hat man andere Sorgen als die pädagogische Ausrichtung. Das Schulkonzept der Stadt Freising spricht sich ohnehin für den Ausbau beider Richtungen aus.

Trotzdem, bedauert Pressesprecherin Christl Steinhart, sei "das grundsätzlich sicherlich positive Angebot des Kultusministeriums aus unserer Sicht speziell hier im Münchner Umland aufgrund der äußerst angespannten Personalsituation kaum wahrzunehmen." Bei den geförderten Gruppen nämlich liegt das Bayerische Kinderbetreuungsgesetz zugrunde, und das verlangt für die Betreuung Kinderpfleger oder Erzieher. Diese Fachkräfte aber, so Steinhart, seien gegenwärtig sehr schwer zu finden. Dennoch werde die Stadt mit den Schulleitungen und Trägern der Jugendhilfe nach Möglichkeiten suchen, damit einzelne Schulen teilnehmen können.

Währenddessen zeichnet sich auch bei den gebundenen Ganztagsklassen Verbesserungsbedarf ab. "Gemischte Erfahrungen" habe man damit gemacht, sagt jedenfalls der Leiter der Grundschule St. Lantpert, Peter Neurohr. Er hat mittlerweile in allen Jahrgangsstufen eine gebundene Ganztagesklasse. Nach dem anfänglichen Anmeldungsboom ist die Nachfrage sinkend. Ein Grund dafür ist, dass viele Kinder mit Migrationshintergrund in den Klassen sind, was manche deutsche Eltern abhält, weil sie befürchten, ihre Kinder würden zu wenig gefördert. Auch Eltern mit ausländischen Wurzeln hätten schon kritisiert, dass zu wenig Deutsche in der Klasse seien, erzählt Neurohr.

Das Prinzip der gebundenen Ganztagesklasse hält der Lerchenfelder Schulleiter trotzdem für gut, wie er sagt. Doch würde er gerne andere Schwerpunkte setzen, die Klassen attraktiver auch für Kinder machen, bei denen Sprachförderung nicht nötig ist. Mehr musische Angebote zum Beispiel, bis hin zu Instrumentalunterricht. Dafür aber fehlen die Räume. Die Grundschule St. Lantpert ist, ohnehin schon mit Pavillons angestückelt, für 22 Klassen ausgelegt, tatsächlich aber hat man 23. Eine wird in einem umgestalteten Werkraum unterrichtet.

© SZ vom 06.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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