"This is a man's world":Hippe Haarschnitte

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Im "Classic's Barbershop" sind Männer endlich mal unter sich. Betreut werden sie von Omar Alshean, Lencho Aman, Erkan Karahan (Chef), Ricardo Dacosta, Yavuz Karahan und Recep Yilmaz (Geschäftsführer, von links). Spezialisiert ist die Truppe auf lange Bärte, Wikinger-Frisuren und Ohrhaare. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Spezialität des Barbershops an der Weizengasse ist die Wikinger-Frisur. Erkan Karahan hat in Freising eine Marktlücke geschlossen.

Von Peter Buchholtz, Freising

"This is a man's world" schallt es aus den Lautsprechern an der Weizengasse 1. Die Haarschneider und Föhne summen und rauschen zu James Browns markanter Stimme. Fünf Männer arbeiten in dem kleinen Friseurladen parallel an hippen Bart- und Haarschnitten - es wird gelacht und gefeixt. Im Schaufenster hängt der "Barber's pole", ein rot-weiß-blau gestreiftes Erkennungszeichen für Herrenfriseure, bekannt aus den urbanen Gegenden in den USA. Und auf den ersten Moment wirkt der "Classic's Barbershop" so, als hätte sich ein Freisinger mit einem Containerschiff ein Stück New Yorker Popkultur direkt aus Brooklyn nach Oberbayern importieren lassen.

Doch es steckt mehr hinter dem Konzept des Ladens, den der Inhaber Erkan Karahan im August 2015 eröffnete und damit eine Lücke in Freising schloss. Karahan selbst schneidet seit 27 Jahren Haare, 2012 hatte er schon den Friseurladen "New Cut" an der Amtsgerichtsgasse eröffnet. "Wir haben dort viel Männerkundschaft gehabt und Bartrasur gab es nicht oft in Freising", erinnert er sich. Die Idee eines Barbershops, wo Männer Männern die Haare schneiden, hatte er schon länger: "In den anderen Bundesländern gab es das schon mehr. In Bayern ist es immer 'ne Extrawurst", sagt er und grinst.

Der Boden des Ladens besteht zur Hälfte aus dunklem Holz, zur anderen aus einem Schachbrettmuster. Die Spiegel verlaufen kurvenartig über die Wände, die Sessel kommen von Takara Belmont, einem japanischen Hersteller für durchdesignte Salon-Stühle. Zweck des Konzepts sei es, dass Männer unter sich sind: "Früher bist du als Mann halt zum Friseur gegangen", sagt Karahan. Im "Classic's" werden aber nicht nur Haare geschnitten. "Wir entfernen Ohrhaare mit Feuer, Augenbrauen mit dem Faden und sind spezialisiert auf lange Bärte", sagt der 41-Jährige. Die Spezial-Frisur des Ladens sei der Wikinger-Haarschnitt, bei dem die Haare zwischen langem Haupthaar und voluminösem Barthaar bis auf Null Millimeter gekürzt werden - im stufenlosen Übergang.

"Wir haben die richtigen Werkzeuge dafür", sagt Karahan. Gemeint sind spezielle Haar- und Bartschneider und die messerscharfen Rasiermesser, die jeder Barbier in der braunen Schürze mit den schicken Lederriemen trägt. Sieben Friseure und ein Lehrling arbeiten in der Weizengasse, im "New Cut" sind es drei weitere.

Die Barbershops sind ein Ausdruck neu gelebter Männlichkeit in den Städten. Mit dem Einzug des Hipsters feierte der Bart um das Jahr 2010 seine Rückkehr in die westlich-abendländische Kultur. Relativ neu ist, dass Männlichkeit und Körperpflege keinen Widerspruch mehr darstellen. Fitnessstudios und Barbershops verdrängen die alten Stereotype, die sich um Bier und Fußball drehen.

Aufgrund der überschneidenden Interessen und des freundschaftlichen Verhältnisses laufen sich Kunden und Friseure nicht nur im "Classic's" sondern etwa auch im Fitnessstudio über den Weg. Deswegen entbrennt spontan ein kleiner Streit darüber, welche Muckibude denn nun die beste sei. Thomas Hacker, der auf der Eckbank auf seinen Termin wartet, mischt kräftig mit. "Es ist recht familiär, man kennt sich untereinander", sagt der 23-Jährige. Seit der "Classic's Barbershop" eröffnet hat, macht er alle anderthalb bis zwei Monate einen Termin aus. "Der Schnitt ist modern. Man muss nicht immer genau wissen, was man möchte und es passt trotzdem zu einem", sagt er. Der Streit um die Fitnessstudios endet schließlich im Gelächter.

Wer keinen Termin hat, kann spontan vorbeikommen und sich auf der Eckbank mit Playboy und Autozeitschriften die Zeit vertreiben. Für einen Kunden, der den Termin am Morgen verschlafen hat, hat Erkan Karahan Verständnis: "Kein Problem, du kommst später dran." Schnell erklärt er dem Kollegen, wie er die Haare des Kunden gewöhnlich schneidet. Ein anderer Kunde eilt im Blaumann offenbar wieder auf die Baustelle - in der Mittagspause brummt der Laden.

Die Stimmung bleibt trotzdem entspannt, das ist es auch, was der Mitarbeiter Lencho Aman, der seit acht Monaten mit im Boot ist, schätzt: "Die Atmosphäre muss man erlebt haben", sagt der 23-Jährige. Weil der Platz zunehmend knapp wird, wird der Barbershop im August um die leer stehende Ladenfläche nebenan erweitert. Zusätzlich zu Bart- und Haarschnitten will Karahan dann "ein bisschen Kosmetik für die Männer" anbieten, Gesichtsmasken etwa.

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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